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Art und Umfang der Ermittlungspflichten des Notars bei Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses
Beschluss des OLG Bamberg vom 16.06.2016
Aktenzeichen: 4 W 42/16
Kurze Zusammenfassung der Entscheidung:
Die Entscheidung des OLG Bamberg beschäftigt sich mit der Frage, in welchem Umfang der mit der Beurkundung eines notariellen Nachlassverzeichnisses beauftragten Notar verpflichtet ist, eigene Nachforschungen hinsichtlich des Nachlasses durchzuführen.
Das Gericht geht grundsätzlich davon aus, dass der Notar nicht zu Detektivarbeiten im Zusammenhang mit den Feststellungen bezüglich des Nachlasses verpflichtet ist. Ebenso wenig verlangt das OLG Bamberg vom Notar hellseherische Fähigkeiten.
Das OLG Bamberg geht allerdings davon aus, dass der Notar verpflichtet ist, erhebliche eigene Nachforschungen zu veranlassen, wenn Zweifel daran bestehen, dass die vom Erben erteilten Auskünfte unvollständig oder sogar falsch sind.
Unter keinen Umständen kann sich der Notar darauf beschränken, lediglich die Erklärungen des Erben zu beurkunden, ohne dass zuvor die Angaben des Erben seitens des Notars einer Plausibilitätskontrolle unterzogen werden.
Ergeben sich hingegen aus den erteilten Auskünften des Erben oder aus vorgelegten Unterlagen nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür, dass es zu Lebzeiten des Erblassers zu Vermögensverschiebungen zu Lasten des Pflichtteilsberechtigten gekommen ist, so muss der Notar den Sachverhalt durch eigene Nachforschungen aufklären. Die Tatsache, dass sich hiermit ein erheblicher Ermittlungsaufwand oder ein umfangreicher Prüfungsaufwand verbindet, führt nicht zu einer Begrenzung der Aufklärungspflichten des Notars.
Der Notar hat im Weiteren den auskunftverpflichteten Erben mit den Erkenntnissen seine eigene Nachforschungen zu konfrontieren und den Erben zu entsprechenden ergänzenden Auskünften aufzufordern. Diese Auskünfte des Erben gegenüber dem Notar sind vom Notar nach Möglichkeit wörtlich in das Nachlassverzeichnis aufzunehmen.
Geht der Notar nachvollziehbaren Hinweisen des Pflichtteilsberechtigten bezogen auf aufklärungsbedürftige Vermögensbewegungen nicht nach, entspricht das erteilte notarielle Nachlassverzeichnis nicht den gesetzlichen Anforderungen. In diesem Fall ist der Auskunftsanspruch nicht erfüllt. Der Auskunftsanspruch kann in diesem Fall durch die Festsetzung entsprechender Zwangsmittel gegen den auskunftspflichtigen Erben durchgesetzt werden.
Hinweis:
Um sicherzustellen, dass der Pflichtteilsberechtigte in der Lage ist, die Auskünfte des Erben vollständig nachvollziehen zu können, sollte der Pflichtteilsberechtigte von seinem Recht Gebrauch machen, bei der Errichtung des notariellen Nachlassverzeichnisses persönlich zugegen zu sein. In diesem Fall kann der Pflichtteilsberechtigte nachvollziehen, in welcher Form der Notar den Erben hinsichtlich der noch offenen Fragen einvernommen hat und ob die Erklärungen des Erben im notariellen Nachlassverzeichnis hinreichend Berücksichtigung gefunden haben.
(Nachlassverzeichnis Ermittlungsumfang)
Tenor:
1) Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers wird der Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 15.02.2016 aufgehoben.
2) Zur Erzwingung der vollständigen Erfüllung ihrer Auskunftsverpflichtungen aus Ziff. I. und II. des Teil-Anerkenntnisurteils des Landgerichts Würzburg vom 17.06.2013 wird gegen die Schuldner ein Zwangsgeld von 5.000,- Euro festgesetzt. Hierdurch werden die Schuldner angehalten, bis spätestens 20.09.2016 ein die beiden notariellen Bestandsverzeichnisse vom 02.07.2015 ergänzendes – bzw. für jedes Verzeichnis ein entsprechend ergänztes – Nachlassverzeichnis vorzulegen, worin auch (ausdrückliche) bzw. weitere Angaben zu folgenden Punkten enthalten sind:
1. Ausgleichspflichtige Zuwendungen (wie etwa Ausstattungen) zugunsten der Schuldner, insbesondere in Bezug auf die unter Ziff. 1. des Beschwerdevorbringens (dort S. 3 = Bl. 217) umschriebenen Vorgänge, nämlich
a) die Zuwendung von 100.000,- DM an den Schuldner zu 2 (= Schuldner) mit dem Verwendungszweck „Hausbau“,
b) eine weitere Zuwendung von 150.000,- DM an den Schuldner,
c) die Übertragung von 60% der Geschäftsanteile an der L. GmbH auf die Schuldnerin sowie
d) die Übertragung des Eigentums an den Grundstücken A-Straße 1 und B-Straße 2 in X. auf den Schuldner.
2. Schenkungen oder andere unentgeltliche Zuwendungen des Erblassers C. D. an seine Ehefrau, an die Schuldnerseite oder an Dritte im Zusammenhang mit
2.1 den in der Antragsschrift vom 8.12.2015 (unter Ziff. 2. auf S. 5, 6 = Bl. 190, 191) aufgelisteten Barabhebungen und sonstigen „Abflüssen“ von den S.-Depots Nr. 0001 und 0002,
2.2 der Übertragung eines 46,51%- (Miteigentum-)Anteils an dem Anwesen E-Straße 3 in X. im Jahr 2004 auf F. D. sowie
2.3 den Prämienzahlungen auf die zugunsten der Enkelkinder G. und H. abgeschlossene Lebensversicherung (Nr. 003) bei der Y. Lebensversicherung.
3. Sonstige Schenkungen bzw. sonstige unentgeltliche Zuwendungen von C. D. an F. D. während der ihrer gemeinsamen Ehe
4. Verbleib der vom Erblasser C. D. im Jahre 2011 erzielten Gewinne aus Aktienverkäufen in Höhe von 31.367,- Euro
5. Etwaige Vermögensverschiebungen zugunsten der Schuldnerseite im Rahmen der Änderung der jeweiligen Verfügungsberechtigung hinsichtlich der Depotkonten Nr. 005 und 006 der Erblasserin F. D. bei der Z-Bank am 02.08.2010 und der am selben Tag zugleich vorgenommenen Einrichtung von zwei eigenen Depots durch die Schuldnerin
3) Die Gläubigerseite darf mit der Beitreibung des Zwangsgeldes nicht vor dem 30.09.2016 beginnen.
4) Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen und bleibt der Vollstreckungsantrag des Gläubigers abgelehnt.
5) Die Kosten dieses Vollstreckungsverfahrens haben die Schuldner als Gesamtschuldner zu tragen.
6) Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen.
7) Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
8) Beschwerdewert: bis zu 50.000,- Euro
(Nachlassverzeichnis Ermittelungsumfang)
Entscheidungsgründe:
Die zulässige – insbesondere nach den §§ 567 I Nr. 1; 793 ZPO auch statthafte -sofortige Beschwerde hat in der Sache im wesentlichen Erfolg und führt -ausgenommen die angestrebte Verhängung einer ersatzweisen Zwangshaft – zu einer antragsgemäßen Festsetzung gegen die Schuldnerseite.
1. Entgegen der (nicht näher begründeten) Ansicht des Landgerichts und dem in der Stellungnahme des Notars vom 05.01.2016 erweckten Eindruck sind der Gegenstand und insbesondere auch der Umfang der einem Notar bei der Vorbereitung und Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses nach § 2314 I, 3 BGB obliegenden Prüfungs- und Ermittlungspflichten im wesentlichen geklärt (vgl. etwa BGHZ 33, 373, Rn. 11; OLG Celle DNotZ 2003, 62, Rn.9; OLG Düsseldorf RNotZ 2008, 105, Rn.9; OLG Schleswig NJW-RR 2011, 946, Rn.15; OLG Saarbrücken FamRZ 2010, 2026, Rn.13 und 2011, 1258, Rn. 12, 17, 22; OLG Köln ErbR 2013, 328, Rn. 9ff.; OLG Koblenz NJW 2014, 1972, Rn. 18ff.; Beschluss des KG vom 12.6.2014 – 1 U 32/13 -, dort Rn. 26, 33, 37; Landgericht Kleve NJW-RR 2015, 1288, Rn. 24, 25; ferner die den aktuellen Stand der OLG-Rechtsprechung prägnant zusammenfassende und weiterführende Darstellung bei StaudingerHerzog, 2015, Rn. 72ff. zu § 2314 BGB).
a) Danach liegt ein durch einen Notar aufgenommenes Nachlassverzeichnis nur dann vor, wenn der Notar den Nachlassbestand selbst ermittelt hat und in den das Bestandsverzeichnis konstituierenden Feststellungen bzw. in den diese Feststellungen erläuternden Angaben des Notars oder in den von ihm aufgenommenen Erklärungen der Erbenseite zugleich zum Ausdruck kommt, dass der Notar für den Inhalt verantwortlich ist (so bereits BGHZ a. a. O.). Dementsprechend genügt es nicht, dass der Notar lediglich Erklärungen der Erbenseite beurkundet, ohne diese Angaben einer kritischen (und so auch dokumentierten) Plausibilitätskontrolle zu unterziehen und den sich daraus ergebenden – konkreten – Anhaltspunkten für eine weitere Aufklärung des Sachverhalts nachzugehen. Mit diesen Vorgaben wird dem Notar weder die Rolle eines Detektivs überbürdet noch werden ihm die Fähigkeiten eines Hellsehers abverlangt. Er ist insbesondere nicht verpflichtet, ohne bestimmte Anhaltspunkte in alle denkbaren Richtungen zu ermitteln, um weiteres Nachlassvermögen aufzuspüren. Sowohl die Anforderungen an die Plausibilitätskontrolle des Notars wie der Umfang der ihm obliegenden Ermittlungen richten sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Als Richtschnur kann für beide Aufgaben jeweils die Frage dienen, welche greifbaren Zweifel bzw. welche naheliegenden Nachforschungen sich aus der objektiven Sicht eines den auskunftsberechtigten Gläubiger sachkundig beratenden Dritten aufdrängen würden (in diesem Sinne etwa OLG Saarbrücken FamRZ 2011, 1258, Rn.12). Hierbei darf der Notar seine Verantwortung dadurch eingrenzen, dass er die von ihm vorgenommenen Ermittlungen bzw. die seiner eigenen Ermittlungstätigkeit gezogenen Grenzen dokumentiert (OLG Saarbrücken a. a. O.).
Der Umstand allein, dass sich ein umfangreicher, insbesondere sehr zeitintensiver Prüfungs- bzw. Ermittlungsaufwand abzeichnet, bildet noch keine akzeptable Grenze des Aufklärungsgebots (OLG Düsseldorf a. a. O.; Koblenz a. a. O.; MK-Lange, 6. Auflage, Rn. 30 zu § 2314 BGB). Denn der Zweck des Auskunftsanspruchs, der Beweisnot des Pflichtteilsberechtigten abzuhelfen, legt auch in dieser Hinsicht keine engherzige, sondern eine weite Grenzziehung der Pflichtenlage der Amtsperson nahe (so zutreffend OLG Schleswig a. a. O., Rn.27 im Anschluss an BGHZ a. a. O., Rn.11).
b) Dementsprechend hat der Notar zunächst den Erben anzuhalten, seine Mitwirkungspflichten zu erfüllen und ihm wahrheitsgemäße, insbesondere auch vollständige Auskünfte zu erteilen sowie die zur Überprüfung benötigten Urkunden und sonstigen Belege lückenlos vorzulegen. Wie in der Notarpraxis nicht selten vernachlässigt wird, schließt dieses Standardprogramm zugleich die Verpflichtung ein, den Erben auf dessen eigene Aufklärungsmöglichkeiten nachhaltig hinzuweisen. Hierbei darf und muss der Notar die Wissensressourcen des Erben sowie das in seiner Person vorhandene Aufklärungspotential gegebenenfalls in der Weise nutzbar machen, dass die Erbenseite aufgefordert und instruiert wird, ihre eigenen Auskunftsansprüche gegen Geldinstitute bzw. sonstige Dritte durchzusetzen; die vom Erben geschuldete Kooperation kann insoweit auch in der Anweisung an den Wissensträger bestehen, die benötigten Auskünfte unmittelbar gegenüber dem Notar zu erteilen (Staudinger-Herzog a. a. O., Rn. 74).
Hat die Plausibilitätskontrolle des Notars klärungsbedürftige Punkte aufgedeckt, so wird es in der Regel geboten sein, den Erben mit dem Ergebnis der Überprüfung zu konfrontieren und von ihm ergänzende Angaben einzufordern. Sofern substantielle Zweifel fortbestehen, wird es sich häufig empfehlen, nach einem im Wege eines Ausschlussverfahrens aufgebauten Frageschema schrittweise auf (möglichst wortgetreu aufzunehmende) Erklärungen hinzuwirken, mit denen sich die (nochmals eindringlich an ihre Wahrheitspflicht erinnerte) Erbenseite definitiv darauf festlegt, aus welchen konkreten Gründen sie über keine (weiteren) Erkenntnisse verfügt und insbesondere auch nichts von noch bislang ungenutzten Erkenntnisquellen weiß. Eine solche bereits in der „qualifizierten“ Belehrung und Befragung der Erbenseite zum Ausdruck kommende Kontrolldichte ist, wie die Gegebenheiten des Streitfalls exemplarisch veranschaulichen, von vornherein bei auffälligen Vorgängen angezeigt und geboten, die auf Vermögensverschiebungen im Bereich des sog. fiktiven Nachlasses hindeuten (vgl. auch Staudinger-Herzog a. a. O., Rn.74). Schließlich hat der Notar in den Blick zu nehmen, dass ihm unabhängig von der Kooperationsbereitschaft der Erbenseite bei der Durchführung der gebotenen Nachforschungen auch eine Reihe eigener Ermittlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. etwa OLG Saarbrücken FamRZ 2011, 1258, Rn. 22; OLG Koblenz a. a. O., dort Rn. 21ff.).
2. Diesen Anforderungen an eine eigenverantwortliche Kontroll- und Ermittlungspflicht des Notars genügen die vorliegenden Nachlassverzeichnisse vom 02.07.2015 jedenfalls in den von der Beschwerde beanstandeten Punkten offenkundig nicht.
Im Einzelnen:
2.1 Ausgleichspflichtige Zuwendungen, insbesondere Ausstattungen
Wie die Beschwerde zutreffend darlegt, sind beide Nachlassverzeichnisse zu dieser Auskunftsposition allein deshalb unvollständig, weil der im Vollstreckungstitel unter Ziff. I. 1 lit.f bzw. II.1 lit.f jeweils ausdrücklich so rubrizierte Gegenstand der Auskunftspflicht in dem betreffenden V. bzw. VII. Abschnitt der Verzeichnisse nicht thematisiert ist. Diese Unvollständigkeit wird in der Stellungnahme des Notars vom 5.1.2016 auch zugestanden (Anlage S 3, dort S.4). Es handelt sich somit um eine evidente Lücke, die sich bereits aus dem Vergleich des titulierten Auskunftsprogramms mit den vom aufnehmenden Notar dokumentierten Vorgaben erschließt. Da die von der Gläubigerseite vermisste Position auch im einleitenden Erläuterungsteil des V. bzw. VII. Abschnitts nicht auftaucht, sind die beurkundeten Angaben der Schuldner schon aus diesem Grund – formal – unvollständig. Denn gerade dann, wenn wie hier den Angaben der Schuldnerseite zu bestimmten Einzelvorgängen eine einleitende Negativauskunft vorausgestellt ist, die nach Art einer allgemeinen Vorbemerkung das gesamte Themenspektrum der Schenkungen und der sonstigen dem Bereich des sog. fiktiven Nachlassbestandes unterfallenden Zuwendungen abzudecken bestimmt ist, darf kein Zweifel darüber bestehen, welche der im Auskunftstitel vorgegebenen Bezugspunkte von dieser Sammelerklärung umfasst sind. Andernfalls fehlt es von vornherein an der notwendigen inhaltlichen Kongruenz zwischen der durch den Auskunftstitel „thematisch“ vorgegebenen Position und den beurkundeten Erklärungen der Schuldner.
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Darüber hinaus hatte die Gläubigerseite bereits mit Schreiben vom 11.3.2015 auf den unter diesem Blickwinkel bestehenden Aufklärungsbedarf hingewiesen sowie die reklamierte Feststellungslücke zusätzlich anhand der in dem Schreiben näher erläuterten Vorgänge plausibel begründet. Da die geschilderten Zuwendungen offenbar außer Streit stehen, ist jeder der vier benannten Zuwendungen schon bei einer oberflächlichen Plausibilitätskontrolle im Sinne eines auskunftsrelevanten Sachverhalts „selbsterklärend“.
2.2 Schenkungen
a) Barabhebungen und sonstige Abflüsse von den S.-Depots (richtig wohl: Depotkonten)
Bereits die von der Gläubigerseite zusammengeführten Barabhebungen und die sich aus dieser Übersicht zugleich ergebenden „Umschichtungen“ eines Teils der ermittelten „Abflüsse“ auf ein drittes Depot bei der V. Bank stellen einen ins Auge springenden Sachverhalt dar, der im Zuge der gebotenen Auswertung der Kontounterlagen auch dem Notar unbedingt hätte auffallen müssen. Zudem hatte die Schuldnerin – wiederum erst auf gezielte Nachfragen der Gäubigerseite -offengelegt, an dem Depotkonto mit der End-Nr. 0002 bereits bei dessen Eröffnung im Jahre 2004 schenkungshalber mit etwa der Hälfte der Einlagesumme beteiligt worden zu sein (S.3 des Antwortschreibens der Beklagtenvertreterin vom 20.01.2015 = Anlage S 8). Wie die Schuldnerin inzwischen vor dem Notar außerdem eingeräumt hat, war das (dritte) Depot mit der End-Nr. 040, auf welches ein kleiner Teil der vom Depotkonto mit der End-Nr. 0002 abgehobenen Beträge in bar (!) eingezahlt worden war, mit „gemeinsamen Mitteln“ des Erblassers und der Schuldnerin bei (in etwa) jeweils hälftiger Beteiligung eingerichtet worden (vgl. Anlage VK 2, dort S. 8, 9 unter Ziff. IV. 2). Allein diese – immer noch erkennbar ausweichenden – Einlassungen der Schuldnerseite begründen den dringenden Verdacht, dass die Schuldnerin bereits weit vor der Eröffnung des Depots mit der End-Nr. 0002 in die Abwicklung sämtlicher Depotgeschäfte mit der V. Bank eingebunden gewesen war bzw. (noch naheliegender) diese Geschäfte – und zunächst über das Ausgangsdepot mit der End-Nr. 0001 – spätestens seit Ende der 90er Jahre weitgehend „selbstständig“ für den damals fast 80-jährigen Erblasser abgewickelt hatte. Jede andere Einschätzung wäre lebensfremd. Es ist daher schlechthin unverständlich, dass in der Stellungnahme des Notars vom 5.1.2016 (künftig nur: Stellungnahme) nach wie vor von Mutmaßungen „ins Blaue hinein“ gesprochen wird (a. a. O., unter Ziff. 2b = S. 5). Demzufolge stehen immer noch exakte und lebensnahe Angaben der Schuldner dazu aus, zu welchen konkreten Transaktionen die gegenständlichen Barabhebungen im Einzelnen gedient hatten. Schon die Befragung der Schuldnerin zu den allgemeinen Abläufen der Abhebungs- und Umschichtungsvorgänge wird mit hoher Wahrscheinlichkeit aufdecken, dass jedenfalls die Schuldnerin seit jeher genaue Einblicke in die Zweckbestimmung und die Verwendung der Abhebungen hatte und hat. Gegebenenfalls wird die Schuldnerseite aufzufordern sein, auch die ihr persönlich bekannten Ansprechpartner der V. Bank zu benennen und etwaige Auskunftsansprüche zu nutzen (vgl. oben 1b). Im Rahmen seiner Vorbereitung auf die gezielte Nachbefragung der Schuldnerseite wird der Notar um eine sorgfältige Auswertung der von den Erben vorgelegten Kontounterlagen nicht herumkommen, zumal es im Verzeichnis a. a. O. heißt, aus den beigefügten Kontounterlagen würden „sich nach Mitteilung der Auskunftsverpflichteten die rechtlich relevanten Informationen… ergeben.“ Eine – wenigstens stichpunktartige – Überprüfung der Belege gehört bei einer derart auffälligen Konstellation wie hier zum selbstverständlichen Pflichtprogramm eines Notars und darf deshalb bei der gebotenen Plausibilitätsprüfung nicht ausgelassen werden (vgl. auch OLG Saarbrücken a. a. O., Rn. 22).
b) Übertragung des Miteigentumsanteil am Anwesen E-Straße 3 auf die Ehefrau
Da es sich hierbei unstreitig um eine Schenkung handelt, muss das Bestandsverzeichnis über den Nachlass C. D. (künftig nur: VZ II) um diesen Vorgang zwingend ergänzt werden. Denn auch dann, wenn die auskunftspflichtige Vermögensverschiebung und ihr Schenkungscharakter offenkundig sind, ist ihre Aufnahme in das Verzeichnis keine in das Ermessen des Notars gestellte Frage der Zweckmäßigkeit, worauf auch die in diesem Punkt rechtsirrige Stellungnahme des Notars hinaus will (a. a. O., dort S. 5 unter 2d).
c) Zahlung von Versicherungsprämien
Da in diesem Punkt das Vorliegen eines auskunftsrelevanten Vorgangs mit Schenkungshintergrund feststeht, ist das VZ II – was die Stellungnahme des Notars ausdrücklich einräumt (a. a. O., dort S. 5 unter 2f) – schon aus diesem Grund evident lückenhaft, ohne dass es darauf ankommt, dass die Gläubigerseite bereits mit Anwaltsschreiben vom 18.9.2014 unter Ziff. 5. das Fehlen jeglicher Angaben über Lebensversicherungen usw. beanstandet hatte.
d) Sonstige Schenkungen an die vorverstorbene Ehefrau
Die von der Beschwerde aufgezeigte Lücke im VZ II ergibt sich wiederum bereits aus der fehlenden Kongruenz zwischen dem in diesem Punkt geschuldeten Auskunftsinhalt und der pauschalen Negativerklärung der Schuldnerseite (vgl. oben 2.1).
2.3 Erlöse aus Aktienverkäufen
Auch in diesem Punkt sind die Ausführungen unter Ziff. 2c der Stellungnahme des Notars nicht frei von Rechtsirrtum: Der unstreitige Anfall der Gewinne aus den Aktienverkäufen im Jahr 2011 stellt einen Vermögenszuwachs dar, dessen Verbleib – weil perspektivisch dem sog. fiktiven Nachlassbestand zuzuordnen – schon im Hinblick darauf klärungsbedürftig erscheint, dass der – inzwischen 89 Jahre alte -Erblasser bereits wenige Monate später verstorben war. Ebenso wie bei den postmortal erzielten Aktiengewinnen im Jahre 2012 spricht alles dafür, dass auch die Transaktionen des Vorjahres durch die Schuldnerin abgewickelt worden waren und sie daher zuverlässige Angaben zur Verwendung der erzielten Erlöse aus den Wertpapiergeschäften im Jahre 2011 machen kann; hierbei liegt auf der Hand, dass die Schuldnerin entweder im Rahmen einer pauschalen „Schenkungsabrede“ oder aber ohne konkrete Absprache mit dem 89-jährigen Erblasser oder aber erst nach seinem Tod über die Gewinne disponiert hatte. Unter jedem Blickwinkel besteht eine offenkundige Beweisnot der Klägerseite, der wiederum durch eine zielführende Befragung der Schuldnerin Rechnung getragen werden muss. Im Übrigen hätten bereits gezielte Anfragen des Notars an die beiden Hausbanken des Erblassers eine weitgehende Klärung des Sachverhalts erwarten lassen.
2.4 Vermögensverschiebungen infolge der Änderungen der Verfügungsbefugnis bezüglich der Depotkonten der vorverstorbenen Erblasserin
Die von der Gläubigerseite aufgedeckten Umstände sind im Sinne der unter Ziffer 1. erläuterten Faustregel aus zwei Gründen klärungsbedürftig: Zum einen wegen des Zeitpunkts nur 14 Tage vor dem Ableben der schwerkranken Erblasserin und zum zweiten wegen des – zugleich signifikante Parallelen zu den erwähnten Umschichtungsvorgängen im Bereich der S.-Depotkonten aufweisenden -Umstands, dass am selben Tag zwei eigene Depotkonten für die Schuldnerin neu eingerichtet worden waren.
3. Nach alledem sind die Voraussetzungen für die antragsgemäße Festsetzung eines Zwangsgeldes nach § 888 I ZPO ohne weiteres erfüllt, ohne dass es auf die Frage ankommt, wer für die Unvollständigkeit der vorliegenden Nachlassverzeichnisse im Einzelnen verantwortlich ist (vgl. etwa OLG Saarbrücken, a. a. O., Rn. 33). Die Höhe des festgesetzten Zwangsgeldes orientiert sich an dem auf das Hauptsacheverfahren bezogene Vollstreckungsinteresse der Gläubigerseite und berücksichtigt außerdem die Hartnäckigkeit, mit der sich die Schuldnerseite bislang einer vollständigen Erfüllung ihrer Auskunftspflichten verweigert hat. Wie in der Antragsbegründung zutreffend dargelegt wird, weisen bereits die vorliegenden – nach wie vor defizitären -Verzeichnisse gegenüber der ursprünglichen Aufstellung vom 19.11.2012 einen um rund 300.000,00 Euro (entspricht etwa 30%) höheren Reinnachlass aus, obwohl die hierfür maßgebenden Umstände den beiden Erben bereits seit jeher bekannt gewesen waren.
4. Nicht entsprochen werden kann dem Antrag dagegen, soweit die pauschale Anordnung einer ersatzweisen Zwangshaft verlangt wird.
Da sich der vorliegende Auskunftstitel gegen eine nach Gesamtschuldgrundsätzen verurteilte Erbengemeinschaft richtet, steht der Gläubigerseite insoweit ein Wahlrecht zu (vgl. etwa Staudinger-Looschelders, 2012, Rn. 122ff., 135 zu § 421 BGB). Dem erkennenden Gericht ist daher ebensowenig ein Auswahlermessen eingeräumt wie bei der insoweit vergleichbaren Konstellation, dass auf der Schuldnerseite eine juristische Person mit mehreren gesetzlichen Vertretern steht (vgl. hierzu etwa OLG Düsseldorf InstGE 13, 226, Rn. 22). Infolgedessen hatte sich die Gläubigerseite bereits im Vollstreckungsantrag darauf festzulegen, an welchem Schuldner eine ersatzweise angeordnete Zwangshaft ausschließlich vollzogen werden soll, bzw. anzugeben, in welcher Reihenfolge und in welchem anteiligen Umfang die Zwangshaft zunächst an dem einen und anschließend an dem anderen Schuldner zu vollstrecken ist.
Ein kumulativer Vollzug der beantragten Ersatzzwangshaft gegen beide Schuldner, wie sie von der Gläubigerseite offenbar angestrebt wird, verbietet sich im Übrigen schon deshalb, weil zum ersten die Zahlung des Zwangsgeldes im Sinne einer gesamtschuldnerischen Einstandspflicht zwar von jedem Schuldner, aber insgesamt nur einmal verlangt werden kann und zum zweiten die Dauer einer Ersatzzwangshaft exakt in Relation zur Höhe des festgesetzten Zwangsgeldes bestimmt werden muss (vgl. dazu Zöller-Stöber, 31. Auflage, Rn. 9 zu § 888 ZPO). Da die Ersatzzwangshaft auch nachträglich festgesetzt werden kann (Stein/JonasBrehm, 22. Auflage, Rn. 28 zu § 888 ZPO), ist die Gläubigerseite allerdings nicht gehindert, die notwendige Ausübung ihres Wahlrechts im weiteren Verlauf des Vollstreckungsverfahrens noch nachzuholen.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 891 i. V. m. §§ 91 I, 1; 92 II Nr. 1; 100 IV ZPO.
Hinsichtlich der Gerichtskosten des Berufungsverfahrens wurde von der Möglichkeit des § 21 I GKG Gebrauch gemacht.
6. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 II ZPO liegen nicht vor.
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