Testamentsvollstrecker Miterbe In-sich-Geschäft | Zur Zulässigkeit von In-sich-Geschäften eines Testamentsvollstreckers der gleichzeitig Miterbe ist | OLG Köln Beschluss vom 5.10.2022 2 Wx 195/22

Testamentsvollstrecker Miterbe In-sich-Geschäft | Zur Zulässigkeit von In-sich-Geschäften eines Testamentsvollstreckers der gleichzeitig Miterbe ist | OLG Köln Beschluss vom 5.10.2022 2 Wx 195/22

(Testamentsvollstrecker Miterbe In-sich-Geschäft)

Beschluss des OLG Köln vom 05.10.2022

 

Aktenzeichen: 2 Wx 195/22

(Testamentsvollstrecker Miterbe In-sich-Geschäft)

Kurze Zusammenfassung der Entscheidung

Das OLG Köln musste sich in seinem Beschluss vom 25. Oktober 2022 mit der Frage auseinandersetzen, wann ein Testamentsvollstrecker ein sogenanntes In-sich-Geschäft vornehmen darf, wenn der Erblasser den Testamentsvollstrecker nicht ausdrücklich von den Einschränkungen des § 181 BGB befreit hat.

Die Erblasserin bestimmte testamentarisch drei Personen zu ihren Erben. Gleichzeitig ordnete sie die Testamentsvollstreckung an und bestimmte einen der Erben zum Testamentsvollstrecker. Eine Befreiung des Testamentsvollstreckers von § 181 BGB ging aus dem Testament der Erblasserin nicht hervor.

Der Testamentsvollstrecker veräußerte im Weiteren eine zum Nachlass gehörende Immobilie an sich selbst. Das Grundbuchamt lehnte unter Hinweis auf § 181 BGB die Grundbuchumschreibung der Nachlassimmobilie auf den Testamentsvollstrecker ab. Hiergegen erhob der Testamentsvollstrecker und Miterbe Beschwerde.

Aus § 181 BGB ergibt sich, dass eine Person, die als Vertreter rechtsgeschäftlich tätig wird keinen Vertrag mit sich selbst wirksam abschließen kann. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Vertreter von der Einschränkung des § 181 BGB befreit wurde.

Das OLG Köln ging im vorliegenden Fall davon aus, dass sich aus der Einsetzung eines Miterben als Testamentsvollstreckers ergibt, dass der Erblasser die Befreiung des Testamentsvollstreckers von den Beschränkungen des § 181 BGB anordnen wollte. Dies ergibt sich nach Ansicht des OLG Köln aus dem besonderen Vertrauen, das ein Erblasser zum Ausdruck bringt, wenn er einen der Miterben zum Testamentsvollstrecker bestimmt. Allerdings geht das OLG Köln bei seiner Entscheidung davon aus, dass dies nur für Geschäfte des Testamentsvollstreckers gilt, die sich als ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahmen darstellen.

Da nach Ansicht des OLG Köln die Veräußerung der Nachlassimmobilie im konkreten Fall eine ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahmen war, handelte der Testamentsvollstrecker im Rahmen der Befugnisse, die ihm die Erblasserin durch seine Bestimmung zum Testamentsvollstrecker eingeräumt hatte. Der Verkauf der Nachlassimmobilie durch den Testamentsvollstrecker an sich selbst war damit wirksam. Folglich war die Beschwerde des Testamentsvollstreckers gegen die Entscheidung des Grundbuchamtes berechtigt, sodass das Grundbuchamt die entsprechende Grundbuchumschreibung veranlassen musste.

(Testamentsvollstrecker Miterbe In-sich-Geschäft)

Tenor:

1) Auf die Beschwerde des Beteiligten vom 13.09.2022 wird der am 31.08.2022 erlassene Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts – Grundbuchamts – Gummersbach vom 29.08.2022 – DR-10357-1 – aufgehoben.

2) Die Sache wird zur weiteren Bearbeitung dem Amtsgericht Gummersbach – Grundbuchamt – unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zurückgegeben.

Urteilsgründe:

I. Als Eigentümer des im Rubrum näher bezeichneten Grundstücks sind seit dem 13.09.1999 der Beteiligte und zwei weitere Personen in Erbengemeinschaft eingetragen. Die Erblasserin, Frau Y. geborene X., hatte in ihrem privatschriftlich abgefassten, am 18.05.1998 eröffneten Testament vom 20.09.1994 die vorgenannten Personen zu ihren Erben berufen und ohne weitere Ausführungen den Beteiligten zum Testamentsvollstecker ernannt; wegen der Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindliche Kopie Bezug genommen (Bl. 55 f.).

In notarieller Urkunde vom 21.02.2022 hat der Beteigte in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker den Grundbesitz an sich selbst zu einem Kaufpreis von 23.000,– € verkauft sowie Auflassung und Bewilligung des Eigentumswechsels erklärt (Bl. 3 ff.). Der Notar hat die Urkunde mit Schriftsatz vom 10.05.2022 unter Beifügung u.a. eines Testamentsvollstreckerzeugnisses zum Vollzug eingereicht.

Mit “Zwischenverfügung” vom 02.06.2022 hat der Grundbuchrechtspfleger den Antrag unter Verweis auf § 181 BGB unter Fristsetzung beanstandet und um Antragsrücknahme gebeten (Bl. 12). Der Beteiligte hat dazu Stellung genommen und ein Wertgutachten vorgelegt (Bl. 22 ff.).

Mit am 31.08.2022 erlassenem Beschluss vom 29.08.2022 hat der Grundbuchrechtspfleger unter Verweis auf die Zwischenverfügung den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Wille der Erblasserin auf eine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB gerichtet gewesen sei (Bl. 58).

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten vom 13.09.2022 (Bl. 62 f.), der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat (Bl. 64 f.).

II. Die nach § 71 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache vorläufigen Erfolg. Das Grundbuchamt hat den Umschreibungsantrag zu Unrecht unter Berufung auf § 181 BGB zurückgewiesen.

Zwar ist im Ausgangspunkt zutreffend, dass § 181 BGB grundsätzlich – entsprechend – auf den Testamentsvollstrecker Anwendung findet (allg. Meinung, BGH, Urteil vom 29.04.1959, V ZR 11/58, NJW 1959, 1430; Grüneberg/Ellenberger, BGB, 81. Augl. 2022, § 181 Rz. 3). Indes besteht für den Erblasser die Möglichkeit, den Testamentsvollstrecker vom Verbot des Selbstkontrahierens zu befreien (“soweit ihm nicht ein anderes gestattet ist”). Dabei muss die Gestattung nicht ausdrücklich erfolgen; sie kann auch konkludent vorgenommen werden, was der letztwilligen Verfügung im Wege der Auslegung entnommen werden kann, wobei in formeller Hinsicht im Falle eines privatschriftlichen Testaments dessen Vorlage mit Eröffnungsvermerk

genügt (Senat, Beschluss vom 21.11.2012, 2 Wx 214/12, FGPrax 2013, 105; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.08.2013, I-3 Wx 41/13, FGPrax 2014, 7). Im vorliegenden Testament hat die Erblasserin zu den Befugnissen des Testamentsvollstreckers keine Ausführungen gemacht. Dennoch ergibt die Auslegung hier eine Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens aufgrund des Umstandes, dass die Erblasserin in der Person des Beteiligten einen Miterben zum Testamentsvollstrecker berufen hat. Der Bundesgerichtshof hat insoweit ausgeführt:

“Wenn ein Miterbe zum Testamentsvollstrecker ohne besondere Beschränkung (§ 2208 BGB) berufen und daher mit der Auseinandersetzung unter den Miterben und mit der Verwaltung des Nachlasses betraut ist (§§ 2203 ff. BGB), besteht zwar in aller Regel ein natürlicher Interessenwiderstreit; in der Berufung durch den Erblasser liegt jedoch ein besonderer Vertrauensbeweis, der grundsätzlich die Annahme rechtfertigt, der Erblasser habe trotz des bestehenden Interessenwiderstreits dem Berufenen in weitem Umfang auch den Abschluß von Rechtsgeschäften mit sich selbst gestattet. Daß überhaupt irgendein Interessenwiderstreit vorhanden ist, macht also das Selbstkontrahieren des Testamentsvollstrecker-Miterben noch nicht unzulässig. Und zwar kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß der Erblasser dem Miterben durch seine Ernennung zum Testamentsvollstrecker alle diejenigen Rechtsgeschäfte mit sich selbst vorzunehmen gestattet hat, die im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses (§ 2216 BGB) liegen, wobei jedoch an die Ordnungsmäßigkeit strenge Anforderungen zu stellen sind. Insofern besteht ein enger inhaltlicher Zusammenhang zwischen § 181 und § 2216 BGB. Andererseits ist ein Insich-Geschäft des (erbenden oder nichterbenden) Testamentsvollstreckers, das gegen das Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses (§ 2216 BGB) verstößt, selbst dann unwirksam, wenn es etwa einmal vom Willen des Erblassers gedeckt sein sollte; so insbesondere ein Eigenerwerb weit unter Wert, falls nicht etwa ein dahingehendes Vorausvermächtnis vorliegt. Denn jenes Gebot der Ordnungsmäßigkeit als solches kann auch der Erblasser nicht außer Kraft setzen (§ 2220 BGB), seine etwaige Gestattung des Selbstkontrahierens wäre daher insoweit unwirksam, und die Regelvorschrift des § 181 BGB käme wieder (analog) zum Zug.” (BGH, a.a.O.; zustimmend MünchKomm-BGB/Zimmermann, 9. Aufl. 2022, § 2205 Rz. 89; Grüneberg/Weidlich, BGB, 81. Aufl. 2022, § 2205 Rz. 25).

Dem schließt sich der Senat an. Zudem verweist die Beschwerde zu Recht darauf, dass die Erblasserin einen Verkauf insoweit in den Blick genommen hatte, als es im Testament heißt: “Der Erlös von dem Verkauf soll wie folgt verteilt werden.” Anhaltspunkte, die entgegen dem angeführten Grundsatz die Annahme rechtfertigen würden, die Erblasserin habe den Beteiligten als zum Testamentsvollstrecker bestellten Miterben von einem Erwerb durch Selbstkontrahieren ausschließen wollen, sind nicht ersichtlich.

Daraus ergibt sich, dass dem Antrag entgegen der Auffassung des Grundbuchamtes nicht der Umstand entgegengehalten werden kann, dass es sich um ein Insich-Geschäft des Beteiligten handelt.

Vielmehr wird das Grundbuchamt als Ausprägung der Ordnungsmäßigkeit des Geschäfts zu prüfen haben, ob es sich um ein dem Testamentsvollstrecker untersagtes – teilweise – unentgeltliches Geschäft handelt oder nicht (§ 2205 Satz 3 BGB). Dabei gilt Folgendes: Unentgeltlich ist eine Verfügung des Testamentsvollstreckers über einen Nachlassgegenstand dann, wenn dem aus dem Nachlass hingegebenen Vermögenswert objektiv keine oder keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht und er subjektiv das Fehlen oder die Ungleichwertigkeit der Gegenleistung erkannt hat oder bei ordnungsgemäßer Verwaltung hätte erkennen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.2016, IV ZR 342/15, NJW-RR 2016, 457). Solche (negativen) Tatsachen lassen sich im Grundbuchverfahren allerdings in der Regel nicht in der Form des § 29 Abs. 1 GBO beweisen. In diesen Fällen wird der Nachweis auch im Freibeweisverfahren zugelassen (vgl. Demharter, GBO, 32. Aufl. 2021, § 52 Rn. 23 f.). Hier bietet sich in diesem Zusammenhang eine Prüfung auf der Grundlage einer Würdigung des eingereichten Wertgutachtens an.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht erfüllt.

III. Für künftige Verfahren sieht es der Senat als sachdienlich an, das Grundbuchamt im Hinblick auf die hier ergangene “Zwischenverfügung” auf Folgendes hinzuweisen:

Eine Zwischenverfügung muss eine klare Angabe des Mittels oder der Wege zur Beseitigung des Vollzugshindernisses enthalten, um dem Antragsteller eine sachgerechte Entscheidung über die weitere Wahrung seiner Rechte zu ermöglichen. Sie muss deshalb klar darlegen und aufzeigen, auf welche Weise und mit welchen Mitteln der Antragsteller die vom Grundbuchamt angenommenen Hindernisse beseitigen und damit sein Antragsbegehren zum Erfolg führen kann (Senat, a.a.O.; OLG Frankfurt, Beschl. vom 29. 6. 1998 – 20 W 144/98 – NJW-RR 1999, 17, 18; OLG Karlsruhe, Beschl. vom 26. 4. 2005 – 14 Wx 11/04 – FGPrax 2005, 219, 221; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 451; Demharter, GBO, 32. Aufl. 2021, § 18 Rn. 31). Die hier ergangene “Zwischenverfügung” genügt diesen Anforderungen nicht, da sie offen lässt, auf welche Weise der Beteiligte das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis beseitigen könnte. Gegenstand einer Zwischenverfügung darf nicht – wie hier indes geschehen – die Anregung einer Antragsrücknahme sein, weil darin nicht die zum Erfolg des Antrages führende Behebung des vom Grundbuchamt angenommenen Hindernisses läge. Hält das Grundbuchamt den Antrag wegen eines nicht behebbaren Hindernisses für unbegründet, so kann aus Gründen der Gewährung rechtlichen Gehörs ein Hinweis entsprechend § 139 ZPO ergehen. Ob auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Grundbuchamtes zu § 181 BGB als Inhalt einer Zwischenverfügung in Betracht gekommen wäre, auf eine Beseitigung des Hindernisses durch Vorlage von Genehmigungen der Miterben (§ 177 BGB) hinzuweisen, bedarf hier keiner Prüfung.

(Testamentsvollstrecker Miterbe In-sich-Geschäft)