Rechtsanwalt Detlev Balg - Köln

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Erbrecht | Vorerbschaft Nacherbschaft Wohnungszuweisung | Die Anordnung einer sogenannten gestreckten Wohnungszuweisung kann als Vor- und Nacherbschaft ausgelegt werden

Die Anordnung einer sogenannten gestreckten Wohnungszuweisung kann als Vor- und Nacherbschaft ausgelegt werden. Im vorliegenden Fall hatten die Erblasser im Rahmen eines Berliner Testamentes angeordnet, dass die den Nachlass bildenden Wohnungen zuerst bestimmten genau zeichneten Personen zugewandt werden und nach deren Tod anderen Personen übereignet werden sollen. Nach dem Tod des letztversterbenden Erblassers beantragte einer der Abkömmlinge einen Erbschein. Dieser Antrag wurde mit Hinweis darauf vom Nachlassgericht abgelehnt, dass in der Verfügung der Erblasser bezüglich der Wohnungen die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft zu sehen ist. Dieser Rechtsauffassung folgte das OLG Schleswig im Beschwerdeverfahren.

Erbrecht | Erbschaftsteuer Räumungskosten | Die Kosten, die den Erben aufgrund der Räumung einer sogenannten Messie-Wohnung entstehen, mindern die Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer nicht

Die Kosten, die den Erben aufgrund der Räumung einer sogenannten Messie-Wohnung entstehen, mindern die Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer nicht. Im vorliegenden Fall mussten die Erben nach dem Erbfall eine zum Nachlass gehörende Wohnung räumen. Es handelte sich um eine sogenannte Messie-Wohnung. Die Kosten der Räumung waren daher erheblich. Die Erben versuchten, im Rahmen des Verfahrens auf Festsetzung der Erbschaftsteuer, diese Kosten von der Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Erbschaftsteuer abzuziehen. Dem folgte das Finanzamt nicht. Das Gericht entsprach der Klage nicht und folgte der Argumentation des Erbschaftfinanzamtes. Da die Kosten der Räumung der Wohnung erst nach dem Erbfall angefallen sind und nicht durch den Erbfall als solchen verursacht wurden, handelt es sich nicht um Nachlassverbindlichkeiten, die vom Wert des Nachlasses bei der Berechnung der Erbschaftsteuer abzuziehen wären. Es handelt sich vielmehr um Kosten der laufenden Verwaltung des Nachlasses nach dem Erbfall.

Erbrecht | Testierunfähigkeit Nachlassgericht Amtsermittlung | Das Nachlassgericht muss im Rahmen der Amtsermittlung allen Beweisangeboten nachgehen, die geeignet sind, die Frage der Testierfähigkeit des Erblassers aufzuklären

Das Nachlassgericht muss im Rahmen der Amtsermittlung allen Beweisangeboten nachgehen, die geeignet sind, die Frage der Testierfähigkeit des Erblassers aufzuklären. Im vorliegenden Fall wurde zur Klärung der Testierfähigkeit des Erblassers im Rahmen des Erbscheinsverfahrens ein Sachverständigengutachten durch das Nachlassgericht eingeholt. Den weitergehenden Beweisanträgen kam das Nachlassgericht nicht nach. Insbesondere wurden die Behandlungsarten nicht beigezogen. Das OLG Karlsruhe kommt zu dem Ergebnis, dass das Nachlassgericht im Rahmen der Amtsermittlung verpflichtet ist, alle Beweismittel auszuschöpfen, die geeignet sind, die Frage der Testierfähigkeit des Erblassers zu klären. Aus diesem Grunde war das Nachlassgericht verpflichtet, die ärztlichen Unterlagen beizuziehen, die Anhaltspunkte über den gesundheitlichen Zustand des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung eines Testamentes enthalten konnten. Die Tatsache, dass das Nachlassgericht sich über die diesbezüglichen Beweisangebote hinweggesetzt hat, führte zu einem erheblichen Verfahrensmangel im Erbscheinsverfahren. Aus diesem Grunde war die Entscheidung des Nachlassgerichtes aufzuheben und über den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins neu zu entscheiden.

Erbrecht | Nachlasspflegschaft Stundensatz | Bei einer Nachlasspflegschaft mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad ist ein Stundensatz von 90 € für den Nachlasspfleger angemessen

Bei einer Nachlasspflegschaft mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad ist ein Stundensatz von 90 € für den Nachlasspfleger angemessen Im vorliegenden Fall wurde ein Nachlasspfleger bestellt, der im Weiteren aufgrund eines von ihm aufgefundenen Testamentes einen Alleinerbin bestimmen konnte. Der Wert des Nachlasses belief sich auf 312.000 € und setzte sich im wesentlichen aus einem Hausgrundstück und mehreren Bankguthaben zusammen. Dem standen lediglich 3000 € an Nachlassverbindlichkeiten entgegen. Der Nachlasspfleger beantragte die Festsetzung eines Stundensatzes von 150 €. Hiergegen wandte sich die Erbin. Das OLG Karlsruhe setzte ein Stundensatz von 90 € als angemessen fest, da es angesichts der geringen Schwierigkeiten bei der Ermittelung des Alleinerben und der Sicherung des Nachlasses von einer Nachlasspflegschaft mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad ausging. Die konkrete Höhe der Vergütung für den Nachlasspfleger ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Sie muss vielmehr von Fall zu Fall individuell ermittelt werden. Dabei richtet sich die Höhe der Vergütung im wesentlichen nach dem Schwierigkeitsgrad der Tätigkeiten, die sich mit der Nachlasspflegschaft verbinden.

Erbrecht | Nachlassverzeichnis Notar Haftung | Der Auskunftsschuldner hat die Untätigkeit des mit der Ausfertigung eines notariellen Nachlassverzeichnisses beauftragten Notars zu vertreten

Der Auskunftsschuldner hat die Untätigkeit des mit der Ausfertigung eines notariellen Nachlassverzeichnisses beauftragten Notars zu vertreten. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war die Festsetzung von Zwangsgeldern gegen einen Auskunftspflichtigen, der im Rahmen einer Stufenklage dazu verurteilt worden war, dem Pflichtteilsberechtigten ein notarielles Nachlassverzeichnis zu erteilen. Die hierfür notwendigen Arbeiten wurden vom beauftragten Notar nicht erbracht. Auf dessen Untätigkeit bezog sich der Auskunftsschuldner. Das Gericht stellte fest, dass der Auskunftsschuldner sich die Untätigkeit des von ihm beauftragten Notars zurechnen lassen muss. Erfüllt der beauftragte Notar den Anspruch des Auskunftsberechtigten daher nicht vollständig, ist die Auskunftserteilung gegen den Auskunftsschuldner im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Der Auskunftsschuldner ist daher gehalten, den Notar durch Ausschöpfung der entsprechenden Rechtsmittel zur vollständigen Erfüllung des erteilten Auftrages anzuhalten.

Erbrecht | Tötungsversuch Patientenverfügung Erbunwürdigkeit | Ein Tötungsversuch ohne entsprechende Patientenverfügung führt zur Erbunwürdigkeit

Der Versuch eines Erben, seinen geschäftsunfähigen Ehegatten zu töten, führt regelmäßig zur Erbunwürdigkeit, wenn: - keine entsprechende Patientenverfügung vorliegt, - die Voraussetzungen der Tötung auf Verlangen nicht gegeben sind, - der Abbruch der medizinischen Behandlung gerichtlich nicht genehmigt wurde. Im vorliegenden Fall war die Erblasserin im Jahr 1997 an Alzheimer erkrankt und befand sich seit dem Jahr 2002 in einem Alten- und Pflegeheim. Angesichts des gesundheitlichen Zustandes seine Ehefrau und der mangelnden Aussicht auf Heilung, entschloss sich der Ehemann und spätere Erbe dazu, die künstliche Ernährung seiner Ehefrau zu unterbrechen. Das Pflegepersonal konnte die künstliche Ernährung im Weiteren wieder sicherstellen. Die Erblasserin verstarb ca. einen Monat später aufgrund einer anderen Ursache. Die Erblasserin hatte den Erben zum Alleinerben bestimmt. Hiergegen wandte sich der Sohn mit dem Antrag, die Erbunwürdigkeit seines Vaters feststellen zu lassen. Dem entsprach der Bundesgerichtshof im Revisionsverfahren dahin gehend, dass er das gegenteilige Urteil der Vorinstanz aufhob und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurück verwies.

Erbrecht | Testamentsvollstrecker Betreuung Sperrvermerk | Auch ein Testamentsvollstrecker, der vom Betreuer bevollmächtigt wird, kann nicht ohne Genehmigung über ein Betreuungskonto verfügen

Hinsichtlich einer Erbengemeinschaft war die Testamentsvollstreckung angeordnet. Ein Mitglied der Erbengemeinschaft stand unter Betreuung. Der Testamentsvollstrecker nahm eine Teilauseinandersetzung der Erbengemeinschaft vor. Im Rahmen dieser Auseinandersetzung wurde für den unter Betreuung stehenden Miterben ein Konto eingerichtet, auf das die Zahlungen im Rahmen der Teilauseinandersetzung erfolgten. Die Betreuerin des Miterben veranlasste, dass das fragliche Konto als Betreuungskonto geführt und mit einem entsprechenden Sperrvermerk gemäß § 1809 BGB versehen wurde. Gleichzeitig erteilte die Betreuerin dem Testamentsvollstrecker die Vollmacht, über das Konto zu verfügen. Dieser nahm ohne die notwendige Genehmigung seitens des Betreuungsgerichts eine Verfügung in Höhe von 50.000 € zu Lasten des Kontos des betreuten Miterben vor. Dieser verlangte im Weiteren von der kontoführenden Bank die Erstattung des Geldbetrages in Höhe von 50.000 €. Der Klage wurde im Berufungsverfahren entsprochen. Aufgrund der Teilauseinandersetzung unterlag der fragliche Geldbetrag nicht mehr der Testamentsvollstreckung. Auf der Grundlage der von der Betreuerin erteilten Vollmacht war der Testamentsvollstrecker nicht berechtigt, über das Konto ohne Genehmigung zu verfügen. Insofern wirkte der Sperrvermerk auch gegen den bevollmächtigten Testamentsvollstrecker. Da die Bank dennoch die Zahlung veranlasste, schuldete sie dem betreuten Miterben Schadenersatz in Höhe von 50.000 €.

Erbrecht | Erbschein Vorerbe Bedingung | Der Eintritt der nichtbefreiten Vorerbschaft bei Begründung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft ist im Erbschein zu vermerken

Im vorliegenden Fall hatte der Erblasser angeordnet, dass aus der befreiten Vorerbschaft eine nicht befreiten Vorerbschaft wird, wenn der Erbe sich wiederverheiratet oder eine eheähnliche Lebensgemeinschaft eingeht. In den später erteilten Erbschein wurde lediglich die Wiederverheiratungsklausel aufgenommen. Der Nacherbe verlangte die Einziehung dieses Erbscheins, da er die Anordnung des Erblassers für den Fall der Begründung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft nicht wiedergab und daher aus Sicht des Nacherben inhaltlich falsch war. Das Gericht gab dem Nacherben Recht und ordnete an, dass im Erbschein zu vermerken ist, dass die nichtbefreiten Vorerbschaft eintritt, wenn der Erbe eine eheähnliche Lebensgemeinschaft begründet.

Erbrecht | Gegenständlich beschränkter Erbschein | Ein gegenständlich beschränkter Erbschein darf nur erteilt werden, soweit auch im Ausland Nachlassvermögen vorhanden ist

Im vorliegenden Fall hatte der Antragsteller und die übrigen Miterben dem Nachlassgericht mitgeteilt, dass kein Nachlassvermögen im Ausland vorhanden ist. Beantragt wurde die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins. Mit Hinweis darauf, dass nie ausgeschlossen werden könne, dass sich im Ausland Nachlassvermögen befindet, erteilte das Nachlassgericht dem Antragsteller einen gegenständlich beschränkten Erbschein, aus dem sich ergab, dass der Erbschein sich ausschließlich auf den inländischen Nachlass bezieht. Hiergegen legte der Antragsteller Beschwerde ein. Das Beschwerdegericht gab dem Antrag statt. Ein gegenständlich beschränkter Erbschein ist nur dann zu erteilen, wenn hierfür ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Dieses Rechtsschutzbedürfnis ist ausgeschlossen, wenn sich weder aus dem Antrag noch aus sonstigen Umständen, die Nachlassgericht bekannt sind, ergibt, dass in den Nachlass Vermögensobjekte fallen, die sich im Ausland befinden. Aus diesem Grunde war der bereits erteilte Erbschein einzuziehen und der beantragte uneingeschränkte gemeinschaftliche Erbschein zu erteilen.

Erbrecht | Behindertentestament Testamentsvollstreckung Betreuervergütung | Auch beim Vorliegen eines Behindertentestamentes sind die Betreuungskosten aus dem Vermögen des Erben zu bestreiten

Die Erbin ist geistig behindert. Die Erblasserin war vor dem Erbfall Betreuerin der Erbin. Bei der Erblasserin handelt es sich um die Mutter der Erbin. Zugunsten der Erbin errichtete die Erblasserin ein klassisches Behindertentestament in dessen Rahmen eine Testamentsvollstreckung angeordnet wurde. Nach dem Tod der Erblasserin musste ein neuer Betreuer bestellt werden. Die sich damit verbindenden Gebühren für den Betreuer wurden der Erbin gegenüber geltend gemacht, die diese Gebühren aus dem geerbten Vermögen erbringen konnte. Die Gebühren wurden vom Betreuungsgericht zu Lasten der Erbin festgesetzt. Die Betreuerin legte gegen die Festsetzung der Betreuungsgebühren zu Lasten der Erbin Beschwerde ein. Die Beschwerde wurde vom Landgericht Köln zurückgewiesen. Nach Ansicht des Landgerichts Köln steht die Errichtung eines Behindertentestamentes, in dessen Rahmen eine Testamentsvollstreckung angeordnet wird, der Festsetzung der Betreuungskosten zu Lasten der Betreuten nicht entgegen. Insbesondere, da die Betreuung im Interesse der Erbin angeordnet wurde und die Erbin im Rahmen des Behindertentestamentes von der Erblasserin bedacht wurde, um mit Hilfe des geerbten Vermögens notwendige Aufwendungen erbringen zu können.