Die vorliegende Entscheidung bestätigt die bisherige Rechtsprechung, aus der sich ergibt, dass Auskunftsansprüche zum Umfang des Nachlasses zwischen Mitgliedern eine Erbengemeinschaft die Ausnahme sind.
Im vorliegenden Fall verlangten Mitglieder der Erbengemeinschaft gegenüber einem anderen Miterben, der zuvor in Haushaltsgemeinschaft mit dem Erblasser lebte, Auskunft über den Umfang des Nachlasses in Form eines notariellen Nachlassverzeichnisses. Das Gericht geht davon aus, dass die diesbezüglichen Vorschriften zum Pflichtteilsrecht nicht analog auf das Verhältnis der Erben untereinander angewandt werden können. Ein Miterbe kann folglich nicht auf Erteilung eines notariellen Nachlassverzeichnisses von einem anderen Mitglied einer Erbengemeinschaft in Anspruch genommen werden.
Die Entscheidung beschäftigt sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Erbe, der zum Zeitpunkt des Erbfalls minderjährig war, gegen die Eltern hinsichtlich des Erbfalls Auskunftsansprüche geltend machen kann, wenn die Eltern für den minderjährigen Erben den Nachlass verwaltet haben.
Im vorliegenden Fall wurde die minderjährige Erbin von ihrer Mutter beerbt. Der Vater der Erbin übernahm die Verwaltung des Nachlasses. Nachdem die Erbin volljährig geworden war, verschwieg der Vater der Erbin gegenüber das Testament der Mutter. Nach über 20 Jahren erlangte die Erbin vom Inhalt des Testamentes Kenntnis und nahm den Vater durch Erhebung einer Stufenklage auf Auskunft in Anspruch.
Die Entscheidung stellt klar, dass ein minderjähriger Erbe gegenüber seinen Eltern, die den Nachlass verwalten, auch nach über 20 Jahren noch einen Auskunftsanspruch hat, wenn dem Erben das Testament verschwiegen wird. Die Unkenntnis des Erben beruht in diesem Fall nicht auf einem Verschulden des Erben. Die Entscheidung präzisiert weiter die Anforderungen an das von den Erltern zu erstellende Nachlassverzeichnis, wenn diese für ihre Kinder den Nachlass verwalten.
Dem Pflichtteilsberechtigten steht dem Erben gegenüber ein Auskunftsanspruch hinsichtlich des Umfangs des Nachlasses zu, damit der Pflichtteilsberechtigte die Höhe seines Pflichtteilsanspruches berechnen kann.
Im Rahmen dieses Auskunftsanspruches ist der Erbe verpflichtet, dem Pflichtteilsberechtigten ein Nachlassverzeichnis zu erteilen.
Neben diesem Nachlassverzeichnis kann der Pflichtteilsberechtigte vom Erben ein notarielles Nachlassverzeichnis verlangen.
Inhaltlich entspricht das notarielle Nachlassverzeichnis dem einfachen Nachlassverzeichnis, welches der Erbe selbst erstellt. Zum Inhalt des Nachlassverzeichnisses wird daher an dieser Stelle auf die Darstellung des einfachen Nachlassverzeichnisses verwiesen.
Der Pflichtteilsberechtigte kann zur Durchsetzung seines Auskunftsanspruches vom Erben verlangen, dass dieser ein so genanntes notarielles Nachlassverzeichnis vorlegt. Die Errichtung und Beurkundung eines solchen Nachlassverzeichnisses obliegt einem Notar. Der Notar ist vom Erben zu beauftragen.
Die inhaltlichen Anforderungen an ein notarielles Nachlassverzeichnis sind vom Gesetzgeber nicht im Detail geregelt. Die vorliegende Entscheidung konkretisiert diese inhaltlichen Anforderungen an ein notarielles Nachlassverzeichnis und gibt den Umfang der selbstständigen Ermittlungen des Notars vor, die dieser im Rahmen der Errichtung und Beurkundung des notariellen Nachlassverzeichnisses vornehmen muss.
Weiter beschäftigt sich die Entscheidung mit der Frage, ob der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch auf Erteilung eines notariellen Nachlassverzeichnisses auch dann im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen kann, wenn der Erbe einen Notar bereits beauftragt hat, der Notar die Beurkundung zeitnah aber nicht vornimmt.
Diesbezüglich ergibt sich aus dem Urteil, dass der Erbe verpflichtet ist, entsprechende Maßnahmen gegenüber dem Notar zu ergreifen, wenn dieser zeitnah seiner Verpflichtung zur Errichtung des notariellen Nachlassverzeichnisses nicht nachkommt. Insofern hindert die Beauftragung eines Notars den Pflichtteilsberechtigten nicht an der Zwangsvollstreckung zur Durchsetzung seines Anspruches auf Erteilung eines notariellen Nachlassverzeichnisses, wenn der Notar seiner Verpflichtung zur Beurkundung nicht nachkommt und der Erbe keine entsprechende Maßnahmen gegen den Notars ergreift.
Der Pflichtteilsberechtigte hat gegenüber dem Erben einen Anspruch auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses, damit der Pflichtteilsberechtigte in der Lage ist, seinen Pflichtteilsanspruch der Höhe nach zu beziffern.
Der Pflichtteilsberechtigte kann daher vom Erben verlangen, dass ihm ein Nachlassverzeichnis vorgelegt wird, aus dem u.a. alle zum Nachlass gehörenden Vermögensbestandteile und die Verbindlichkeiten mit denen der Nachlass belastet ist hervorgehen. Die Auskunft muss sich auf den Stichtag, das heißt auf den Todestag des Erblassers beziehen. Hinsichtlich des Nachlassverzeichnisses kann der Pflichtteilsberechtigte ein einfaches Nachlassverzeichnis verlangen, welches vom Erbe selbst erstellt wird. Darüber hinaus hat er gegenüber dem Erben ein Anspruch auf Erteilung eines notariellen Nachlassverzeichnisses.
Kommt der Erbe dem Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigte nicht freiwillig nach, kann der Pflichtteilsberechtigte den Erben auf Auskunftserteilung verklagen. Wird der Erbe zur Erteilung der Auskunft verurteilt und kommt der Erbe dem Urteil nicht freiwillig nach, stellt sich die Frage, wie der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch aus dem Urteil auf Auskunfterteilung durchsetzen kann.