Betriebsbedingte Kündigung

Arbeitsrecht: Betriebsbedingte Kündigung | Rechtsanwalt Arbeitsrecht Köln | Kanzlei Balg und Willerscheid - Rechtsanwälte und Fachanwälte
Die betriebsbedingte Kündigung | Anwalt Arbeitsrecht Köln

Nach dem Kündigungsschutzgesetz kann neben der Kündigung aus personenbedingten Gründen und aus verhaltensbedingten Gründen auch die betriebsbedingte Kündigung als Kündigungsgrund in Betracht kommen.

Im Folgenden wird dargestellt, wann eine betriebsbedingte Kündigung vorliegt, welche Wirksamkeitsvoraussetzungen bei einer betriebsbedingten Kündigung vorliegen müssen und wovon die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage gegen eine betriebsbedingte Kündigung abhängen.

1. Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?

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Eine betriebsbedingte Kündigung liegt vor, wenn der Kündigungsgrund weder in der Person noch in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegt, sondern rein betriebliche Gründe hat. Anlass einer betriebsbedingten Kündigung ist, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen des Wegfalls des Arbeitsplatzes nicht mehr weiter beschäftigen kann. Sofern das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist, ist eine betriebsbedingte Kündigung nur zulässig, wenn sie sozial gerechtfertigt ist.

2. Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung\”

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Nach dem Kündigungsschutzgesetz ist eine betriebsbedingte Kündigung nur zulässig, wenn sie sozial gerechtfertigt ist. Sozial gerechtfertigt ist eine betriebsbedingte Kündigung nur, wenn

  • betriebliche Erfordernisse zu dem Wegfall des Arbeitsplatzes geführt haben,
  • keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit besteht und
  • eine fehlerfreie Sozialauswahl getroffen wurde.

3. Wann liegen betriebliche Erfordernisse für eine betriebsbedingte Kündigung vor?

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Betriebliche Erfordernisse, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes und damit zur betriebsbedingten Kündigung führen, können innerbetriebliche oder außerbetriebliche Ursachen haben.

Innerbetriebliche Gründe für den Wegfall des Arbeitsplatzes können z.B. sein:

  • Stilllegung des Betriebes oder eines Teiles des Betriebes
  • organisatorische oder technische Rationalisierungsmaßnahmen
  • Fremdvergabe von Tätigkeiten
  • neue Festlegung des Anforderungsprofils für einen Arbeitsplatz.

Außerbetriebliche Gründe für den Wegfall von Arbeitsplätzen können z. B. sein:

  • Auftragsrückgang,
  • Rückgang von Umsätzen,
  • Rohstoffmangel

Voraussetzung für die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung ist, dass der Arbeitsplatz wegen eines betrieblichen Erfordernisses auf Dauer wegfällt. Ist die Entscheidung des Unternehmers, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes führt, nicht durch betriebliche Erfordernisse motiviert, liegt keine wirksame betriebsbedingte Kündigung vor.

4. Kann eine Unternehmerentscheidung, die zum Wegfall von Arbeitsplätzen führt, gerichtlich überprüft werden?

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Dem Wegfall von Arbeitsplätzen aus inner- oder außerbetrieblichen Gründen geht immer eine unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers voraus. Der Arbeitgeber beschließt z.B. eine Abteilung wegen eines erheblichen Auftragsrückgangs zu schließen. Die Umsetzung dieser Entscheidung führt zu dem Wegfall der Arbeitsplätze in der betroffenen Abteilung und in der Folge zur betriebsbedingten Kündigung.

Die Entscheidung des Unternehmers, die zum Wegfall von Arbeitsplätzen führt, ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Das Gericht kann zwar prüfen, ob die betrieblichen Erfordernisse, die zu der Unternehmerentscheidung geführt haben, tatsächlich vorliegen. So kann es z.B. bei der Schließung einer Abteilung, die mit einem Auftragsrückgang begründet wird, prüfen, ob tatsächlich ein Auftragsrückgang vorliegt. Der Arbeitgeber ist insoweit beweispflichtig. Das Gericht kann die unternehmerische Entscheidung aber nicht auf ihre Zweckmäßigkeit hin überprüfen. So wäre z.B. der Einwand, die Schließung der Abteilung sei nicht erforderlich gewesen, für das Gericht nicht von Bedeutung. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es nicht die Sache des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber eine „bessere“ oder „richtigere“ Unternehmenspolitik vorzuschreiben (BAG 17.6.1999, 2 AZR 522/98). Der Arbeitgeber, der das unternehmerische Risiko trägt, kann sich insoweit auf seine unternehmerische Freiheit berufen. Das Gericht kann lediglich prüfen, ob die Unternehmerentscheidung, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes geführt hat, offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich war.

5. Bestehen anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten bei dem Arbeitgeber?

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Betriebliche Erfordernisse, die zum Wegfall eines Arbeitsplatzes führen, können nur dann eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit in dem Betrieb oder in einem anderen Betrieb desselben Unternehmens besteht.

Freier und vergleichbarer Arbeitsplatz

Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit besteht, wenn der Arbeitnehmer auf einem anderen vergleichbaren freien Arbeitsplatz eingesetzt werden kann.

Frei sind die zum Zeitpunkt der Kündigung unbesetzten Arbeitsplätze. Als frei gelten auch die Arbeitsplätze, die bis zum Ablauf der Kündigungsfrist voraussichtlich frei werden.

Vergleichbar ist der Arbeitsplatz, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dort ohne Änderung des Arbeitsvertrages im Rahmen seines Weisungsrechtes beschäftigen darf.

Ist eine Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz erst nach zumutbaren Umschulungs – oder Fortbildungsmaßnahmen oder unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich und stimmt der Arbeitnehmer dem zu, kann ebenfalls nicht wirksam betriebsbedingt gekündigt werden.

6. Betriebsbedingte Kündigung: Wurde eine fehlerfreie Sozialauswahl vorgenommen?

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Fallen aufgrund von betrieblichen Erfordernissen Arbeitsplätze weg und fehlt es an Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten, ist der Arbeitgeber berechtigt, betriebsbedingt zu kündigen. Er ist aber in der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers nicht frei. Er muss eine sog. Sozialauswahl vornehmen. D.h. er muss unter Berücksichtigung der in § 1 Abs.3 Satz 1 KSchG vorgegebenen Kriterien den oder die zu kündigenden Arbeitnehmer auswählen.

Die Sozialauswahl erfolgt in drei Schritten:

  1. Festlegung der Arbeitnehmer, die in die Sozialauswahl mit einbezogen werden.
  2. Auswahlentscheidung nach den in § 1 Abs.3 Satz 1 KSchG festgelegten Kriterien
  3. Prüfung, ob bestimmte Arbeitnehmer nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen sind

Erster Schritt bei der Sozialauswahl: Festlegung der Arbeitnehmer, die einbezogen werden

In die Sozialauswahl sind alle vergleichbaren Arbeitnehmer eines Betriebes einzubeziehen. Wird z.B. eine Abteilung wegen Auftragsrückgangs geschlossen, werden in die Sozialauswahl auch vergleichbare Mitarbeiter anderer Abteilungen des Betriebes mit einbezogen.

Sozialauswahl unter vergleichbaren Arbeitnehmern

Fällt ein bestimmter Arbeitsplatz weg oder fallen mehrere Arbeitsplätze (z.B. bei der Schließung einer Abteilung) weg, bedeutet dies nicht, dass nur unter den Arbeitnehmern, deren Arbeitsplätze wegfallen, eine Sozialauswahl vorzunehmen ist. Der Arbeitgeber hat in die Sozialauswahl vielmehr alle vergleichbaren Arbeitnehmer des Beschäftigungsbetriebes mit einzubeziehen.

Vergleichbar sind Arbeitnehmer, die gegenseitig austauschbar sind, also Arbeitnehmer, von denen jeder den Arbeitsbereich des anderen übernehmen könnte.

Folgenden Voraussetzungen müssen insoweit vorliegen:

  1. Der Arbeitgeber kann kraft seines Weisungsrechtes, d.h. ohne Änderung des Arbeitsvertrages, die Arbeitnehmer austauschen.
  2. Der Arbeitnehmer kann aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit und seiner vergleichbaren Kenntnisse und Fähigkeiten, eine andere, aber gleichwertige Tätigkeit eines Kollegen übernehmen.

Keine Teilnahme von Arbeitnehmern mit Sonderkündigungsschutz

Arbeitnehmer mit besonderem Kündigungsschutz (Sonderkündigungsschutz), z.B. Schwerbehinderte, Schwangere Betriebsräte, nehmen an der Sozialauswahl grundsätzlich nicht teil. Sie werden in die Sozialauswahl nur einbezogen, wenn eine für die Kündigung erforderliche Genehmigung einer staatlichen Stelle vorliegt.

Zweiter Schritt bei der Sozialauswahl: Auswahlentscheidung nach den in § 1 Abs.3 Satz 1 KSchG festgelegten Kriterien

Der Arbeitgeber hat bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers folgende Kriterien (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG) zu berücksichtigen:

– die Dauer der Betriebszugehörigkeit,

– das Lebensalter,

– die Unterhaltspflichten und

– die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers.

Eine betriebsbedingte Kündigung ist sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam, wenn diese Kriterien nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Der Arbeitgeber darf nur demjenigen kündigen, der am wenigsten schutzbedürftig ist.

Dritter Schritt bei der Sozialauswahl: Prüfung, ob bestimmte Arbeitnehmer nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen sind

Keine Teilnahme von sog. Leistungsträgern

Nach § 1 Abs.3 Satz 2 KSchG sind Arbeitnehmer nicht in die soziale Auswahl einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes im berechtigten betrieblichen Interesse liegen.

7. Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage gegen eine betriebsbedingte Kündigung

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Im Kündigungsschutzverfahren muss der Arbeitgeber das Vorliegen von Kündigungsgründen darlegen und beweisen können. Gelingt ihm dies nicht, ist die Kündigungsschutzklage erfolgreich.

Bei einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber die betrieblichen Gründe und seine unternehmerische Entscheidung, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes des gekündigten Arbeitnehmers geführt hat, detailliert darlegen und ggfls. auch beweisen. Es reicht z.B. nicht aus, dass er sich pauschal auf einen Umsatzrückgang beruft. Er muss detailliert darlegen, dass er sich wegen des Umsatzrückgangs zu einem Personalabbau entschieden hat. Dies kann im Einzelfall schwierig sein. Ist der Arbeitgeber dazu nicht in der Lage, ist die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers schon aus diesem Grund erfolgreich.

Betriebsbedingte Kündigungen scheitern häufig auch an einer fehlerhaften Sozialauswahl. Das Gericht kontrolliert, ob der Arbeitgeber die richtige Vergleichsgruppe gebildet und die Kriterien der Sozialauswahl ausreichend berücksichtigt hat.

Daneben können aber auch formale Anforderungen an die Kündigung nicht erfüllt sein. Eine Kündigung muss schriftlich erfolgen und von einer hierzu berechtigten Person unterschrieben sein. Eine mündliche Kündigung oder eine Kündigung per E-Mail oder SMS ist unwirksam. Gibt es in dem Betrieb einen Betriebsrat ist dieser zwingend vor einer betriebsbedingten Kündigung zu hören.

Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben werden. Danach gilt die Kündigung als wirksam, auch wenn Kündigungsgründe tatsächlich nicht vorliegen oder die formalen Anforderungen an eine Kündigung nicht erfüllt sind.

8. Betriebsbedingte Kündigung: Was können wir für Sie tun?

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Kündigungsschutzklage: Prüfen der Erfolgsaussichten und Prozessvertretung

Wir beraten Sie zu den Erfolgsaussichten einer Klage gegen eine betriebsbedingte Kündigung und vertreten Sie in einem Kündigungsschutzverfahren.

Aushandeln einer Abfindung

Ziel einer Kündigungsschutzklage ist zunächst der Erhalt des Arbeitsplatzes des gekündigten Arbeitnehmers. Bei einer Kündigung besteht aber häufig auch die Chance für den Arbeitnehmer, stattdessen eine Abfindung zu erhalten. Eine betriebsbedingte Kündigung ist für den Arbeitgeber immer mit Risiken verbunden. Stellt sich in einem Kündigungsschutzverfahren die Unwirksamkeit der Kündigung heraus, muss der Arbeitgeber rückwirkend den gesamten Lohn zahlen, auch wenn der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hat. Je höher das Risiko für den Arbeitgeber ist, dass die betriebsbedingte Kündigung scheitert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er zur Zahlung einer Abfindung bereit ist. Wir ermitteln, welche Fallstricke für den Arbeitgeber bei der betriebsbedingten Kündigung bestehen, um eine möglichst hohe Abfindung für den Arbeitnehmer zu erzielen.

Zeitnaher Termin

Wichtig ist, dass die dreiwöchige Klagefrist eingehalten wird. Sie erhalten daher immer einen zeitnahen Termin bei uns, damit das weitere Vorgehen in Ruhe besprochen werden kann.

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