Ehegatten können in einem gemeinsamen Testament anordnen, dass eine Pflichtteilsstrafklausel einseitig von einem Ehegatten verfügt werden kann

Beschluss des OLG Düsseldorf vom 19.12.2016

Aktenzeichen: I-3 Wx 34/15

Kurze Zusammenfassung der Entscheidung:

Die Ehegatten errichteten ein gemeinschaftliches Testament, mit dem sie sich wechselseitig für den 1. Erbfall als Alleinerben einsetzten. Im 2. Erbfall sollten die Kinder der Eheleute deren Schlusserben werden. Es handelte sich um 2 Töchter.
Später errichteten die Eheleute ein weiteres Testament, mit dem das gemeinschaftliche Testament um Regelungen hinsichtlich einer Pflichtteilsstrafklausel ergänzt wurde. Die Eheleute ordneten an, dass der im 1. Erbfall länger lebende Ehegatte berechtigt ist, eine Pflichtteilsstrafklausel anzuordnen, wenn eines der Kinder nach dem Tod des 1. Ehepartners dem überlebenden Ehepartner gegenüber Pflichtteilsansprüche geltend macht. Gleichzeitig ordneten die Eheleute an, dass das ergänzende Testament erst im Falle des Todes beider Eheleute eröffnet werden darf.
Die Ehefrau verstarb. Eine der Töchter machte gegenüber dem Vater Pflichtteilsansprüche geltend, ohne hierbei vom 2. Testament Kenntnis zu haben, da dieses aufgrund der diesbezüglichen Anordnung der Eheleute nicht eröffnet wurde. Der Vater ordnete daraufhin in Form eines weiteren Testamentes an, dass diese Tochter im Falle seines Todes nur den Pflichtteil erhält.
Nachdem auch der Vater verstarb, wurden die weiteren Testamente ebenfalls eröffnet. Die Tochter, die keine Pflichtteilsansprüche geltend gemacht hatte, beantragte daraufhin einen Alleinerbschein. Das Nachlassgericht erteilte den Erbschein antragsgemäß. Dagegen erhobene Beschwerde hat das Nachlassgericht nicht ab.
Das OLG Düsseldorf kam zu dem Ergebnis, dass die Wechselbezüglichkeit hinsichtlich der Schlusserbeneinsetzung, die aus dem 1. Testament hervorgeht, der Wirksamkeit der später angeordneten Pflichtteilsstrafklausel nicht entgegensteht, auch wenn diese Pflichtteilsstrafklausel nur von einem der beiden Ehegatten angeordnet wurde.
Aus der Gesamtheit aller testamentarischen Verfügung ergibt sich, dass es dem Willen der Eheleute entsprach, dass der überlebende Ehegatte berechtigt ist, eine entsprechende Pflichtteilsstrafklausel anzuordnen. Insofern ergibt sich aus den Testamenten eine Öffnungsklausel, der die Wechselbezüglichkeit der Anordnungen der Erblasser im 1. gemeinschaftlichen Testament nicht entgegensteht. Folglich war die Tochter, die nach dem Tod der Mutter Pflichtteilsansprüche geltend machte, durch die nachträgliche Verfügung des Vaters wirksam enterbt. Der 2. Tochter war somit der beantragten Alleinerbschein zu erteilen.

(Pflichtteilsstrafklausel einseitig verfügbar)

Tenor:

1) Die Beschwerde wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2) Der Antrag der Beteiligten zu 2. auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins für sie und die Beteiligte zu 1. wird zurückgewiesen.
3) Der Geschäftswert wird auf 100.000,– € festgesetzt.

(Pflichtteilsstrafklausel einseitig verfügbar)

Entscheidungsgründe:

I. Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die beiden einzigen Kinder des Erblassers und seiner vorverstorbenen Ehefrau. Diese hatten am 15. Dezember 1979 gemeinsam ein handschriftliches Testament verfasst, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt hatten. Ferner hatten sie bestimmt, dass der gesamte gemeinsame Nachlass nach dem Tode des Letztversterbenden zu gleichen Teilen den Beteiligten zu 1. und 2. zukommen sollte. Diese letztwillige Verfügung ergänzten sie in einem weiteren handschriftlichen Testament vom 27. April 1999 wie folgt:„Bedingte Ergänzungsverfügung bei Inanspruchnahme des ‚Eröffnungsrechts‘ aus § 2273 I BGBAusgehend von unserem Recht, für die Abfassung unseres letzten Willens grundsätzliche Testierfreiheit – basierend auf § 133 BGB – zu haben, nehmen wir gemeinsam und wechselbezüglich, bedingt aus unserem beiderseitigen, grundsätzlich geschützten Geheimhaltungsinteresse, das Recht aus § 2273 I BGB in Anspruch, die nachstehende Ergänzungsverfügung von Todes wegen potentiell erst dann zur Verkündung kommen zu lassen, wenn die weiter unten aufgeführte Bedingung, durch Einreichung einer Pflichtteil-Anfechtungserklärung beim Nachlassgericht, wirksam geworden ist. Diese soll dann über nachstehende Ergänzungsverfügung als eine Verwirkungsklausel gegenüber diesem Erben i. S. einer auflösenden Bedingung (§ 2075 BGB) in Kraft treten und insoweit gemäß § 2258 BGB bedingt als ‚Widerruf durch späteres Testament‘, bezüglich unseres gemeinschaftlichen Testaments vom 15. Dezember 1979 wirken.
 
Bedingte Ergänzungsverfügung: Sollte einer unserer Abkömmlinge bei Tode des Zuerstversterbenden von uns den Pflichtteil geltend machen, die in unserem gemeinschaftlichen Testament vom 15. Dezember 1979 getroffene Verfügung von Todes wegen anfechten oder sich der Durchführung widersetzen, so gilt als von uns gemeinsam und wechselbezüglich verfügt, dass der Überlebende berechtigt ist, ihn und seine Kinder von der Erbfolge nach ihm (dem Überlebenden) auszuschließen und ihn und seine Kinder auf den Pflichtteil zu setzen.
 
 
Bedingung: Das jetzt und hoffentlich auch zukünftig bestehende gute Geschwisterverhältnis unserer als Schlusserben hälftig bedachten Töchter, darf nicht dadurch in ihrem Frieden gestört werden, dass unsere vorstehende Ergänzungsverfügung vorzeitig bekannt wird, d.h. dass sie vor Einreichung einer Anfechtungserklärung beim Nachlassgericht gegenüber den Schlusserben zur Verkündung kommt. […].
 
 
Beweggründe: Bei der Abfassung dieser Ergänzungsverfügung waren wir uns darüber im Klaren, dass sie nur unter extremen Umständen zur Geltung kommen könnte. Wir wissen, dass unsere Töchter aus unserem gegenseitigen Treueverhältnis heraus unser Testament vom 15. Dezember 1979 anerkennen und es in dieser Form akzeptieren. Nur für den Extremfall, dass sie unter repressiven Einfluss und Druck geraten, dabei diesem Druck erliegen, soll diese Ergänzungsverfügung vom 27. April 1999 zur Anwendung kommen.“
 
 
Nachdem die Ehefrau des Erblassers am 8. Dezember 2009 verstorben war, setzte dieser am 5. Dezember 2010 erneut ein handschriftliches Testament auf, in dem er auf das gemeinschaftliche Testament vom 15. Dezember 1979 sowie die dazu ergangene Ergänzung vom 27. April 1999 Bezug nahm und u.a. wörtlich ausführte:
 
 
„Dabei haben wir uns vorbehalten, die Erbfolge anders zu regeln, falls eine unserer Töchter nach dem Ableben des Erstversterbenden von uns den Pflichtteilsanspruch hinter diesem geltend macht. Von diesem Abänderungsrecht mache ich heute vorsorglich wie folgt Gebrauch:
 
 
Sollte eine unserer Töchter mir gegenüber als dem testamentarischen Alleinerben meiner verstorbenen Ehefrau den Pflichtteilsanspruch hinter meiner Ehefrau geltend machen, soll sie und sollen ihre eventuellen Abkömmlinge – auch von der Erbfolge hinter mir ausgeschlossen sein.“
 
 
Das Nachlassgericht eröffnete nach dem Tode der Ehefrau des Erblassers zwar das gemeinschaftliche Testament vom 15. Dezember 1979, nicht jedoch auch die ergänzende Verfügung vom 27. April 1999, von der die Beteiligten zu 1. und 2. daher nichts erfuhren. In Unkenntnis der gemeinschaftlich verfassten Testamentsergänzung vom 27. April 1999 und der letztwilligen Verfügung des Erblassers vom 5. Dezember 2010 forderte die Beteiligte zu 2. Anfang des Jahres 2013 den Pflichtteil nach ihrer verstorbenen Mutter, auf den ihr der Erblasser einen Teilbetrag in Höhe von 25.000,– € auszahlte.
 
 
Nach dem Tode des Erblassers beantragte die Beteiligte zu 1. unter Berufung auf die Pflichtteilsklausel im ergänzenden Testament vom 27. April 1999 beim Nachlassgericht einen Alleinerbschein. Diesem Antrag trat die Beteiligte zu 2. mit der Begründung entgegen, das ergänzende Testament sei insgesamt unwirksam, da darin die unzulässige Anweisung enthalten gewesen sei, die Pflichtteilsklausel nach dem Tode des Erstversterbenden nicht zu eröffnen. Diese Bestimmung stelle zudem eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung dar. Hilfsweise erklärte die Beteiligte zu 2. die Anfechtung der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen nach dem Tode ihrer Mutter. Gestützt auf diese Argumentation beantragte die Beteiligte zu 2. schließlich ihrerseits die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins für sich und die Beteiligte zu 1.
 
 
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 7. Dezember 2014 die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 1. erforderlich sind, für festgestellt erachtet und die Erteilung des beantragten Alleinerbscheins bewilligt. Zugleich hat das Nachlassgericht die sofortige Wirksamkeit dieses Beschlusses bis zum Eintritt der Rechtskraft ausgesetzt.
 
 
Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 2. mit ihrer Beschwerde, mit der sie an ihrer Auffassung festhält, dass die ergänzenden Testamentsbestimmungen vom 27. April 1999 und die letztwillige Verfügung des Erblassers vom 5. Dezember 2010 unwirksam seien. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
 
 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
 
 
II. Die am 17. Dezember 2014 beim Amtsgericht in Langenfeld eingegangene und formgerecht eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 2. gegen den ihr und ihren Verfahrensbevollmächtigten am 11. Dezember 2014 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts Langenfeld vom 7. Dezember 2014 ist gemäß § 2361 BGB, §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 352 Abs. 1 Satz 1 FamFG in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 29. Juni 2015 (BGBl. I, S. 1042) am 17. August 2015 (vgl. Art. 22 des Gesetzes) gültigen Fassung statthaft und nach Maßgabe der §§ 61 Abs. 1, 63 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG a.F. auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
 
 
1. Das Amtsgericht hat mit Recht festgestellt, dass die Voraussetzungen für die von der Beteiligten zu 1. beantragte Erteilung eines Alleinerbscheins vorliegen. Diese Feststellung trifft das Nachlassgericht gemäß §§ 2359 BGB a.F., 352 Abs. 1 FamFG a.F., wenn es davon überzeugt ist, dass die in dem beantragten Erbschein zu bescheinigende Erbfolge tatsächlich eingetreten ist. Das ist hier der Fall.
 
 
Zwar waren die Beteiligten zu 1. und 2. aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments vom 15. Dezember 1979 ursprünglich je zur Hälfte als Schlusserbinnen nach dem Erblasser als dem zuletzt verstorbenen Ehegatten eingesetzt. Der Erblasser hat durch seine letztwillige Verfügung vom 5. Dezember 2010 jedoch wirksam die Enterbung der Beteiligten zu 2. herbeigeführt, so dass die Beteiligte zu 1. Alleinerbin geworden ist.
 
 
a. Der Erblasser hat in seinem handschriftlichen Testament vom 5. Dezember 2010 verfügt, dass diejenige seiner beiden Töchter, die von ihm den Pflichtteil nach seiner vorverstorbenen Ehefrau einfordert, auch nach seinem Ableben lediglich den Pflichtteil erhalten solle. Mit dieser Testamentsbestimmung hat er die Absicht verfolgt, die unerwünschte Pflichtteilsforderung beim ersten Erbfall zu sanktionieren, um auf diese Weise sicherzustellen, dass nicht eine seiner beiden als Schlusserbinnen eingesetzten Töchter bei der Verteilung des elterlichen Gesamterbes bevorzugt wird (vgl. BayObLG NJW-RR 1990, 969; BayObLG FamRZ 1995, 1447; Palandt-Weidlich, Bürgerliches Gesetzbuch, 74. Auflage 2015, § 2269 BGB Rn. 13 m.w.N.). Die rechtliche Wirksamkeit seiner solchen Verwirkungsklauseln wird nach – soweit ersichtlich – einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur innerhalb der durch die Vorschriften der §§ 134, 138 BGB gezogenen Grenzen nicht in Zweifel gezogen (vgl. nur Senat FamRZ 2011, 1175 m.w.N.).
 
 
b. Der Verwirkungsklausel im handschriftlichen Testament vom 5. Dezember 2010 stand auch nicht die Vorschrift des § 2271 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB entgegen, wonach der überlebende Ehegatte nach dem Tode des anderen Ehegatten am Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen durch einseitige testamentarische Bestimmungen gehindert ist. Zwar hatten sich die Ehegatten vorliegend im Wege ihres gemeinschaftlichen Testaments vom 15. Dezember 1979 gegenseitig zu Alleinerben und ihre beiden Töchter zu gleichen Teilen als Schlusserbinnen nach dem Letztversterbenden eingesetzt. Auch ist gemäß § 2270 Abs. 2 BGB mangels anderweitiger Anhaltspunkte anzunehmen, dass diese Verfügungen wechselbezüglich im Sinne des §§ 2270 Abs. 1 BGB sein sollten. Gleichwohl stand das Testament vom 15. Dezember 1979 der Verwirkungsklausel in der letztwilligen Verfügung des Erblassers vom 5. Dezember 2010 nicht entgegen, da die Ehegatten schon in Gestalt des Testaments vom 27. April 1999 wirksam eine gemeinschaftliche Ergänzung ihres ursprünglichen letzten Willens vorgenommen hatten, die den Erblasser unter bestimmten Voraussetzungen zur einseitigen Bestimmung einer Verwirkungsklausel ermächtigte.
 
 
aa. Im Testament vom 27. April 1999 haben der Erblasser und seine vorverstorbene Ehefrau ihren gemeinschaftlichen letzten Willen vom 15. Dezember 1979 dahingehend ergänzt, dass sie dem länger lebenden Ehegatten die Möglichkeit vorbehalten haben, diejenige ihrer beiden Töchter, die nach dem Tode des Erstversterbenden den Pflichtteil einfordert, entgegen der ursprünglich verfügten Schlusserbeneinsetzung auch von der Erbfolge nach dem Überlebenden auszuschließen. Diese „fakultative Pflichtteilsklausel“ ist anders, als die Beschwerdeführerin meint, wirksam getroffen worden.
 
 
(1) Bestimmungen in einem gemeinschaftlichen Testament, die den überlebenden Ehegatten für die Zeit nach dem Eintritt des ersten Erbfalls zu einer einseitigen Abänderung wechselbezüglicher Verfügungen ermächtigen, sind rechtlich grundsätzlich unbedenklich (vgl. Staudinger-Kanzleiter, Bürgerliches Gesetzbuch, Neubearbeitung 2014, § 2271 BGB Rn. 22 m.w.N.; Palandt-Weidlich, a.a.O., § 2271 BGB Rn. 20). Denn da es den Ehegatten freisteht zu bestimmen, ob und inwieweit ihre letztwilligen Anordnungen wechselbezüglich sein sollen, können sie in dem gemeinschaftlichen Testament einander auch das Recht einräumen, eigene wechselbezügliche Verfügungen nach dem Tode des anderen Ehegatten einseitig aufzuheben oder zu ändern, ohne dass sie damit aufhören würden, wechselbezügliche Verfügungen zu sein (vgl. OLG Zweibrücken NJW-RR 1992, 587, 588; OLG Hamm NJW-RR 1995, 777; Staudinger-Kanzleiter, a.a.O.,§ 2271 Rn. 56 m.w.N.).
 
 
(2) Der Wirksamkeit dieser ergänzenden Verfügung stand die Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments vom 15. Dezember 1979 nicht entgegen. Denn Eheleute können wechselbezügliche Verfügungen dann, wenn sie sich einig sind und gemeinsam handeln, in derselben Form widerrufen oder abändern, in der sie das ursprüngliche gemeinschaftliche Testament abgefasst haben (vgl. Staudinger-Kanzleiter, a.a.O., § 2271 BGB Rn. 7 und Rn. 18). Das ist hier der Fall, da es sich bei der Testamentsergänzung vom 27. April 1999 in gleicher Weise um ein gemeinschaftliches eigenhändiges Testament im Sinne der §§ 2267, 2247 BGB handelt wie bei der ursprünglichen letztwilligen Verfügung vom 15. Dezember 1979.
 
 
(3) Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung ist die im gemeinschaftliche Ergänzungstestament vom 27. April 1999 enthaltene fakultative Pflichtteilsklausel auch nicht gemäß §§ 134, 139 BGB wegen eines Gesetzesverstoßes nichtig, weil sie mit einer unzulässigen Geheimhaltungsklausel verknüpft worden ist.
 
 
(a) Zwar trifft es zu, dass die Anordnung der Eheleute im gemeinschaftlichen Testament vom 27. April 1999, die fakultative Pflichtteilsklausel erst dann bekanntzugeben, wenn nach dem Tode des Erstversterbenden tatsächlich ein Abkömmling den Pflichtteil geltend machen sollte, gemäß § 2263 BGB nichtig ist. Zudem vermag auch die Vorschrift des § 2273 Abs. 1 BGB a.F., auf die sich der Erblasser und seine vorverstorbene Ehefrau in ihrer Ergänzungsverfügung vom 27. April 1999 zur Rechtfertigung des von ihnen darin verfügten Eröffnungsverbots ausdrücklich berufen haben, an dieser Nichtigkeitsfolge nichts zu ändern, da die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt waren. Gemäß § 2273 Abs. 1 BGB a.F. waren bei der Eröffnung eines gemeinschaftlichen Testaments Verfügungen des überlebenden Ehegatten insoweit, als sie sich von den wechselbezüglichen Verfügungen des gemeinschaftlichen Testaments trennen ließen, nicht zu eröffnen oder auf sonstige Weise zur Kenntnis der Beteiligten zu bringen. Das war bei dem in der Ergänzungsverfügung vom 27. April 1999 niedergelegten Eröffnungsverbot indessen schon deshalb nicht der Fall, weil es sich dabei nicht um eine letztwillige Verfügung allein des überlebenden Ehegatten, sondern um eine gemeinschaftliche Anordnung des Erblassers und seiner vorverstorbenen Ehefrau handelte.
 
 
(b) Die sonach auch durch die Inbezugnahme des § 2273 Abs. 1 BGB a.F. nicht zu vermeidende Nichtigkeit der Geheimhaltungsbestimmung im ergänzenden Testament vom 27. April 1999 hat jedoch gemäß § 2085 BGB die Wirksamkeit der darin enthaltenen übrigen Anordnungen entgegen § 139 BGB unberührt gelassen. Denn es ist nicht anzunehmen, dass die Ehegatten die fakultative Pflichtteilsklausel ohne wirksame Geheimhaltungsverfügung nicht getroffen hätten. Zwar ist der Beteiligten zu 2. zuzugeben, dass die Verknüpfung der fakultativen Pflichtteilsklausel mit einem Eröffnungsverbot – wie auch die Beteiligte zu 1. ausgeführt hat – ersichtlich dazu diente, das Wohlverhalten der beiden Töchter gegenüber dem überlebenden Ehegatten „auf den Prüfstand zu stellen“. Richtig ist auch, dass dieses Ziel aus Sicht des Erblassers und seiner vorverstorbenen Ehefrau mit einer fakultativen Pflichtteilsklausel nur dann zu erreichen gewesen sein mag, wenn diese Klausel zugleich mit einem Eröffnungsverbot verbunden war. Hierin erschöpfte sich der Sinn der fakultativen Pflichtteilsklausel im Testament vom 27. April 1999 indessen nicht. Denn da es an jeglichem Anhaltspunkt dafür fehlt, dass der Erblasser und seine vorverstorbene Ehefrau auf die Gleichbehandlung ihrer Töchter bei der Verteilung des Gesamtnachlasses keinen Wert gelegt haben, verfolgte die Pflichtteilsklausel im Testament vom 27. April 1999 zumindest auch dieses Ziel. Dessen Verwirklichung hing jedoch keineswegs von der zugleich verfügten Geheimhaltungsklausel ab, sondern war gänzlich unabhängig davon zu erreichen. Dann aber kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Erblasser und seine vorverstorbene Ehefrau im gemeinschaftlichen Testament vom 27. April 1999 auf die Pflichtteilsklausel verzichtet hätten, wenn sie die Unwirksamkeit des von ihnen verfügten Eröffnungsverbotes gekannt hätten.
 
 
(4) Der Wirksamkeit der fakultativen Pflichtteilsklausel steht darüber hinaus auch nicht entgegen, dass es das Nachlassgericht nach dem Tode der Ehefrau des Erblassers entgegen § 348 Abs. 1 FamFG versäumt hat, das gemeinschaftliche Testament vom 27. April 1999 zu eröffnen. Zwar tritt eine letztwillige Verfügung mit ihrer Eröffnung an einem datumsmäßig genau feststellbaren Tag ins Rechtsleben, woran bestimmte Rechtsfolgen wie beispielsweise der Lauf der Ausschlagungsfrist (§ 1944 Abs. 2 Satz 2 BGB) geknüpft sein können (vgl. Keidel-Zimmermann, FamFG, 17. Auflage 2011, § 348 FamFG Rn. 37). Gleichwohl ist die Eröffnung anders, als die Beteiligte zu 2. im Schriftsatz vom 31. Januar 2014 anzudeuten scheint, keine Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Testaments. Vielmehr erfolgt die Eröffnung gerade ohne Rücksicht auf die Gültigkeit einer letztwilligen Verfügung, die daher unabhängig von dem Verfahren gemäß §§ 348 ff. FamFG zu beurteilen ist (vgl. Palandt-Weidlich, a.a.O., § 2263 BGB Rn. 1).
 
 
(5) Das ergänzende Testament vom 27. April 1999 ist fernerhin auch nicht wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Die fakultative Pflichtteilsklausel als solche ist unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden. Die Schranke des § 138 Abs. 1 BGB kann eine erbrechtliche Zurücksetzung nächster Angehöriger nur in besonders schweren Ausnahmefälle abwehren (vgl. BGHZ 111, 36, 40). Für die Bejahung der Sittenwidrigkeit einer letztwilligen Verfügung wäre es zudem erforderlich, dass dadurch eine unredliche, also verwerfliche Gesinnung des Erblassers zum Ausdruck käme (vgl. BayObLG NJW-RR 1994, 54 m.w.N.). Das ist hier ersichtlich nicht der Fall. Die fakultative Pflichtteilsklausel hatte vorliegend zum Ziel, die unerwünschte Pflichtteilsforderung beim ersten Erbfall zu sanktionieren, um auf diese Weise die Gleichbehandlung beider Töchter bei der schlussendlichen Verteilung des Gesamterbes sicherzustellen. Dabei handelt es sich aber um ein Motiv, das in keiner Weise eine verwerfliche Gesinnung erkennen lässt. Anders mögen die Dinge unter Umständen liegen, wenn sich eine Pflichtteilsstrafklausel nur gegen einzelne von mehreren Abkömmlingen richtet. Das ist vorliegend indessen aufgrund der offenen Formulierung im Testament vom 27. April 1999, die die unterschiedslose Anwendbarkeit auf beide Töchter garantiert, auszuschließen.
 
 
Anders als die Beteiligte zu 2. meint, ergibt sich auch aus dem Zusammenwirken der fakultativen Pflichtteilsklausel mit dem gleichzeitig verfügten Eröffnungsverbot keine Sittenwidrigkeit der letztwilligen Verfügung vom 27. April 1999. Dieses Zusammenwirken diente keineswegs der vorsätzlichen Schädigung nur eines Abkömmlings. Denn zum einen handelte es sich bei der im Testament vom 27. April 1999 getroffenen Pflichtteilsregelung lediglich um eine fakultative Klausel, die den länger lebenden Ehegatten zwar einerseits dazu ermächtigte, die Schlusserbeneinsetzung der ihren Pflichtteil nach dem Erstversterbenden einfordernden Tochter zu ändern, ihm jedoch andererseits zugleich die Möglichkeit beließ, von dieser Sanktionierung abzusehen, so dass die durch eine Enterbung etwaig eintretenden Nachteile letztlich nicht auf die Pflichtteilsklausel im Testament vom 27. April 1999, sondern lediglich auf den nachfolgenden einseitigen Willen des überlebenden Ehegatten zurückgeführt werden können. Zum anderen hing selbst die Möglichkeit der Enterbung durch den länger lebenden Ehegatten ausschließlich von der bewussten Entscheidung der Abkömmlinge ab, nach dem Tode des zuerst versterbenden Elternteils den Pflichtteil zu fordern. Diese Entscheidung konnten der Erblasser und seine vorverstorbene Ehefrau bei Abfassung des ergänzenden Testaments vom 27. April 1999 aber weder vorhersehen noch gar beeinflussen. Die Beteiligte zu 2. ist durch die Kombination des Eröffnungsverbots mit der fakultativen Pflichtteilsklausel auch keineswegs dazu getrieben worden, den Pflichtteil nach dem Tode ihrer Mutter einzufordern. Vielmehr hat es ihr völlig freigestanden, ebenso wie ihre Schwester von dieser Forderung abzusehen und den im gemeinschaftlichen Testament vom 15. Dezember 1979 zum Ausdruck gekommenen Willen ihrer Eltern, dass dem überlebenden Ehegatten der gesamte Nachlass des zuerst verstorbenen Partners zunächst alleine zukommen sollte, zu respektieren.
 
 
bb. Allerdings war die Ermächtigung des Erblassers zur Abänderung der Schlusserbeneinsetzung von der Voraussetzung abhängig, dass (zumindest) eine seiner beiden Töchter nach dem Tode ihrer Mutter tatsächlich den Pflichtteil bereits eingefordert hatte. Erst mit Eintritt dieser aufschiebenden Bedingung sollte der Erblasser zur einseitigen Abänderung der testamentarischen Bestimmungen vom 15. Dezember 1979 berechtigt sein. Diese Voraussetzung lag zwar zur Zeit der Abfassung des Testaments vom 5. Dezember 2010 noch nicht vor, da die Beteiligte zu 2. ihren Pflichtteil erst zu Beginn des Jahres 2013 eingefordert hat. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist die letztwillige Verfügung des Erblassers vom 5. Dezember 2010 dann jedoch wirksam geworden, weil die aufschiebende Bedingung im gemeinschaftlichen Ergänzungstestament vom 27. April 1999 eingetreten ist.
 
 
Dieser Bedingungseintritt gilt auch nicht gemäß § 162 Abs. 2 BGB deshalb als nicht erfolgt, weil er in unzulässiger Weise herbeigeführt worden ist. So hat die Beteiligte zu 2. In diesem Zusammenhang zwar ursprünglich die Mutmaßung angestellt, die Eröffnung des gemeinschaftlichen Testaments vom 27. April 1999 könnte nach dem Tode ihrer Mutter deshalb unterblieben sein, weil es entgegen § 2259 Abs. 1 BGB nicht an das Nachlassgericht abgeliefert worden war. Diese Vermutung hat sich indessen im Verlauf des vorliegenden Erbscheinsverfahrens als unzutreffend herausgestellt, da das Testament den Entwurf eines vom 8. Februar 2011 datierenden Eröffnungsvermerks der zuständigen Rechtspflegerin aufweist und dem Nachlassgericht daher bereits zu diesem Zeitpunkt vorgelegen haben muss. Eine unzulässige Einwirkung auf den Bedingungseintritt ist daher nicht festzustellen.
 
 
c. War der Erblasser nach alledem nicht daran gehindert, das gemeinschaftliche Testament vom 15. Dezember 1979 hinsichtlich der Schlusserbeneinsetzung einseitig durch Anordnung einer Verwirkungsklausel abzuändern, so sind auch die Voraussetzungen eingetreten, unter denen nach dieser Klausel die Enterbung erfolgen konnte. Der Erblasser hat im Testament vom 5. Dezember 2010 verfügt, dass diejenige Tochter, die nach dem Tode seiner Ehefrau ihren Pflichtteil von ihm forderte, auch von der Erbfolge hinter ihm ausgeschlossen sein sollte. Er hat daher auf der Grundlage der Ermächtigung in der letztwilligen Verfügung vom 27. April 1999 das gemeinschaftliche Testament vom 15. Dezember 1979 dahingehend abgeändert, dass er die Einsetzung der beiden Töchter zu Schlusserbinnen nachträglich unter die auflösende Bedingung des Pflichtteilsverlangens gestellt hat (§ 2075 BGB; vgl. Senat, a.a.O.; Palandt-Weidlich, a.a.O., § 2269 Rn. 15 m.w.N.). Diese Bedingung ist tatbestandlich eingetreten, als die Beteiligte zu 2. zu Beginn des Jahres 2013 ihren Pflichtteil vom Erblasser eingefordert hat.
 
 
Zu Recht hat die Beteiligte zu 1. darauf hingewiesen, dass dieser Umstand für den Eintritt der auflösenden Bedingung ausreichte. Zwar wird eine Verwirkungsklausel gemeinhin dahingehend ausgelegt, dass die objektive Tatbestandsverwirklichung für den Bedingungseintritt allein nicht ausreicht. Gefordert wird wegen des Strafcharakters einer Pflichtteilsklausel vielmehr zusätzlich das subjektive Element des bewussten Ungehorsams gegen den in eindeutigen und wirksamen Anordnungen zum Ausdruck gebrachten Willen des Erblassers (vgl. Palandt-Weidlich, a.a.O., § 2075 BGB Rn. 9 m.w.N.). Von diesem Ungehorsam soll nur dann ausgegangen werden können, wenn der betroffene Pflichtteilsberechtigte bewusst in Kenntnis der Verwirkungsklausel seinen Pflichtteil einfordert (vgl. BayObLG NJW-RR 1990, 969; BayObLG FamRZ 2004, 1672).
 
 
Bei dieser Forderung handelt es sich indessen lediglich um eine Auslegungsregel, die nur im Zweifel zur Anwendung kommt. Selbstverständlich kann eine Verwirkungsklausel daher auch dahingehend ausgelegt werden, dass es nur auf die objektive Verwirklichung ihrer Voraussetzungen ankommt (vgl. Staudinger-Kanzleiter, a.a.O., § 2269 BGB Rn. 58b). So liegen die Dinge hier, da die Kenntnis der Pflichtteilsberechtigten von der Verwirkungsklausel nach dem Willen des Erblassers gerade keine Voraussetzung für den Bedingungseintritt sein sollte. Denn die Verwirkungsklausel in der letztwilligen Verfügung vom 5. Dezember 2010 beruht auf dem Änderungsvorbehalt im gemeinschaftlichen Testament vom 27. April 1999, dem aufgrund der Kombination der Berechtigung des Erblassers, einen Abkömmling von der Erbfolge auszuschließen, mit einem Eröffnungsverbot eindeutig der Wille des Erblassers und seiner vorverstorbenen Ehefrau zu entnehmen ist, dass ihre beiden Töchter von der Möglichkeit einer Enterbung im Falle einer Pflichtteilsforderung nach dem Tode des Erstversterbenden nichts erfuhren. Dafür, dass sich beim Erblasser hieran etwas geändert haben könnte, als er die Verwirkungsklausel im Testament vom 5. Dezember 2010 angeordnet hat, fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt. Vielmehr spricht die ausdrückliche Bezugnahme auf das gemeinschaftliche Testament vom 27. April 1999 eindeutig dafür, dass der Erblasser an den darin getroffenen Anordnungen unverändert festhalten wollte. Der Umstand, dass die Beteiligte zu 2. die Verwirkungsklausel nicht kannte, als sie ihren Pflichtteil vom Erblasser forderte, vermag daher entgegen der von ihr geäußerten Ansicht an den Rechtsfolgen dieser Klausel nichts zu ändern.
 
 
d. Dem Eintritt der auflösenden Bedingung in Bezug auf die Schlusserbenstellung der Beteiligten zu 2. steht schließlich auch nicht entgegen, dass sie die Geltendmachung ihrer Pflichtteilsansprüche wegen Irrtums angefochten hat. Diese Anfechtungserklärung hat nicht zur Folge, dass die Geltendmachung der Pflichtteilsansprüche gemäß § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen ist. Insoweit bedarf es keiner Entscheidung, ob eine solche Anfechtung grundsätzlich überhaupt möglich ist. Denn selbst wenn dies zu bejahen wäre, fehlte es vorliegend an einem Anfechtungsgrund.
 
 
In Ermangelung erbrechtlicher Spezialvorschriften wäre eine Anfechtung der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen – wenn überhaupt – allenfalls nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 119 ff. BGB möglich. Insoweit hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, sie fechte die Geltendmachung ihrer Pflichtteilsansprüche wegen Irrtums an, weil sie von dem Änderungsvorbehalt im gemeinschaftlichen Testament vom 27. April 1999 nichts gewusst habe. In Betracht kommt danach allein ein Inhaltsirrtum im Sinne des § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB, da ein solcher Irrtum grundsätzlich auch darin gesehen werden kann, dass der Erklärende über Rechtsfolgen seiner Willenserklärung irrt, weil das Rechtsgeschäft nicht nur die von ihm erstrebten Rechtswirkungen erzeugt, sondern auch solche, die sich davon unterscheiden (vgl. BGH NJW 2006, 3353). Ob diese Voraussetzungen vorliegen oder ob nicht vielmehr – wie das Amtsgericht meint – ein unbeachtlicher Motivirrtum anzunehmen ist, weil die Enterbung lediglich eine nicht erkannte zusätzliche und mittelbare Rechtswirkung darstellte, die zu der gewollten Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen hinzugetreten ist, bedarf letztlich keiner Entscheidung. Denn ein Anfechtungsrecht stand der Beschwerdeführerin auch dann nicht zu, wenn sie sich in grundsätzlich beachtlicher Weise geirrt hat, da es dann jedenfalls an der erforderlichen Kausalität dieses Irrtums für die Geltendmachung ihrer Pflichtteilsansprüche fehlt.
 
 
Der Rechtsfolgenirrtum der Beschwerdeführerin bestand nach ihrem Vortrag darin, dass sie aufgrund ihrer Unkenntnis von der Pflichtteilsstrafklausel im Testament vom 27. April 1999 bei der Geltendmachung ihrer Pflichtteilsansprüche die Vorstellung hatte, dass dadurch ihre Stellung als Schlusserbin nicht berührt würde. Diese Fehlvorstellung beruhte indessen nicht auf der Unkenntnis des gemeinschaftlichen Testaments vom 27. April 1999. Denn in diesem Testament haben die Eltern der Beschwerdeführerin keineswegs eine automatische, sondern lediglich eine fakultative Pflichtteilsstrafklausel festgelegt, die dadurch gekennzeichnet war, dass sie dem länger lebenden Ehegatten auch die Option beließ, unter Umständen von einer Änderung der Schlusserbenbestimmung abzusehen, obgleich die Bedingung der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs durch eine ihrer Töchter eingetreten war. Der Erblasser hatte daher grundsätzlich auch die Möglichkeit, von einer Enterbung der ihren Pflichtteilsanspruch einfordernden Schlusserbin abzusehen. War es daher nicht das Testament vom 27. April 1999, das zum Verlust der Stellung als Schlusserbin führte, so kann der Irrtum der Beschwerdeführerin über die mit der Geltendmachung des Pflichtteils verbundenen Folgen auch nicht auf ihrer Unkenntnis vom Inhalt dieses Testaments beruht haben. Dass sie darüber hinaus jedoch auch schon dann darauf verzichtet hätte, den Pflichtteil nach ihrer verstorbenen Mutter geltend zu machen, wenn ihr allein die bloße Option des Erblassers, sie aufgrund der Geltendmachung ihrer Pflichtteilsansprüche möglicherweise von der Erbfolge auszuschließen, bekannt gewesen wäre, hat die Beteiligte zu 2. nicht behauptet.
 
 
Soweit schließlich der Verlust der Stellung der Beteiligten zu 2. als Schlusserbin deshalb eingetreten ist, weil der Erblasser zur Zeit der Geltendmachung des Pflichtteils die Enterbung derjenigen Tochter, die ihren Pflichtteil einfordern würde, bereits aufschiebend bedingt im Testament vom 5. Dezember 2010 festgelegt hatte, war auch die Unkenntnis von dieser Anordnung nicht kausal dafür, dass die Beteiligte zu 2. den Pflichtteil nach ihrer verstorbenen Mutter gegenüber dem Erblasser eingefordert hat. Denn bei dem Testament vom 5. Dezember 2010 handelte es sich im Gegensatz zu demjenigen vom 27. April 1999 nicht um einen gemeinschaftlichen letzten Willen des Erblassers und seiner vorverstorbenen Ehefrau, sondern um ein alleiniges Testament des Erblassers, von dem die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Geltendmachung ihrer Pflichtteilsansprüche gegenüber ihrem Vater ohnehin noch keine Kenntnis hätte haben können, da es erst nach dessen Ableben eröffnet wurde. Überdies war das Testament vom 5. Dezember 2010 bis zum Tode des Erblassers frei widerruflich, da es von der Bindungswirkung des § 2271 BGB nicht erfasst wurde. Damit stand aber im allein maßgeblichen Zeitpunkt der Geltendmachung der Pflichtteilsansprüche noch gar nicht endgültig fest, dass dies zugleich mit dem Verlust der Schlusserbenstellung verbunden sein würde.
 
 
2.Steht damit fest, dass die Beschwerdeführerin ihre Stellung als Schlusserbin verloren hat, weil sie aufgrund der Pflichtteilsstrafklausel im Testament vom 5. Dezember 2010 zugleich mit der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen nach ihrer verstorbenen Mutter auch von der Erbfolge nach dem Erblasser ausgeschlossen worden ist, so ist auch ihr Antrag auf Erteilung eines gemeinschaftlich Erbscheins für sie und die Beteiligte zu 1. unbegründet. Da es das Nachlassgericht unterlassen hat, förmlich über diesen Antrag zu entscheiden, war dies nunmehr gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 FamFG im Beschwerdeverfahren nachzuholen, da das Amtsgericht die fehlende Begründetheit des von der Beteiligten zu 2. gestellten Erbscheinsantrages der Sache nach bereits festgestellt hat.
 
 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
 
 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 FamFG liegen nicht vor.
 
 
Den Geschäftswert hat der Senat in Ermangelung anderweitiger Anhaltspunkte gemäß §§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1, 59, 61 Abs. 1 Satz 1 GNotKG auf 100.000,– € geschätzt.
(Pflichtteilsstrafklausel einseitig verfügbar)