Beschluss des OLG Zweibrücken vom 25.11.2011

Aktenzeichen: 3 W 124/11

Kurze Zusammenfassung der Entscheidung:

Wer Mitglied einer Erbengemeinschaft ist, kann seinen Erbanteil vertraglich den übrigen Mitgliedern der Erbengemeinschaft oder einem einzelnen Miterben übertragen. Der Erbe, der seinen Anteil an der Erbengemeinschaft auf die übrigen Miterben überträgt, scheidet auf diesem Wege aus der Erbengemeinschaft aus.
Ist die Erbengemeinschaft Eigentümer einer Immobilie, so wird durch das Ausscheiden des Miterben aus der Erbengemeinschaft das Grundbuch unrichtig. Das Grundbuch muss in diesem Fall korrigiert werden.
Für die Korrektur des Grundbuches muss dem Grundbuchamt lediglich die vertragliche Übertragung des Erbanteils angezeigt werden. Für die Berichtigung des Grundbuches ist es nicht erforderlich, dass die übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft die Übertragung genehmigen oder Auflassungserklärungen gegenüber dem Grundbuchamt abgeben.

(Erbengemeinschaft Auseinandersetzung Grundbuch)

Tenor:

Die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Landstuhl vom 2. September 2011 wird aufgehoben und das Amtsgericht – Grundbuchamt – Landstuhl angewiesen, über den Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu befinden.

Entscheidungsgründe:

I. Der Antragsteller ist zusammen mit weiteren Personen in Erbengemeinschaft als Eigentümer des im Betreff genannten Miteigentumsanteils im Grundbuch eingetragen.
Mit öffentlich beglaubigter und mit „Eintragungsbewilligung“ überschriebener Erklärung hat der Antragsteller dem Grundbuchamt mitgeteilt, im Wege der Abschichtung aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden zu sein, weshalb er die Berichtigung des Grundbuches beantrage.
Die Rechtspflegerin bei dem Grundbuchamt hat dem Antragsteller aufgegeben, entweder die Bewilligung sämtlicher in Erbengemeinschaft eingetragener Miteigentümer beizubringen oder aber den Unrichtigkeitsnachweis nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO zu führen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde, der die Rechtspflegerin nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.
II.
1. Die Beschwerde ist nach § 71 Abs. 1 GBO zulässig. Der Senat ist nach
§§ 72, 81 Abs. 1 GBO für die Entscheidung über die Beschwerde zuständig.
2. In der Sache führt das Rechtsmittel zu dem angestrebten Erfolg. Der Berichtigung des Grundbuches durch Streichung des Beteiligten als in Erbengemeinschaft verbundener Miteigentümer stehen weder die fehlenden Bewilligungen der übrigen Miterben noch das Fehlen eines Unrichtigkeitsnachweises nach
§ 22 GBO entgegen. Im Einzelnen gilt Folgendes:
a) Die im Grundbuch eingetragenen Miterben bilden eine Erbengemeinschaft und sind als solche Eigentümer des Miteigentumsanteils geworden. Eine solche Erbengemeinschaft kann nicht nur durch Teilung oder Veräußerung der Nachlassgegenstände oder durch Übertragung von Erbteilen auseinandergesetzt werden. Ein Miterbe kann auch durch formfreien Vertrag mit den anderen Miterben aus der Erbengemeinschaft ausscheiden, indem er seine Mitgliedschaftsrechte an der Erbengemeinschaft aufgibt, so dass sein Erbteil den verbleibenden Miterben kraft Gesetzes anwächst (BGH NJW 1998, 1557). Gehört ein Grundstück oder ein Miteigentumsanteil hieran zum Erbe, so vollzieht sich der Eigentumsübergang nach Abschluss eines solchen Abschichtungsvertrages außerhalb des Grundbuches, welches entsprechend zu berichtigen ist. Eine Auflassungserklärung der Erben bedarf es in diesem Fall zum Eigentumsübergang nicht. Ist mithin der Beteiligte durch einen solchen Abschichtungsvertrag aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden, so ist sein Miteigentumsanteil den übrigen Miterben angewachsen, was – vorbehaltlich der Erfüllung der sonstigen, formellen Voraussetzungen der GBO – im Grundbuch durch Berichtigung einzutragen wäre.
b) Formelle Voraussetzung für die Eintragung einer Rechtsänderung im Grundbuch ist nach §§ 13, 19 GBO neben einem Antrag eines Antragsberechtigten die in der Form des § 29 GBO erklärte Bewilligung der Eintragung durch denjenigen, dessen Recht von ihr betroffen ist. Beides liegt hier vor. Einer zusätzlichen Bewilligung der übrigen Miterben bedarf es hingegen nicht. Soll – wie hier – eine Grundbuchberichtigung durch Berichtigungsbewilligung erfolgen, so muss nur derjenige die Bewilligung erklären, dessen grundbuchmäßiges Recht durch die vorzunehmende Löschung rechtlich beeinträchtigt wird oder mindestens rechtlich nachteilig berührt werden kann. Ob eine solche Beeinträchtigung des grundbuchmäßigen Rechts vorliegt oder zumindest vorliegen kann, muss unabhängig von etwaigen Veränderungen des materiellen Sachrechts und unabhängig von den Folgen der betroffenen Eintragung bzw. Löschung beurteilt werden (BGHZ 145, 133). Durch die Löschung des Beteiligten werden jedoch grundbuchmäßige Rechte der übrigen Miterben nicht rechtlich nachteilig berührt. An ihrer Eintragung im Grundbuch ändert sich durch die Löschung des Beteiligten nichts. Soweit aus dem Ausscheiden eines Miterben aus der Miteigentümergemeinschaft für die übrigen Miterben mittelbar Rechtsnachteile folgen können, etwa die zu zahlende Grundsteuer nunmehr von weniger Eigentümern aufgebracht werden muss, berührt dies nicht deren grundbuchmäßige Stellung (wie hier Böttcher in RPfl. 2007, 437, 439; Mayer in MittBayNot 2010, 345; vgl. für die gleichgelagerte Problematik bei Ausscheiden eines Gesellschafters aus der als Eigentümerin eingetragenen GdbR KG, FGPrax 2011, 217 und OLG Jena, NJW-RR 2011, 1236; a.A. – allerdings ohne Begründung – BeckOK-GBO/Wilsch, § 35 Rn 171; Volpp, Anm. zu OLG Rostock, Beschluss vom 26.2.2009, 3 U 212/08, juris; Böhringer in BWNotZ 2009, 66, 67; Wesser/Saalfrank in NJW 2003, 2937).
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(Erbengemeinschaft Auseinandersetzung Grundbuch)