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Auch bei nur teilweiser Unwirksamkeit einer Teilungsanordnung ist eine Teilungsversteigerung unzulässig
Urteil des OLG München vom 16.11.2016
Aktenzeichen: 20 U 2886/16
Kurze Zusammenfassung der Entscheidung:
Im vorliegenden Fall hinterließ die Erblasserin insgesamt 4 Abkömmlinge. Zum Nachlass gehörte eine Immobilie über die die Erblasserin in Form einer Teilungsanordnung in ihrem Testament verfügte. Hinsichtlich eines der Erben war diese Teilungsanordnung unwirksam. Im Weiteren betrieb der Erbe, der in der zum Nachlass gehörenden Immobilie wohnhaft war, hinsichtlich dieser Immobilie die Teilungsversteigerung. Dagegen wandte sich in Form einer unechten Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO einer der Miterben. Das angerufene Landgericht wies die Klage ab. Das OLG München entsprach der Klage im Berufungsverfahren. Das OLG München stützt seine Entscheidung auf die Feststellung, dass die Teilungsanordnung nur hinsichtlich eines der Abkömmlinge der Erblasserin unwirksam ist. Bezogen auf die übrigen Abkömmlinge bleibt die Teilungsanordnung jedoch wirksam. Materiellrechtlich können sich daher die übrigen Miterben auf die Wirkung der im Verhältnis zu ihnen wirksamen Teilungsanordnung berufen. Folglich ist die Teilungsversteigerung unzulässig, obwohl die Teilungsanordnung bezogen auf einen der Abkömmlinge unwirksam ist. Entscheidend ist, dass die Wirksamkeit bezogen auf die übrigen Abkömmlinge und Miterben fortbesteht. Der Klage gegen die Einleitung des Teilungsversteigerungsverfahrens war daher zu entsprechen.
(Teilungsversteigerung Teilungsanordnung)
Tenor:
1) Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts München II vom 3. Mai 2016, Az. 12 O 5175/15, im Kostenausspruch aufgehoben und wie folgt abgeändert: Die Teilungsversteigerung der Miteigentumsanteile an den Grundstücken – 356/1000 Miteigentumsanteil am Grundstück B. Fl.Nr. 832/7, Gebäude- und Freifläche, B.-str. 2 1/2, N.-gasse 35a und B., Fl.Nr. 838/3, Gebäude- und Freifläche, An der B.-straße vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Wolfratshausen für B., SE-Nr. 1, Räume im Altbau, Blatt 5523 – 68/1000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück B., Fl.Nr. 832/7, Gebäude- und Freifläche, B.-str. 2 1/2, N.-gasse 35a und B., Fl.Nr. 838/3, Gebäude- und Freifläche, An der B.-straße vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Wolfratshausen für Ba., SE-Nr. 2, Blatt 5524 zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft auf Antrag des Beklagten Michael M. wird für unzulässig erklärt. 2) Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 50.000,00 abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 4) Die Revision wird nicht zugelassen. Beschluss: Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 40.000,00 € festgesetzt.
(Teilungsversteigerung Teilungsanordnung)
Entscheidungsgründe:
I. Der Kläger wendet sich gegen die von dem Beklagten, seinem Bruder, betriebene Zwangsversteigerung von Miteigentumsanteilen an dem vom Kläger bewohnten Haus in B.
Die Parteien sind neben ihren Geschwistern Elisabeth S. und Johann M. Abkömmlinge der am 1. August 2005 verstorbenen Elisabeth M.(nachfolgend: Erblasserin). Die Erblasserin hatte am 23. März 1989 ein privatschriftliches Testament errichtet, das eine Erbeinsetzung aller vier Abkömmlinge sowie eine Teilungsanordnung bezüglich der drei zum Nachlass gehörenden Grundstücke in B. und L. enthält. Der Streit der Erben um die Auseinandersetzung des Nachlasses war bereits Gegenstand eines Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht München (Az. 23 U 3098/06). Dort hatten der hiesige Beklagte und sein Bruder Johann die Übertragung des ihnen mit der Teilungsanordnung zugedachten Grundstücks in L., der hiesige Kläger im Wege der Widerklage die Übertragung der Miteigentumsanteile an den Grundstücken in B. verlangt. Das Oberlandesgericht hat mit Urteil vom 27. August 2009, Az. 23 U 3098/06, die Klage abgewiesen und festgestellt, dass eine Teilungsanordnung der Erblasserin vorliege, die auch für die quotale Erbeinsetzung heranzuziehen sei (S. 10, Ziffer. 1 a) des Urteils). Entsprechend wurde den Geschwistern unter dem 28. April 2015 ein Erbschein erteilt, der die Erbquoten der Brüder mit 36,5%, 31,9% und 26,7% feststellte, die der Schwester mit 4,9% (B 1).
Der Kläger hat vor dem Landgericht die Auffassung vertreten, dass der Kläger aufgrund der Teilungsanordnung, die ihm das Anwesen B, zuweist, berechtigt sei, der Zwangsversteigerung zu widersprechen. Die Teilungsanordnung mache die Teilungsversteigerung des Beklagten unzulässig, was das Gericht auszusprechen habe.
Der Beklagte hat ein die Veräußerung hinderndes Recht des Klägers im Sinne von § 771 ZPO bestritten und gemeint, dass jeder Miterbe das Recht habe, die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft zu betreiben. Dies aber geschehe bei Immobiliarvermögen im Wege der – hier deshalb zulässig betriebenen – Teilungsversteigerung gemäß § 2042 Abs. 1 BGB i. V. m. § 180 ZVG.
Auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils und die dort gestellten Anträge wird ergänzend Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit Endurteil vom 3. Mai 2016 die Klage als unzulässig abgewiesen, da weder die Voraussetzungen des § 771 ZPO noch des § 767 ZPO vorlägen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung erstrebt der Kläger die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und wie in erster Instanz die Unzulässigerklärung der von dem Beklagten betriebenen Teilungsversteigerung der Miteigentumsanteile an den Grundstücken – 356/1000 Miteigentumsanteil am Grundstück B., Fl.Nr. 832/7, Gebäude- und Freifläche, B.-str. 2 1/2, N.-gasse 35a und B., Fl.Nr. 838/3, Gebäude- und Freifläche, An der B.-straße vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Wolfratshausen für B., SE-Nr. 1, Räume im Altbau, Blatt 5523 – 68/1000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück B., Fl.Nr. 832/7, Gebäude- und Freifläche, B.-str. 2 1/2, N.-gasse 35a und B., Fl.Nr. 838/3, Gebäude- und Freifläche, An der B.-straße vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Wolfratshausen für B., SE-Nr. 2, Blatt 5524.
Der Kläger macht geltend, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft die Zulässigkeit der Klage verneint habe und wiederholt seine bereits in erster Instanz vertretene Auffassung, dass die Teilungsanordnung der Erblasserin die von dem Beklagten betriebene Teilungsversteigerung der dem Kläger zugedachten Grundstücke hindere.
Der Senat hat mit Verfügung vom 13. September 2016 (Bl. 63 f., 64) darauf hingewiesen, dass die Klage nach allgemeiner Meinung als „unechte Drittwiderspruchsklage“ zulässig sei und – unabhängig vom Vorliegen einer Teilungsanordnung – beachtet werden müsse, dass grundsätzlich eine Teilauseinandersetzung einer Erbengemeinschaft gegen den Willen eines Miterben nicht möglich ist, sondern eine Teilungsversteigerung nur zur Vorbereitung der Gesamtauseinandersetzung der Erben beantragt werden kann.
Hierauf hat der Beklagte in seiner Berufungserwiderung vorgetragen, dass die Schwester und Miterbin die Versteigerung des auch dem Beklagten zugedachten Grundstücks in L. („S.-höfe“) beantragt habe, weshalb der Beklagte nunmehr die Versteigerung der dem Kläger zugeordneten Grundstücke betreibe. Er ist der Ansicht, er sei zur Versteigerung berechtigt. Zum einen liege im Antrag auf Teilungsversteigerung regelmäßig die Absicht zur vollständigen Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft. Zum anderen habe das Oberlandesgericht München in dem Verfahren 23 U 3098/06 festgestellt, dass die Teilungsanordnung im Verhältnis zur Schwester nicht gelte. Hieraus müsse geschlossen werden, dass die Anordnung insgesamt unwirksam sei. Denn entweder sei die Teilungsanordnung für und gegen alle wirksam, oder aber insgesamt unwirksam. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Auf die auf klägerischen Antrag vom 13. bzw. 14. Oktober 2016 (Eingang der Anlagen, Bl. 74 f.) hin erfolgte einstweilige Einstellung der Teilungsversteigerung gemäß §§ 769 Abs. 1, 771 Abs. 3 ZPO mit Beschluss des Senats vom 14. Oktober 2016 (Bl. 78 ff.) hat der Beklagte weiter vorgetragen, dass Kläger und Beklagter den jeweiligen Versteigerungsanträgen für die Grundstücke B. und L. beigetreten seien, weshalb keine unzulässige Teilauseinandersetzung vorliege. Nach Hinweisen des Senats (Bl. 90, Bl. 100) hat der Kläger seine Beitrittserklärung bezüglich der Versteigerung der Grundstücke in B. gegenüber dem Amtsgericht Wolfratshausen – Abteilung für Zwangsversteigerungssachen – zurückgenommen (zu Bl. 101).
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 9. März 2016 Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung des Klägers hat in vollem Umfang Erfolg.
1. Die Klage ist zulässig. Der Kläger begehrt die Verhinderung einer nach seinem Dafürhalten aus materiellen Gründen unberechtigten Teilungsversteigerung. In derartigen Fällen aber kann nach allgemeiner Meinung eine Klage gemäß § 771 ZPO als sogenannte „unechte Drittwiderspruchsklage“ zulässig erhoben werden (Zöller, ZPO, § 771 Rn. 1; Kammergericht Berlin, 21 U 169/10, juris).
2. Die Klage ist auch begründet, da der Beklagte nach den Vorschriften des materiellen Rechts nicht befugt ist, das Nachlassgrundstück in B. zur Versteigerung zu bringen.
Dabei kann dahinstehen, ob neben dem hiesigen Versteigerungsverfahren bezüglich der Miteigentumsanteile an den Grundstücken in B.auch das Versteigerungsverfahren bezüglich des L. Grundstücks derzeit betrieben wird und ob der Beklagte beiden Verfahren mindestens beigetreten ist und damit die Gesamtauseinandersetzung des Nachlasses durch Versteigerungsanträge hinsichtlich sämtlicher Nachlassgrundstücke betreibt (vgl. OLG Oldenburg, 12 U 144/13, FamRZ 2014, 1659 ff.).
Denn der von ihm betriebenen Versteigerung steht schon entgegen, dass sie der – unstreitig vorliegenden – Teilungsanordnung der Erblasserin widerspricht (vgl. nur OLG Oldenburg, 12 U 144/13, FamRZ 2014, 1659 ff., 1659 m. w. N.).
a) Anders als der Beklagte meint, ist die Teilungsanordnung keineswegs schon deshalb insgesamt unwirksam, weil sie dies unzweifelhaft gegenüber der Miterbin Elisabeth S. ist. Dass – wie der auf den hiesigen Fall anzuwendende § 2306 Abs. 1 S. 1 BGB a. F. bestimmt – „die Beschränkung oder Beschwerung als nicht angeordnet“ gilt, wenn ein als Erbe berufener Pflichtteilsberechtigter durch eine Teilungsanordnung beschwert wird und der ihm hinterlassene Erbteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils nicht übersteigt, bedeutet nicht, dass die beschwerende Teilungsanordnung mit Wirkung für alle Miterben unwirksam wäre. Im Gegenteil fallen die in § 2306 BGB a. F. genannten Beschränkungen und Beschwerungen nach allgemeiner Meinung grundsätzlich nicht im Ganzen, sondern nur hinsichtlich des Erbteils des Pflichtteilsberechtigten weg (BGH, Urteil vom 6. Dezember 1989, IVa ZR 59/88, NJW-RR 1990, 391 ff., 393 Ziffer 5.a) m. w. N.; MünchKomm, BGB, 4. Aufl. 2004, § 2306 Rn. 16; Staudinger, BGB, 13. Aufl. 1998, § 2306 Rn. 35 m. w. N., Rn. 37 m. w. N.).
b) Der durch § 2306 Abs. 1 S. 1 BGB a. F. angeordnete Wegfall der Teilungsanordnung gegenüber der Miterbin S. führt auch nicht zur Gesamtunwirksamkeit der Teilungsanordnung gemäß § 2085 BGB (s. hierzu MünchKomm BGB, a. a. O.). Dies wäre nur dann der Fall, wenn anzunehmen wäre, dass die Erblasserin die Teilungsanordnung gegenüber ihren Söhnen nicht getroffen hätte, wenn ihr deren Unwirksamkeit der Tochter gegenüber bekannt gewesen wäre. Dies allerdings ist im vorliegenden Fall nicht anzunehmen und haben die Parteien auch nicht behauptet. Wie bereits das Oberlandesgericht München in dem Urteil vom 27. August 2009, Az. 23 U 3098/06, ausgeführt hat, kam es der Erblasserin entscheidend darauf an, die drei Söhne im Wesentlichen gleich zu bedenken, ihnen jeweils eine Immobilie zukommen zu lassen und sicherzustellen, dass das Grundstück in L. („S.-hof“) im Familienbesitz bleibt. Dieses Ziel aber wird von einem Wegfall der Teilungsanordnung gegenüber der nur mit einem Wohnrecht bedachten Tochter nicht berührt, weshalb nicht anzunehmen ist, dass die Erblasserin die Teilungsanordnung bei Kenntnis ihrer Unwirksamkeit gegenüber der Tochter nicht getroffen hätte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Erblasserin in diesem Fall einen finanziellen Ausgleich gesucht hätte.
c) Eine Gesamtunwirksamkeit der Teilungsanordnung ist nach Vorstehendem auch nicht unter dem Gesichtspunkt anzunehmen, dass eine inhaltliche Trennung der Anordnung im Verhältnis aller Miterben nicht möglich ist, weil die Anordnung nur bei Mitwirkung der Miterbin S. erfüllt werden kann (vgl. Staudinger, BGB, 13. Aufl. 1998, § 2306 Rn. 37 m. w. N.). Denn dies bedeutete eine eklatante Missachtung des klaren Erblasserwillens.
d) Entgegen der Ansicht des Beklagten hat auch das Oberlandesgericht München in dem Verfahren 23 U 3098/06 nicht die Gesamtunwirksamkeit der Teilungsanordnung festgestellt. Vielmehr hat es auf die gesetzliche Vorschrift des § 2306 BGB hingewiesen und – im Einklang mit den Ausführungen unter a) – zur Teilungsanordnung ausdrücklich geurteilt, dass diese der Miterbin gegenüber nicht wirksam sei (S. 18 Zeile 26 und 31 des Urteils vom 27. August 2009). Darüber hinaus hat es auf die auch vom erkennenden Senat zitierten Fundstellen verwiesen, die einen Wegfall der Teilungsanordnung nur im Hinblick auf den beschwerten Pflichtteilsberechtigten annehmen.
Dass in dem Verfahren 23 U 3098/06 die Klage abgewiesen wurde, liegt ausweislich der Urteilsgründe allein daran, dass die Kläger von der damaligen Beklagten zu 1, der Miterbin Elisabeth S., wegen der ihr gegenüber bestehenden Unwirksamkeit der Teilungsanordnung keine Mitwirkung an der begehrten Grundstücksübertragung fordern konnten. Dass das Oberlandesgericht die Teilungsanordnung im Verhältnis der Brüder aber grundsätzlich für wirksam gehalten hat, ergibt sich schon aus der Abweisung der Klage als „derzeit unbegründet“ (S. 10 oben des Urteils vom 27. August 2009) und dem Ausspruch, dass die von den Klägern anerkannte Widerklageforderung des damaligen Beklagten zu 2 und hiesigen Klägers auf Übertragung der Miteigentumsanteile B. nur „Zug um Zug“ gegen Erfüllung seiner Übertragungsverpflichtung gemäß der Teilungsanordnung besteht.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 709 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen; es handelt sich um die Entscheidung eines Einzelfalls.
Die Festsetzung des Streitwerts erfolgte nach Maßgabe des § 3 ZPO.
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(Teilungsversteigerung Teilungsanordnung)
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