Feststellung der Testierunfähigkeit

Ob der Erblasser testierunfähig ist oder nicht, kann nur anhand von Tatsachen geklärt werden, aus denen auf die Testierfähigkeit geschlossen werden kann. Hierbei genügt es zur Bejahung der Testierfähigkeit nicht, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung seines Testamentes oder des Abschlusses eines Erbvertrages lediglich eine allgemeine Vorstellung von dem Umstand hat, dass er ein Testament errichtet und über den Inhalt seiner letztwilligen Verfügung orientiert ist.

Es ist vielmehr notwendig, dass der Erblasser in der Lage ist, sich über die wirtschaftlichen Grundlagen und persönlichen Verhältnisse, die seiner letztwilligen Verfügung in Form eines Testamentes oder Erbvertrages zu Grunde liegen, ein klares Urteil zu bilden. Der Erblasser muss darüber hinaus in der Lage sein, nach diesem seinem Urteil frei vom Einfluss Dritter zu handeln. Hierbei liegt die Betonung darauf, dass der Erblasser zu diesem unbeeinflussten Handeln fähig ist. Nicht erforderlich ist, dass der Erblasser, der zu einem unbeeinflussten Handeln grundsätzlich in der Lage ist, im Weiteren tatsächlich ohne Berücksichtigung des Einflusses Dritter handelt. Damit kann aus der Tatsache, dass der Erblasser bei der Errichtung seines Testamentes von Dritten beeinflusst wurde, nicht der Rückschluss auf dessen Testierunfähigkeit gezogen werden. Entscheidend ist, dass der Erblasser grundsätzlich zu einer unbeeinflussten Entscheidung zum Zeitpunkt der Errichtung seines Testamentes von seinen geistigen Fähigkeiten her noch in der Lage war.

Die Rechtsprechung verlangt weiter, dass der Erblasser nicht aufgrund einer geistigen Störung in seiner Fähigkeit eingeschränkt war, die Tragweite seiner Verfügung und die Auswirkung seiner letztwilligen Verfügung auf die Betroffenen, d.h. im Regelfall auf die Erben und seine Angehörigen, klar zu erkennen.

Damit hat nicht jedes Defizit hinsichtlich der Intelligenz, der Willensstärke und der Beeinflussbarkeit des Erblassers zur Folge, dass die freie Willensbildung des Erblassers ausgeschlossen ist und dieser folglich als testierunfähig angesehen werden muss.

Die Feststellung einer organischen Störung beim Erblasser ist somit für die Feststellung der Testierunfähigkeit des Erblassers nicht ausreichend. Vielmehr muss auf das Ausmaß und den Grad der Auffälligkeiten abgestellt werden, die einen Rückschluss auf die geistigen Fähigkeiten des Erblassers zulassen. Es kommt daher entscheidend auf das Ausmaß und die Intensität eben dieser Störungen der geistigen Fähigkeiten des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung des Testamentes an.

Hinsichtlich jedes Krankheitsbildes, das zu einer Beeinträchtigung der Testierfähigkeit führen könnte, muss daher im konkreten Einzelfall entschieden werden, ob es tatsächlich zu einer Einschränkung der Willensbildung beim Erblasser geführt hat oder ob die festgestellte Krankheit sich auf diese Fähigkeit nicht entscheidend auswirkte. Eine Reihe von Erkrankungen, die sich negativ auf den geistigen Zustand des Erblassers auswirken können, haben im konkreten Einzelfall nicht zwingend zur Folge, dass die Fähigkeit des Erblassers zur wirksamen Errichtung eines Testamentes eingeschränkt ist. Nur eine intensive Auslandersetzung mit dem tatsächlichen Krankheitsbild des Erblassers kann daher die Grundlage für die Beurteilung von dessen Testierfähigkeit sein.

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