In begründeten Ausnahmefällen kann das Erbrecht auch durch die Vorlage einer Kopie des Testamentes nachgewiesen werden.
Ursprünglich errichtete die Erblasserin im hier vorliegenden Fall gemeinsam mit ihrem Ehemann ein notarielles Ehegattentestament. Aus diesem Ehegattentestament ging eine gemeinnützige Organisation als Schlusserbe hervor. Die Ehegatten hatten sich selbst wechselseitig zu Alleinerben bestimmt.
Die Erblasserin errichteten nach dem Tod ihres Ehemanns ein weiteres Testament, indem sie erklärte, dass die Schlusserbeneinsetzung der gemeinnützigen Organisation als Schlusserbe im notariellen Testament nicht wechselbezüglich gewesen sei. Weiter setzte die Erblasserin ihren Enkel als ihren Alleinerben ein.
Nach dem Tod der Erblasserin beantragte die gemeinnützige Organisation einen Alleinerbschein, der ihr erteilt wurde. Der Enkel legte dem Nachlassgericht eine Kopie des 2. Testamentes der Erblasserin vor. Das Original des 2. Testamentes war nicht mehr auffindbar. Er beantragte den Erbschein zugunsten der gemeinnützigen Organisation einzuziehen und ihm einen Alleinerbschein zu erteilen. Das Nachlassgericht wies die Anträge des Enkels zurück. Hiergegen erhob der Enkel Beschwerde.
Das OLG Köln entsprach der Beschwerde des Enkels. Dem Enkel war der beantragte Alleinerbschein zu erteilen. Diesbezüglich führte das OLG Köln aus, dass das Nachlassgericht sich nicht mit der Frage beschäftigt hat, ob das Originaltestament, welches aus der Testamentskopie hervorgeht, wirksam errichtet wurde.
Aus der Tatsache, dass das Originaltestament nicht aufgefunden werden kann, kann nicht geschlossen werden, dass die Erblasserin das Testament mit der Absicht vernichtet hat, das Testament zu widerrufen. Eine solche Vermutung ergibt sich aus § 2255 BGB nicht. Allerdings muss derjenige, der sich auf ein nicht mehr auffindbar ist Testament beruft, beweisen, dass dieses Testament formwirksam errichtet wurde. Im vorliegenden Fall ging das OLG Köln davon aus, dass dem Antragsteller dieser Beweis durch die Vorlage der Kopie des Testamentes gelungen war, da aus der Kopie alle Elemente abgeleitet werden konnten, die ein formwirksames handschriftlich errichtete Testament ausmachen. Für die Klärung der Frage, ob die Unterschrift, die der Kopie des Testamentes zu entnehmen war, tatsächlich die Unterschrift der Erblasserin war, ist die sachverständige Stellungnahme eines Schriftsachverständigen erforderlich.
Da das OLG Köln davon ausging, dass der Antragsteller durch die Vorlage der Kopie des Testamentes nachweisen konnte, dass die Erblasserin das behauptet Testament ursprünglich formwirksam errichtet hatte, war der Enkel der Erblasserin zu deren Alleinerbe geworden.
Die Entscheidung des OLG Köln muss aus praktischen Gründen kritisch gesehen werden. Eine Reihe renommierter Schriftsachverständigen geht davon aus, dass anhand von bloßen Fotokopien nicht der Nachweis geführt werden kann, dass eine bestimmte Unterschrift tatsächlich von der Person stammt, die die Unterschrift geleistet haben soll. Folgt man dieser Einschätzung, so ergibt sich, dass eben die Frage der Unterschriftsleistung durch den Erblass bei der Vorlage einer bloßen Fotokopie sich letztlich nicht klären lässt. Kann aber nicht der Nachweis geführt werden, dass die aus der vorgelegten Kopie hervorgehende Unterschrift tatsächlich die Unterschrift des Erblassers ist, kann letztlich auch nicht der Nachweis geführt werden, dass der Erblasser das in Kopie vorgelegte Testament formwirksam errichtet hat. In vergleichbaren Fällen wird man sich daher intensiv mit der Frage beschäftigen müssen, inwieweit die Herkunft der Unterschrift aufgrund der vorgelegten Fotokopie überhaupt beweisbar ist.