Kategorie Erbrecht

Erbrecht Beschwerdeverfahren Hilfsantrag – OLG Hamm 15 W 635/10 | Im Beschwerdeverfahren nach den Vorschriften des FamFG ist das Stellen eines Hilfsantrages zulässig

Beschluss des OLG Hamm vom 09.11.2011 Aktenzeichen: 15 W 635/10 Kurze Zusammenfassung der Entscheidung: Im vorliegenden Fall hatte das Nachlassgericht alle Erbscheinsanträge zurückgewiesen. Im Beschwerdeverfahren wies das Gericht darauf hin, dass nur einer der Erben als Alleinerbe berechtigt ist, einen…

Erbrecht Pflichtteil Testamentsvollstreckung | Im Falle der Testamentsvollstreckung muss der Testamentsvollstrecker Pflichtteilsansprüche geltend machen die zum Nachlass gehören

Im vorliegenden Fall standen dem Erblasser Pflichtteilsansprüche zu. Zu Lebzeiten des Erblassers wurden diese Pflichtteilsansprüche nicht geltend gemacht und durchgesetzt. Zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers waren die Pflichtteilsansprüche noch nicht verjährt. Die Testamentsvollstreckung war angeordnet.
Aus dem Urteil ergibt sich, dass der Testamentsvollstrecker berechtigt und verpflichtet war, die zum Nachlass gehörenden Pflichtteilsansprüche geltend zu machen und, da erforderlich, zur Durchsetzung der Pflichtteilsansprüche Stufenklage zu erheben. Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Erblasser Anordnungen getroffen hätte, die die Geltendmachung der Pflichtteilsansprüche durch den Testamentsvollstrecker ausschließen.

Erbrecht Miterbenklage Nachlassforderung | Ein Miterbe kann nach dem Sozialrecht nur dann eine Forderung im eigenen Namen geltend machen wenn er Sonderrechtsnachfolger des Erblassers ist

Im vorliegenden Fall hatte der Erblasser zu Lebzeiten einen Erstattungsanspruch bezüglich der Kosten für ein Hörgerät gegenüber der Versorgungskasse. Einer der Miterbin hatte dem Erblasser die Kosten für das Hörgerät vorgeschossen und versuchte nach dem Tod des Erblassers den Erstattungsanspruch gegenüber der Versorgungskasse im eigenen Namen geltend zu machen.
Die Klage wurde mit Hinweis darauf zurückgewiesen, dass der fragliche Miterbe nicht Sonderrechtsnachfolger des Erblassers war. Aus diesem Grunde musste der Erstattungsanspruch für die Erbengemeinschaft geltend gemacht werden. Die Klage auf Zahlung an einen der Miterben war somit unzulässig, da der Erstattungsanspruch der Erbengemeinschaft im Ganzen zustand.

Erbrecht Erbausschlagung Pflichtteil | Wer die Erbschaft aus allen Berufungsgründen ausschlägt verliert hierdurch nicht seinen Pflichtteil

Im vorliegenden Fall wurden die Schlusserben mit einem Vermächtnis belastet. Aus diesem Grunde wurde von einem der Schlusserben die Erbschaft aus allen Berufungsgründen ausgeschlagen. Sodann machte er den verbliebenen Erben gegenüber Pflichtteilsansprüche geltend.
Die Erben erhoben gegenüber den Pflichtteilsansprüchen den Einwand, dass der ausschlagende Erbe auch seinen Pflichtteil verloren hat, da er die Erbschaft aus allen Berufungsgründen ausgeschlagen habe. Dem folgte das Gericht nicht, da die Erbausschlagung zur Folge hat, dass der pflichtteilsberechtigte Erbe aufgrund der Erbausschlagung seinen Pflichtteil fordern kann. Auch die Ausschlagung der Erbschaft aus allen Berufungsgründen führt folglich nicht dazu, dass der ausschlagen der Erbe sein Pflichtteilsrecht verliert.

Erbrecht Lebensversicherung Jahresprämie Verrechnung | Wird eine Lebensversicherung durch den Tod des Versicherten beendet kann die Versicherung die fällige Jahresprämien mit der Versicherungsleistung verrechnen

Im vorliegenden Fall endete eine Lebensversicherung mit dem Tod des Versicherten. Die auszuzahlende Versicherungsleistung wurde seitens der Versicherung mit der noch fälligen Jahresprämien verrechnet.
Der Bundesgerichtshof bestätigte mit seiner Entscheidung, dass diese vertragsgemäß vorgenommene Verrechnung der fälligen Jahresprämien mit der Versicherungsleistung rechtmäßig ist.

Erbrecht Testament Auslegung Begriffsbestimmung | Ein Vermächtnis an die \“Angehörigen\“ von Geschwistern kann wegen Unbestimmtheit der Vermächtnisnehmer unwirksam sein

Die vorliegende Entscheidung beschäftigt sich mit der Frage, wie der in einem Testament verwendete unbestimmte Begriff „Angehörige“ im Rahmen der Testamentsauslegung zu verstehen ist.
Der Erblasser hinterließ ein formwirksames Testament. Über dem handschriftlichen Testament befand sich eine vom Erblasser mit einer Schreibmaschine angefertigte Tabelle, aus der sich die Geschwister des Erblassers und deren Verwandte ergaben. Im Testament selbst ordnete der Erblasser Vermächtnisse zugunsten der Angehörigen seiner Geschwister an. Dabei definierte der Erblasser nicht, um welche Personen es sich bei den Angehörigen handelte. Das handschriftliche Testament enthielt keine Bezugnahme zur der vorstehenden maschinenschriftlichen Tabelle.
Das Gericht kam im Rahmen der Auslegung des Testamentes zu dem Ergebnis, dass der Begriff Angehörige im Testament unbestimmt ist. Die Vermächtnisse waren daher aus Sicht des Gerichts unwirksam. Da das formwirksame handschriftliche Testament sich inhaltlich nicht auf davor stehenden formunwirksamen Teil bezog, konnte der maschinenschriftliche Teil mangels Bezugnahme nicht für eine entsprechende Auslegung des Testamentes herangezogen werden.

Erbrecht Strafverfahren Schmerzensgeld Erbschein | Die Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen in einem Strafverfahren durch einen Erben setzt die Vorlage eines Erbscheins voraus

Im vorliegenden Fall hatte ein Erbe gegenüber dem Täter Schmerzensgeldansprüche im Strafverfahren geltend gemacht, der den Erblasser getötet hatte. Das Strafgericht verlangte vom Erben die Vorlage eines Erbscheins. Dieser wurde vom Erben aber nicht vorgelegt. Die Verurteilung des Täters zur Leistung von Schmerzensgeld an den Erben wurde vom Bundesgerichtshof aufgehoben, da der BGH die Vorlage eines Erbscheins zur Voraussetzung eines Antrages auf Schmerzensgeld im sogenannten Adhäsionsverfahren erklärte.

Erbrecht Nachlasspfleger Vergütung 15-Monats-Frist | Verlängert das Gericht die Frist zur Abrechnung der Vergütung des Nachlasspflegers über 15 Monate hinaus ist es hieran gebunden

Im vorliegenden Fall verlängerte das Gericht die Frist zur Abrechnung der Vergütung des Nachlassfliegers über einen Zeitraum der die 15-Monats-Frist überschritt. Als der Nachlasspfleger mit Ablauf dieser verlängerten Frist seine Gebühren abrechnen wollte, wurde dies mit Hinweis darauf zurückgewiesen, dass die 15-Monats-Frist zwischenzeitlich abgelaufen sei. Hiergegen wandte sich der Nachlasspfleger mit seiner Beschwerde.
Das Beschwerdegericht gab dem Nachlasspfleger recht. Angesichts der Tatsache, dass das Gericht selbst dem Nachlasspfleger eine Frist zur Einreichung seiner Vergütungsabrechnung einräumte, die über die 15-Monats-Frist hinausging, ist das Gericht an diese verlängerte Frist gebunden. Die Verweisung des Nachlasspfleger auf die nicht eingehaltene 15-Monats-Frist wurde vom Gericht als treuwidrig bewertet.

Erbrecht Vorerbschaft Nacherbschaft Erbschein | Im Nacherbenfall muss beim Grundbuchamt sowohl ein Erbschein hinsichtlich des Vorerbenfalls als auch des Nacherbenfalls vorgelegt werden

Im vorliegenden Fall war die Erblasserin befreite Vorerben ihres Ehemanns. Der Nacherbenfall sollte mit dem Tod der Erblasserin eintreten. Nach dem Tod der Erblasserin legten die Erben dem Grundbuchamt einen Erbschein vor, aus dem die Erben als Erben der Vorerbin hervorgingen. Antragsgemäß wurden die Nacherben in Erbengemeinschaft als neue Eigentümer des vormaligen Miteigentumsanteils der Vorerbin in das Grundbuch eingetragen. Als die Erben später versuchten, das Grundstück zu veräußern, wurden sie vom Grundbuchamt aufgefordert, auch hinsichtlich des Nacherbenfalls einen Erbschein vorzulegen. Zum Nachweis der Berechtigung über die Immobilie verfügen zu dürfen, war es aus Sicht des Grundbuchamtes erforderlich, dass die Erben ihre Erbenstellung durch einen Erbschein hinsichtlich der Vorerbin und einem gesonderten Erbschein bezüglich des Nacherbenfalls nachwiesen.
Die Rechtsauffassung des Grundbuchamtes wurde durch die Entscheidung des OLG Zweibrücken bestätigt. Aus dem Erbschein bezüglich der verstorbenen Vorerben kann kein Schluss auf die Rechtsstellung hinsichtlich des Nacherbenfalls gezogen werden. Folglich muss für beide Erbfälle ein gesonderte Erbschein beim Grundbuchamt vorgelegt werden.

Erbrecht Erbengemeinschaft Auskunftsanspruch Miterbe | Kein Anspruch auf Auskunftserteilung in Form eines notariellen Nachlassverzeichnisses eines Erben gegenüber einem Miterben

Die vorliegende Entscheidung bestätigt die bisherige Rechtsprechung, aus der sich ergibt, dass Auskunftsansprüche zum Umfang des Nachlasses zwischen Mitgliedern eine Erbengemeinschaft die Ausnahme sind.
Im vorliegenden Fall verlangten Mitglieder der Erbengemeinschaft gegenüber einem anderen Miterben, der zuvor in Haushaltsgemeinschaft mit dem Erblasser lebte, Auskunft über den Umfang des Nachlasses in Form eines notariellen Nachlassverzeichnisses. Das Gericht geht davon aus, dass die diesbezüglichen Vorschriften zum Pflichtteilsrecht nicht analog auf das Verhältnis der Erben untereinander angewandt werden können. Ein Miterbe kann folglich nicht auf Erteilung eines notariellen Nachlassverzeichnisses von einem anderen Mitglied einer Erbengemeinschaft in Anspruch genommen werden.