Schlagwort OLG Hamburg

Erbrecht | Testierfähigkeit, medizinische Befunde | Anforderungen an die Feststellung der Testierfähigkeit im nachlassgerichtlichen Verfahren

Gegenstand der Entscheidung des OLG Hamburg war die Frage, welche Anforderungen im Nachlassverfahren an die gerichtliche Feststellung der Testierunfähigkeit der Erblasserin zu stellen sind. In der Sache hatte die Erblasserin ursprünglich 2 Erben durch privatschriftliches Testament bestimmt und die Testamentsvollstreckung angeordnet. Ca. sechseinhalb Jahre später bestimmte die Erblasserin durch ein notarielles Testament eine andere Person zu ihrem Alleinerben. Nach dem Tod der Erblasserin wurde seitens der beiden ursprünglich benannten Erben ein Erbschein und ein Testamentsvollstreckerzeugnis beantragt. Die ursprünglichen Erben trugen vor, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des notariellen Testamentes nicht mehr testierfähig gewesen sei. Ursache für die Testierunfähigkeit der Erblasserin sei eine Demenzerkrankung gewesen. Das Nachlassgericht holte im weiteren schriftliche Zeugenaussagen ein, um Verhaltensauffälligkeiten der Erblasserin im zeitlichen Zusammenhang mit der Errichtung des notariellen Nachlassverzeichnisses zu ermitteln. Auf der Grundlage dieser Tatsachenfeststellungen wurde ein medizinischer Sachverständiger mit der Begutachtung der kognitiven Einschränkungen der Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des notariellen Testamentes beauftragt. Dieser Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass von einer Testierunfähigkeit der Erblasserin zum Zeitpunkt der Beurkundung des notariellen Testamentes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszugehen ist. Das Nachlassgericht wollte auf dieser Grundlage den beantragten Erbschein bzw. das Testamentsvollstreckerzeugnis erteilen. Hiergegen wandte sich der Alleinerbe, die aus dem notariellen Testament der Erblasserin hervorging, im Beschwerdeverfahren. Weder beim Nachlassgericht noch bei Beschwerdegericht, d. h. dem OLG Hamburg hatte der Beschwerdeführer erfolgt. Das OLG Hamburg kam zu dem Ergebnis, dass das Nachlassgericht bei der Ermittlung der Testierfähigkeit der Erblasserin korrekt vorgegangen war. Die Tatsache, dass das Nachlassgericht die Zeugin ausschließlich dazu veranlasste, sich schriftlich gegenüber dem Nachlassgericht zu äußern, war nicht rechtswidrig, da es dem Nachlassgericht im Wege der Amtsermittlung frei steht, wie es die Tatsachen ermittelt, die es später seiner Entscheidung zu Grunde legt. Die vom Gericht ermittelten Anknüpfungstatsachen hinsichtlich der behaupteten Testierunfähigkeit der Erblasserin wurden dem medizinischen Sachverständigen mit der Aufforderung vorgelegt, diese medizinisch unter dem Gesichtspunkt einer eventuellen Testierunfähigkeit der Erblasserin einzuordnen. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass sich aus den Zeugenaussagen, d. h. dem beschriebenen Verhaltensweisen der Erblasserin im zeitlichen Zusammenhang mit der Errichtung des notariellen Testamentes, und den eingesehenen ärztlichen Befundberichten die Testierunfähigkeit der Erblasserin ableiten lässt. Dabei beschränkte sich der Sachverständige nicht darauf, festzustellen, dass bestimmte Verhaltensweisen und Befunde den Schluss zulassen, dass die Erblasserin an einer Demenzerkrankung litt. Vielmehr führte der Sachverständige auch aus, wie sich diese Erkrankung der Erblasserin auf ihre Entscheidungsfähigkeit im Zeitraum der Beurkundung des notariellen Testamentes auswirkte. Da das Nachlassgericht somit nicht nur die Anknüpfungstatsachen im Rahmen der Amtsermittlung feststellen konnte, sondern der Sachverständige in der Lage war, eine Demenzerkrankung zu diagnostizieren und darzustellen, wie sich diese auf die Entscheidungen der Erblasserin zum Zeitpunkt der Beurkundung des notariellen Testamentes auswirkte, ging das OLG Hamburg davon aus, dass das Nachlassgericht die Testierunfähigkeit der Erblasserin rechtsfehlerfrei festgestellt hat. Damit war das notarielle Testament unwirksam, da die Erblasserin zum Zeitpunkt seiner Beurkundung nicht mehr über die notwendige Testierfähigkeit verfügte. Folglich blieb das ursprüngliche privatschriftliche Testament wirksam, sodass die in diesem Testament benannten Personen gemeinschaftlich Erben der Erblasserin wurden. Folglich war diesen Personen auch der beantragte Erbschein zu erteilen. Die Bedeutung des Beschlusses des OLG Hamburg ergibt sich aus der in der Entscheidung dargestellten Reihenfolge der notwendigen Prüfungen im Zusammenhang mit der Feststellung der Testierfähigkeit der Erblasserin. Feststellungen zur Testierfähigkeit des Erblassers, die mit den vom OLG Hamburg entwickelten Prüfschritten nicht vereinbar sind, können daher nicht zur Feststellung der Testierunfähigkeit eines Erblassers führen. Insofern hat der Beschluss des OLG Hamburg vom 20. Februar 2018 für die weitere Praxis der Nachlassgerichte erhebliche Bedeutung.

Erbrecht | Ersatztestamentsvollstrecker, Vergütung | Bei zerstrittenen Erben kann eine zu geringe vom Erblasser festgesetzte Testamentsvollstreckervergütung zur Folge haben, dass die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht nicht geboten ist

Bei zerstrittenen Erben kann eine zu geringe vom Erblasser festgesetzte Testamentsvollstreckervergütung zur Folge haben, dass die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht nicht geboten ist. Die Erblasserin bestimmte ihre 3 Abkömmlinge, d. h. 2 Söhne und eine Tochter, zu ihren Erben. Die Erbanteile waren gleich. Mit dem Tod der Erblasserin wurden die Erben darüber hinaus zu gleichen Teilen deren Nacherben hinsichtlich des Nachlasses der vorverstorbenen Schwester der Erblasserin. Sowohl die Erblasserin als auch deren Schwester hatten eine Dauertestamentsvollstreckung angeordnet. Diese Dauertestamentsvollstreckung war durch den Tod des letzten der 3 Miterben befristet. Als Testamentsvollstreckergebühr wurde von der Erblasserin ein Betrag von 150 DM bestimmt. Die Erblasserin bestimmte einen ihrer beiden Söhne zum Testamentsvollstrecker. Ersatzweise sollte andere Sohn Testamentsvollstrecker werden. Nach dem Tod der Erblasserin übernahm einer der Söhne das Amt als Testamentsvollstrecker. Im Weiteren wurde dieser Sohn aber als Testamentsvollstrecker vom Nachlassgericht abberufen. Der entlassene Testamentsvollstrecker schlug seine Schwester als Testamentsvollstreckerin vor. Das Nachlassgericht folgte diesem Vorschlag aber nicht und bestimmte einen Rechtsanwalt zum Testamentsvollstrecker. Dieser versuchte mit den Erben eine Gebührenvereinbarung zu treffen. Als die diesbezüglichen Verhandlungen scheiterten, lehnte der Rechtsanwalt die Übernahme des Amtes als Testamentsvollstrecker ab. Im Weiteren übernahm der ersatzweise von der Erblasserin zum Testamentsvollstrecker ernannte Sohn dieses Amt. Auch gegen diesen Testamentsvollstrecker strengten die übrigen Erben ein Entlassungsverfahren an. Die Einleitung dieses Verfahrens hatte zur Folge, dass der Testamentsvollstrecker sein Amt niederlegt. In Reaktion auf diese Amtsniederlegung beantragte die Tochter der Erblasserin selbst beim Nachlassgericht, zur Testamentsvollstreckerin ernannt zu werden. Die übrigen Erben sprachen sich gegen die Ernennung der Tochter der Erblasserin zur Testamentsvollstreckerin aus. Das Nachlassgericht ernannte die Tochter der Erblasserin nicht zur Testamentsvollstreckerin. Die von der Tochter der Erblasserin dagegen eingelegte Beschwerde blieb erfolglos. Diese Entscheidung wurde vom OLG Hamburg bestätigt. Das OLG Hamburg kam zu dem Ergebnis, dass die Anordnungen der Erblasserin so auszulegen sind, dass der Kreis der in Betracht kommenden Personen für das Amt des Testamentsvollstreckers nicht auf die Abkömmlinge der Erblasserin beschränkt ist. Aus den Anordnungen der Erblasserin hinsichtlich der Tätigkeit des Testamentsvollstreckers schloss das OLG Hamburg vielmehr, dass für die Erblasserin primär die Bestimmung der Testamentsvollstreckung als solche entscheidend war und nicht die Bestimmung eines Testamentsvollstreckers aus dem Kreis ihrer Angehörigen. Dennoch ging das OLG Hamburg davon aus, dass das Nachlassgericht zurecht die Ernennung eines weiteren Testamentsvollstreckers abgelehnt hat. Aus den aktenkundigen Streitigkeiten zwischen den Erben ergab sich für das OLG Hamburg, dass die Bestimmung eines Testamentsvollstreckers aus dem Kreis der Abkömmlinge der Erblasserin nicht zielführend ist. Angesichts der von der Erblasserin angeordneten geringen Testamentsvollstreckervergütung war aber aus Sicht des OLG Hamburg davon auszugehen, dass keine Person bereit sein würde, die Testamentsvollstreckung zu übernehmen, die die Testamentsvollstreckung im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit ausübt. Da das Nachlassgericht somit zutreffend davon ausging, keinen Testamentsvollstrecker bestimmen zu können, der streitschlichtenden Einfluss auf die Mitglieder der Erbengemeinschaft haben kann, übte das Nachlassgericht sein Auswahlermessen hinsichtlich der Bestimmung eines Testamentsvollstreckers ordnungsgemäß aus, als es die Ernennung eines neuen Testamentsvollstreckers ablehnte. Die Entscheidung des OLG Hamburg belegt, dass der Erblasser bei Anordnung der Testamentsvollstreckung unbedingt auch eine angemessene Testamentsvollstreckergebühr bestimmen muss. Zumindest, wenn auch eine Person zum Testamentsvollstrecker ernannt werden soll, die nicht aus dem Kreis der Angehörigen des Erblassers stammt, sondern Testamentsvollstreckungen beruflich übernimmt.

Erbrecht | Testamentsanfechtung Grundbuch Erbscheinsvorlage | Wird ein Testament nach Erbscheinserteilung angefochten, so kann das Grundbuchamt die Eintragung eines neuen Eigentümers davon abhängig machen, dass ein neuer Erbschein vorgelegt wird

Wird ein Testament nach Erbscheinserteilung angefochten, so kann das Grundbuchamt die Eintragung eines neuen Eigentümers davon abhängig machen, dass ein neuer Erbschein vorgelegt wird. Das OLG Hamburg musste über einen Fall entscheiden, bei dem die vorverstorbene Erblasserin testamentarisch ihren Ehemann zum Alleinerben bestimmt hatte. Neben ihrem Ehemann hinterließ die Erblasserin einen Sohn. Auf der Grundlage des Testamentes erhielt der Ehemann der Erblasserin einen Alleinerbschein. Die zum Nachlass gehörende Immobilie wurde auf den Ehemann als neuen Eigentümer umgeschrieben. Im Weiteren verheiratete sich der Erbe neu. Er erklärte die Anfechtung des Testamentes und verpflichtete sich vertraglich, die vormals zum Nachlass der Erblasserin gehörende Immobilie auf seine neue Ehefrau zu übertragen. Aufgrund der vom Ehemann erklärten Anfechtung zog das Nachlassgericht den Alleinerbschein, der dem Ehemann erteilt worden war, ein. Hiervon setzte das Nachlassgericht das Grundbuchamt in Kenntnis. Das Grundbuchamt teilte daraufhin dem Ehemann mit, dass es die Eintragung der Übertragung der Nachlassimmobilie auf seine neue Ehefrau davon abhängig macht, dass der Ehemann einen wirksamen Erbschein vorliegt. Zwischenzeitlich hatte der Sohn der Erblasserin die Erteilung eines neuen Erbscheins beantragt, nachdem er von der Anfechtung des Testamentes seiner Mutter durch deren Ehemann Kenntnis erlangt hatte. Gegen die Entscheidung des Grundbuchamtes legte der Ehemann Beschwerde ein. Das OLG Hamburg half der Beschwerde nicht ab. Das OLG Hamburg geht davon aus, dass das Grundbuchamt nicht verpflichtet ist, daran mitzuwirken, dass ein Erwerber eine Immobilie gutgläubig erwirbt. Der Ehemann der Erblasserin war als Eigentümer der Nachlassimmobilie in das Grundbuch eingetragen. Hinsichtlich dieser Eintragung wurde das Grundbuch aufgrund der Anfechtung des Testamentes und der Einziehung des Erbscheins falsch. Ein Dritter konnte sich aber auf die Eintragung im Grundbuch berufen und folglich die Immobilie gutgläubig erwerben. Da das Grundbuchamt aber durch die Mitteilung des Nachlassgerichtes positive Kenntnis davon hatte, dass der Erbschein, der der Voreintragung des Ehemanns der Erblasserin als Eigentümer der Immobilie im Grundbuch zu Grunde lag, vom Nachlassgericht eingezogen wurde, war das Grundbuchamt berechtigt, die beantragte Eintragung der neuen Ehefrau als Eigentümerin zu verweigern. Angesichts der positiven Kenntnis des Grundbuchamtes von der Einziehung des Erbscheins war das Grundbuchamt vielmehr verpflichtet, die Eintragung der neuen Ehefrau Eigentümerin zu verweigern und von der Vorlage eines neuen Erbscheins abhängig zu machen.