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Erbrecht Testamentsvollstrecker Entlassung | Entlassung eines Testamentsvollstreckers wegen eigennützigen Verhaltens
Beschluss des OLG Düsseldorf vom 18.12.2012
Aktenzeichen: I-3 Wx 260/11
Kurze Zusammenfassung der Entscheidung:
Macht ein Testamentsvollstrecker von seinen Kompetenzen zu Lasten der Erben aus eigennützigen Motiven Gebrauch, so kann dies einen Entlassungsgrund darstellen. Insbesondere, wenn die eigennützige Verfügung den Nachlass wirtschaftlich erschöpft.
(Testamentsvollstrecker Entlassung)
Tenor:
1) Das Rechtsmittel wird auf Kosten des Beteiligten zu 2. zurückgewiesen.
2) Geschäftswert: 84.500 EUR.
Entscheidungsgründe:
I. Die Erblasserin hinterließ zwei privatschriftliche Testamente. In der letztwilligen Verfügung vom 3. Oktober 2005 setzte sie zu ihrem alleinigen Erben den Beteiligten zu 1. ein, beschwerte ihn mit einer Auflage, berief einen Ersatzerben und setzte Vermächtnisse aus. Ferner ordnete sie Testamentsvollstreckung an und bestellte zum Testamentsvollstrecker den Beteiligten zu 2.; in diesem Zusammenhang verfügte die Erblasserin unter anderem:
\”Der Testamentsvollstrecker soll zu Gunsten des Erben mein Grundvermögen dann veräußern, wenn der Erbe dies wünscht und ein wirtschaftlicher Erfolg auf der Grundlage einer Bewertung meines Grundvermögens durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen gewährleistet ist. Sollte eine wirtschaftliche Verwertung nicht möglich sein, hat der Testamentsvollstrecker für eine ordnungsgemäße Verwaltung meines Grundbesitzes zu Gunsten des Erben Sorge zu tragen.\”
In einem Nachtrag zum vorbezeichneten Testament vom 19. Juli 2007 traf die Erblasserin eine ergänzende Bestimmung bezüglich eines Vermächtnisses.
Der Beteiligte zu 1. nahm das Amt als Testamentsvollstrecker an, ein Testamentsvollstreckerzeugnis zu seinen Gunsten wurde unter dem 15. Juli 2008 erteilt.
Mit Schrift vom 8. Dezember 2010 hat der Beteiligte zu 1. beantragt,
den Beteiligten zu 2. als Testamentsvollstrecker zu entlassen. Dem ist der Beteiligte zu 2. entgegengetreten.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins mit den Beteiligten am 16. Juni 2011 hat das Nachlassgericht durch die angefochtene Entscheidung dem Antrag entsprochen.
Gegen diesen seinem Verfahrensbevollmächtigten jedenfalls nicht vor dem 25. Juli 2011 zugestellten Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 2. mit seinem am 5. August 2011 bei Gericht eingegangenen Rechtsmittel, das der Beteiligte zu 1. zurückgewiesen sehen möchte.
Mit weiterem Beschluss vom 7. Oktober 2011 hat das Nachlassgericht dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Nachlassakte sowie der Testamentsakte 91a IV 386-7/07 AG Düsseldorf Bezug genommen.
II. Das gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG als befristete Beschwerde zulässige Rechtsmittel des Beteiligten zu 2., das nach der vom Nachlassgericht ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. FamFG dem Senat zur Entscheidung angefallen ist, bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht hat das Nachlassgericht den Beteiligten zu 2. als Testamentsvollstrecker entlassen.
1. Das Amtsgericht hat sich in zutreffender Weise mit der Vorfrage, ob das Amt des Beteiligten zu 2. nicht bereits durch Erledigung aller ihm übertragenen Aufgaben beendet sei, auseinandergesetzt.
2. Anerkanntermaßen können wichtige Gründe zur Entlassung eines Testamentsvollstreckers nach § 2227 BGB einerseits ein eigennütziges Verhalten, das heißt die Bevorzugung der eigenen Interessen vor denen des Erben, andererseits ein mutmaßlicher Erblasserwille bilden; letzterer nämlich, falls Umstände vorliegen, die den Erblasser, lebte er noch, mutmaßlich zur Nichternennung oder zum Widerruf der Ernennung veranlasst hätten, wobei teilweise sogar vertreten wird, auch dem Erblasser bei Berufung des Testamentsvollstreckers bekannte Tatsachen schlössen eine Entlassung nicht zwingend aus (vgl. statt aller: Palandt-Weidlich, BGB, 71. Aufl. 2012, § 2227 Rdnr. 3 und 5 m.w. Nachw.).
Hier konzentriert sich der Streit der Beteiligten auf zwei Vorwürfe; dies hat der Senat in seinem Beschluss vom 26. Juni 2012 im einzelnen dargestellt, und dagegen ist von keiner Seite Widerspruch erhoben worden.
a) Die Bedienung eigener Forderungen des Testamentsvollstreckers aus dem Nachlass, ohne diese dem Erben gegenüber in einer im einzelnen nachvollziehbaren – geschweige denn prüffähigen
– Weise darzutun, könnte allenfalls dann als im vorstehenden Sinne eigennütziges und einem mutmaßlichen Erblasserwillen widersprechendes Verhalten ausscheiden, wenn jene Verbindlichkeit der Erblasserin bei der Berufung des Testamentsvollstreckers mindestens bekannt gewesen war und ernst genommen wurde, darüber hinaus die Erblasserin eine sozusagen formlose Bedienung des Testamentsvollstreckers aus dem Nachlass insoweit billigte.
Mit dem bezeichneten Senatsbeschluss hat das Gericht dem Beteiligten zu 2. Gelegenheit zu ergänzenden Darlegungen in diesen Hinsichten gegeben. Indes hat er mit seinem Schriftsatz vom 1. August 2012 lediglich vorgetragen, der Erblasserin sei seine Honorarrechnung vom 13. März 2004 über rund 145.000 EUR am 13. oder 14. März 2004 zugeschickt worden, Einwände gegen die Rechnungshöhe habe sie nicht erhoben, im Todeszeitpunkt hätten noch 94.888,60 EUR offen gestanden. Mit diesem Vortrag aber sind die zuvor aufgezeigten Voraussetzungen nicht dargelegt. Abgesehen davon, dass sie sich nicht auf den positiven Zugang der Rechnung bei der Erblasserin erstrecken, bleibt auch offen, in welcher Weise die teilweise Erfüllung erfolgte, insbesondere ob sie auf eigenen Handlungen der Erblasserin beruhte.
b) Darüber hinaus und vor allem jedoch ist nach dem eigenen Vorbringen des Beteiligten zu 2. wie auch nach dem Akteninhalt insgesamt kein Grund feststellbar, der es nahelegte oder gar geböte, die Stellung des Beteiligten zu 2. als Grundschuldgläubiger bezüglich des Grundbesitzes der Erblasserin in Düsseldorf in Verbindung mit den vom Beteiligten zu 2. gegebenen Erläuterungen und Absichtserklärungen nicht als dem mutmaßlichen Willen der Erblasserin widersprechend zu erachten.
Die Grundpfandrechte erreichen insgesamt mit 750.000 EUR zuzüglich Nebenleistungen eine Höhe, bei der der Beteiligte zu 2. ausweislich seines Schriftsatzes vom 1. August 2012 selbst mit der Möglichkeit rechnet, dass diese über dem zu ermittelnden Verkehrswert des Grundbesitzes liege; jedenfalls kann davon ausgegangen werden, dass sie dessen Wert in namhaftem Umfang abschöpfen. Unterstellt man nun, die Erblasserin habe dem Beteiligten zu 2. jene Grundpfandrechte schenkweise zugewendet, damit dieser die Stellung eines \”normalen\” Grundschuldgläubigers – zumindest für die Zeit nach ihrem Tode – einnehme, mithin das Grundschuldkapital nach ihrem Tode unter Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen kündigen könne, würde dies bedeuten, dass die Erblasserin bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise den wertmäßig überwiegenden Teil des Nachlasses nicht dem von ihr berufenen Alleinerben, dem Beteiligten zu 1., sondern dem Beteiligten zu 2. hätte zukommen lassen wollen. Ein tragfähiger Anhaltspunkt für ein derartiges Verständnis ihrer letztwilligen Verfügungen fehlt indes.
Solcher Indizien bedürfte es im vorliegenden Fall indes zwingend, da die Anordnung einer Testamentsvollstreckung im primären wirtschaftlichen Interesse des Testamentsvollstreckers gegen das Interesse des Erben zumindest einen ungewöhnlichen Ausnahmefall darstellen würde. Das vom Beteiligten zu 2. reklamierte jahrelange und enge freundschaftliche Verhältnis zwischen ihm und der Erblasserin mag die Erteilung der Generalvollmacht im Jahre 2007 und die Einsetzung als Testamentsvollstrecker überhaupt erklären, nicht aber eine außergewöhnliche Bevorzugung im vorgenannten Sinne. Darüber hinaus fragt sich unter Berücksichtigung der Freundschaft umso mehr, wieso die Erblasserin nicht den Beteiligten zu 2. zu ihrem Erben berief und den Beteiligten zu 1. lediglich (beispielsweise) vermächtnisweise bedachte. Von alledem abgesehen, bliebe unerklärlich, wie sich die hier unterstellten wirtschaftlichen Gegebenheiten mit der Anordnung im Testament aus dem Jahre 2005 vereinbaren lassen sollten, wonach die Veräußerung des Grundbesitzes auf Wunsch des Beteiligten zu 1. nach Maßgabe eines zu prognostizierenden wirtschaftlichen Erfolges geschehen solle.
Erst recht fehlt es an Umständen dafür, dass es mit dem mutmaßlichen Willen der Erblasserin in Übereinstimmung stehen könnte, wenn der Beteiligte zu 2. die ihm zustehenden Grundpfandrechte als Mittel zum Zweck des Verbleibs im Amte als Testamentsvollstrecker einsetzt. Gerade dies aber hat der Beteiligte zu 2. mit seinem Schriftsatz vom 1. August 2012 getan, indem er dort unter anderem erklärt, sollte seine Testamentsvollstreckung, aus welchen Gründen auch immer, beendet sein, wäre für ihn kein Anlass mehr ersichtlich, von der Kündigung des jeweiligen Grundschuldkapitals abzusehen. In Ermangelung besonderer, gegenteilige Rückschlüsse nahelegender Tatsachen kann eine derartige Äußerung nur dahin verstanden werden, dass der Beteiligte zu 2. mit der Führung des Amtes als Testamentsvollstrecker derart gravierende eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt, dass sie es ihm als gerechtfertigt erscheinen lassen, die Realisierung ihm zustehender Grundpfandrechte im Umfang von nominell 750.000 EUR zuzüglich Nebenleistungen zurückzustellen.
3. Das durch das Vorliegen wichtiger Gründe für die Entlassung eröffnete gerichtliche Ermessen ist, wie das Nachlassgericht es getan hat, dahin auszuüben, den Beteiligten zu 2. als Testamentsvollstrecker zu entlassen, denn überwiegende Gründe für sein Verbleiben im Amt sind nicht erkennbar.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Ein Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG besteht nicht.
Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 1 KostO. Wegen der Besonderheiten des vorliegenden Falles ist der Senat nicht von den üblicherweise bei einem Rechtsmittel eines Testamentsvollstreckers gegen seine Entlassung angesetzten 10% des Reinwertes des gesamten Nachlasses ausgegangen, sondern von 10% derjenigen Beträge, um die der Streit der Beteiligten wirtschaftlich letztlich geht, nämlich der Forderung von rund 95.000 EUR, deren sich der Beteiligte zu 2. berühmt, sowie der Grundschulden zugunsten des Beteiligten zu 2. von insgesamt 750.000 EUR.