Beschluss des Landgericht Kassel vom 25.06.2014

Aktenzeichen: 3 T 170/14

Kurze Zusammenfassung der Entscheidung:

Im vorliegenden Fall hatten die Erben das Nachlassinsolvenzverfahren beantragt. Das Insolvenzgericht beauftragte zur Ermittelung des Wertes des Nachlasses ein Gutachten. Diesbezüglich forderte das Gericht von den Erben einen Kostenvorschuss. Einer der Miterben beantragte daraufhin für das Nachlassinsolvenzverfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Dem Antrag entsprach das Gericht nicht. Gegen diese Entscheidung legte der Antragsteller Beschwerde ein.
Das Beschwerdegericht half der Beschwerde nicht ab. Das Gesetz sieht für das Nachlassinsolvenzverfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vor. Da eine Regelungslücke nicht vorliegt, kommt auch eine analoge Anwendung entsprechender Verfahrensvorschriften nicht in Betracht. Die diesbezüglichen Vorschriften der Insolvenzordnung gehen vielmehr vor und schließen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus.

(Nachlassinsolvenz Prozesskostenhilfe)

Tenor:

1) Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 20.03.2014 wird zurückgewiesen.
2) Die Beschwerdeführerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

(Nachlassinsolvenz Prozesskostenhilfe)

Entscheidungsgründe:

I. Die Beschwerdeführerin ist – neben ihrer Mutter – gesetzliche Erbin des am „…“ verstorbenen und zuletzt in (…) wohnhaft gewesenen Erblassers. Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 19.11.2013 (Bl. 1 ff. d.A.) beantragte sie die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens über das Vermögen ihres verstorbenen Vaters. Dem Antrag war ein Gläubiger- und Forderungsverzeichnis beigefügt.
Nachdem das Amtsgericht durch Beschluss vom 06.01.2014 (Bl. 28 d.A.) einen Sachverständigen mit der Erstattung eines Gutachtens zur Frage der Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit des Nachlasses beauftragt hatte, hat die Beschwerdeführerin unter dem 05.03.2014 für das Verfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigtenbeantragt. Diesen Antrag hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 20.03.2014, auf den Bezug genommen wird (Bl. 11 Sonderheft Prozesskostenhilfe), mit der Begründung zurückgewiesen, in Verfahrender vorliegenden Art scheide die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus rechtlichen Gründen aus. Dagegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrem Rechtsmittel vom 08.04.2014 (Bl. 50 f. d.A.). Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel am 10.04.2014 (Bl. 52R d.A.) nicht abgeholfen und die Verfahrensakten der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das gemäß §§ 4 InsO, 127 III ZPO insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung darauf abgestellt, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Maßgabe der §§ 114 ff. ZPO im Zusammenhang mit dem Antrag auf Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens nicht in Betracht kommt.
Für den Schuldner sieht § 4a InsO die Bewilligung von Kostenhilfe im Wege der Stundung für den Fall vor, dass er einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt und diese nicht offensichtlich zu versagen ist. Aus der notwendigen Verbindung mit der Restschuldbefreiung folgt, dass für einen Erben im Nachlassinsolvenzverfahren, das eine Restschuldbefreiung für den Nachlass nicht kennt, Kostenhilfe nicht in Betracht kommt (MK-Siegmann, InsO, 3. Aufl. § 315 Rn. 6 m.w.N.). Folgerichtig scheidet die Gewährung von Prozesskostenhilfe für den Erben am Nachlassinsolvenzverfahren grundsätzlich aus (so ausdrücklich Kübler/Prütting/Bork,InsO; 43. Lfg. 2/11, §315 Rn. 6 m.w. – teils schon vom Amtsgericht angeführten – Nachweisen; ebenso MK-Siegmann, InsO, 3. Aufl. § 317 Rn. 14), insbesondere kann die Deckung der Verfahrenskosten nach § 26 InsO im Nachlassinsolvenzverfahren nicht aus der Staatskasse über Prozesskostenhilfe finanziert werden (so FK-Schallenberg/Rafiqpoor, InsO, 7. Aufl. § 315 Rn. 14).
Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung liegt darin auch keine Regelungslücke, die über § 4 InsO durch Anwendung der Bestimmungen über die Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO geschlossen werden müsste. Schon vor der durch Gesetz vom 26.10.2001 mit § 4a InsO geschaffenen gesonderten Regelung zur Kostenhilfe im Insolvenzverfahren hat der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 16.03.2000 – Az. IX ZB 2/00 – zitiert nach Juris) ausgeführt, dass der Gesetzgeber von einer Bereitstellung der zur Verfahrensdurchführung notwendigen Massekosten aus öffentlichen Mitteln bewusst abgesehen habe (BGH a.a.O. Rn. 17). Sieht das jetzt gültige Gesetz Kostenhilfe jedoch nur unter den in § 4a InsO aufgeführten Voraussetzungen vor, muss die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach §§ 4 InsO, 114 ff. ZPO für andere als dort geregelte Fallgestaltungen nach wie vor ausscheiden.
Damit musste die Beschwerde der Zurückweisung unterliegen.
Die Kostentscheidung folgt aus §§ 4 InsO, 97 ZPO.
Die Festsetzung eines Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren ist entbehrlich, weil insoweit eine Festgebühr nach Nr. 2361 Anlage 1 zum GKG anfällt.
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(Nachlassinsolvenz Prozesskostenhilfe)

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