Lohn und Gehalt: Arbeitgeber zahlt nicht – was ist zu tun?

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Rechtsanwalt Arbeitsrecht Köln | Lohn- und Gehaltsforderungen sichern und durchsetzen

Wenn der Arbeitgeber nicht zahlt, kann dies für den Arbeitnehmer mit schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen verbunden sein. In den meisten Fällen bestreitet der Arbeitnehmer seinen Lebensunterhalt aus dem laufenden Arbeitseinkommen. Er hat daher ein erhebliches Interesse daran, dass der Arbeitgeber pünktlich und in voller Höhe das Gehalt bzw. den Lohn zahlt. Im Folgenden wird dargestellt, worauf Arbeitnehmer achten sollten, wenn der Arbeitgeber nicht zahlt und welche Reaktionsmöglichkeiten ihm zur Verfügung stehen.

1. Wichtig: Ausschlussfristen beachten!

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Zunächst einmal ist zu klären, wie schnell gehandelt werden muss, wenn der Arbeitgeber nicht zahlt. In manchen Arbeits – oder Tarifverträgen ist geregelt, dass arbeitsvertragliche Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden müssen, sog. Ausschlussfristen. Verpasst der Arbeitnehmer diese Frist, kann er seinen Anspruch auf Zahlung von Gehalt oder Lohn verlieren.

Es gibt einstufige und zweistufige Ausschlussfristen.

Einstufige Ausschlussfristen regeln, dass Zahlungsansprüche innerhalb einer bestimmten Frist außergerichtlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden müssen, damit sie nicht untergehen.

Zweistufige Ausschlussfristen verlangen, dass nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung der Zahlungsanspruch innerhalb einer weiteren Ausschlussfrist gerichtlich geltend gemacht wird.

Wichtig: Ab dem 1.10.2016 reicht Textform!

Bisher haben Ausschlussklauseln in der Regel die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen vorgeschrieben. D.h. der Anspruch musste auf einem handschriftlich unterzeichneten Papier geltend gemacht werden. Aufgrund der Neufassung des § 309 Nr. 13 BGB dürfen ab dem 1.10.2016 Ausschlussklauseln nur noch Textform für die Geltendmachung vorsehen. D. h. es reicht aus, die Ansprüche per E-Mail oder Fax geltend zu machen.

2. Schriftliche Zahlungsaufforderung und Fristsetzung

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Nicht bei jedem Zahlungsverzug ist direkt eine schriftliche Zahlungsaufforderung erforderlich. Möglicherweise handelt es sich nur um eine einmalige Zahlungsverzögerung, die durch einen Fehler in der Buchhaltung oder EDV-Probleme begründet ist. Der Arbeitnehmer sollte daher zunächst einmal den Versuch unternehmen, die Gründe für den Zahlungsverzug mündlich zu klären und den Arbeitgeber mündlich zur Zahlung auffordern.

Bleibt dies erfolglos, sollte der Arbeitnehmer den Arbeitgeber umgehend schriftlich unter Fristsetzung zur Zahlung des Gehalts auffordern.

Sofern Ausschlussklauseln zu beachten sind, sollte sich der Arbeitnehmer in keinem Fall von dem Arbeitgeber vertrösten lassen mit der Folge, dass möglicherweise Ausschlussfristen verpasst werden und der Zahlungsanspruch verloren geht.

3. Stundung der Gehaltsforderung?

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Befindet sich ein Arbeitgeber in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, kann es sein, dass er den Arbeitnehmer um eine Stundung bittet. Bei einer Stundungsvereinbarung erklärt sich der Arbeitnehmer damit einverstanden, dass das Arbeitsentgelt zu einem späteren Termin gezahlt wird. Dies hat zur Folge, dass sich der Arbeitgeber nicht mehr im Verzug befindet. Der Arbeitnehmer kann daher für den Zeitraum der Stundung weder Zinsen noch Schadensersatz wegen des nicht gezahlten Gehalts beanspruchen.

Arbeitnehmer sind zum Abschluss einer Stundungsvereinbarung nicht verpflichtet. Sie sollten vielmehr genau prüfen, ob aufgrund der eigenen finanziellen Situation eine Stundungsvereinbarung sinnvoll ist. In jedem Fall sollte die Stundung schriftlich vereinbart und ein fester Termin für die Zahlung des gestundeten Gehalts festgelegt werden.

4. Verzicht auf die Gehaltsforderung nicht zu empfehlen

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Bei einem Gehaltsverzicht verliert der Arbeitnehmer unter Umständen nicht nur seinen Gehaltsanspruch. Bei einer späteren Insolvenz des Arbeitgebers oder Arbeitslosigkeit hängt die Höhe des Insolvenzgeldes bzw. des Arbeitslosengeldes von der Höhe des Lohnanspruchs ab. Ein Gehaltsverzicht kann daher dazu führen, dass der Arbeitnehmer später weniger Insolvenzgeld oder Arbeitslosengeld erhält.

5. Kann der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung verweigern?

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Kommt der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Zahlung der Arbeitsvergütung nicht nach, kann der Arbeitnehmer unter Umständen seine Arbeitsleistung verweigern. Ihm steht ein sog. Zurückbehaltungsrecht zu.

Der Arbeitnehmer muss sich ausdrücklich auf sein Zurückbehaltungsrecht berufen. Er sollte die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts schriftlich unter Angabe der offenen Beträge begründen. Der Arbeitgeber muss wissen, welche Leistungen er zu erbringen hat, damit er die Verweigerung der Arbeitsleistung verhindern kann.

Ein Recht zur Verweigerung der Arbeitsleistung besteht nicht, wenn

  • der Rückstand verhältnismäßig gering ist,
  • nur eine kurzfristige Auszahlungsverzögerung zu erwarten ist,
  • dem Arbeitgeber durch die Arbeitsverweigerung ein unverhältnismäßig hoher Schaden entstehen würde oder
  • der Zahlungsanspruch gesichert ist.

Nach der Rechtsprechung wird ein Zahlungsrückstand von zwei vollen Monatsgehältern nicht mehr als gering angesehen.

Für die Zeit der berechtigten Arbeitsverweigerung steht dem Arbeitnehmer eine Vergütung zu, als hätte er gearbeitet.

Vor Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts sollte unbedingt anwaltlicher Rat eingeholt werden. Eine rechtswidrige Leistungsverweigerung kann schwerwiegende Folgen wie Verlust der Entgeltansprüche, Schadensersatzansprüche oder Kündigung nach sich ziehen.

6. Unter welchen Voraussetzungen kann der Arbeitnehmer kündigen?

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Nicht jeder kurzfristige oder geringfügige Zahlungsverzug rechtfertigt schon eine fristlose Kündigung. Ein außerordentliches Kündigungsrecht besteht nur, wenn

  • der Lohnrückstand erheblich ist oder
  • der Lohnrückstand sich über einen erheblichen Zeitraum erstreckt.

Von Bedeutung ist auch, ob der Arbeitgeber nur einmalig in Verzug gekommen ist oder ob die Vergütung dauernd unpünktlich gezahlt wird. Wenn der Arbeitgeber zum wiederholten Mal mit der Vergütungszahlung in Verzug gerät, kann der Arbeitnehmer auch bei geringfügigeren Lohnrückständen zur Kündigung berechtigt sein.

Zu beachten ist, dass eine fristlose Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis des Kündigungsgrundes möglich ist.

7. Wichtig: Vor der Kündigung grundsätzlich Abmahnung erforderlich!

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Ein Zahlungsrückstand des Arbeitgebers berechtigt nicht ohne weiteres zur Kündigung. Vor Ausspruch der Kündigung hat der Arbeitnehmer in der Regel den Arbeitgeber abzumahnen. Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber deutlich machen, dass er fristlos kündigen wird, wenn der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur pünktlichen Lohnzahlung nicht nachkommen wird. Nur wenn der Arbeitgeber trotz Abmahnung nicht zahlt, kann der Arbeitnehmer bei Vorliegen der übrigen Kündigungsvoraussetzungen wirksam kündigen.

Die Abmahnung ist ausnahmsweise dann nicht erforderlich, wenn der Arbeitgeber sich für zahlungsunfähig erklärt hat.

8. Anspruch auf Schadensersatz bei Kündigung wegen Zahlungsverzuges

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Dem Arbeitnehmer, der wirksam kündigt, stehen noch folgende Ansprüche zu:

  • Gehalt, welches der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist verlangen kann und
  • Abfindung als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes, sofern auf den Arbeitnehmer das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist.

9. Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld bei Zahlungsrückstand des Arbeitgebers?

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Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn er aufgrund des Lohnrückstandes rechtmäßig seine Arbeitsleistung verweigert, also von seinem Zurückbehaltungsrecht (siehe oben Nr.5) Gebrauch macht und kein Gehalt mehr von seinem Arbeitgeber erhält. Er kann dann Arbeitslosengeld beantragen, obwohl das Arbeitsverhältnis weiter besteht. Der Arbeitnehmer ist also nicht gezwungen, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, um Arbeitslosengeld zu erhalten.

10. Arbeitgeber zahlt nicht: Kündigung oder Arbeitsverweigerung – was ist die bessere Alternative?

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Bei der berechtigten Arbeitsverweigerung (sog. Ausübung des Zurückbehaltungsrechts) besteht das Arbeitsverhältnis weiter fort. Gleichzeitig erhält der Arbeitnehmer Arbeitslosengeld. Dies kann eine bessere Alternative zur Kündigung darstellen, wenn

  • die Zahlungsschwierigkeiten des Arbeitgebers voraussichtlich nur vorübergehend sind oder
  • keine Aussicht auf einen neuen Arbeitsplatz besteht.

Eine Kündigung (evtl. mit Abfindungsanspruch siehe oben Nr. 8) dürfte hingegen eher in Betracht kommen, wenn

  • eine neue Arbeitsstelle vorhanden ist oder
  • auf Dauer von Zahlungsschwierigkeiten des Arbeitgebers auszugehen ist

Vor einer Entscheidung sollten mit einem Rechtsanwalt die Vor- und Nachteile der jeweiligen Vorgehensweise unter Berücksichtigung der persönlichen Situation des Arbeitnehmers erörtert werden.

11. Mahnbescheid beantragen oder Klage erheben

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Bei rückständigen Zahlungen kann, bei dem Arbeitsgericht ein Mahnbescheid beantragt oder Zahlungsklage bei dem Arbeitsgericht erhoben werden. Endet das Mahnverfahren mit einem Vollstreckungsbescheid oder die Klage mit einem Urteil, besitzt der Arbeitnehmer einen Titel, mit dem er die rückständige Vergütung im Wege der Zwangsvollstreckung beitreiben kann.

In jedem Fall sind eventuell im Arbeits- oder Tarifvertrag geregelte Ausschlussfristen für die gerichtliche Geltendmachung von Lohn und Gehalt zu beachten. Bestehen Ausschlussfristen, muss der Zahlungsanspruch gerichtlich geltend gemacht werden. Wird die vertraglich festgelegte Frist verpasst, führt dies zu einem Verlust des Vergütungsanspruchs.

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