Das erbrechtliche Vermächtnis | Gestaltung von Testamenten und anderen letztwilligen Verfügungen durch die Anordnung eines Vermächtnisses

Was ist unter einem Vermächtnis zu verstehen?

Juristische Laien unterscheiden regelmäßig nicht zwischen den Begriffen Erbschaft und Vermächtnis. Für sie hat es die gleiche Bedeutung, ob jemandem etwas vererbt oder vermacht wird. Dass dies nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht, ergibt sich bereits aus § 1939 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), mit dem der Gesetzgeber das Vermächtnis regelt.

In § 1939 BGB heißt es wörtlich:

„Der Erblasser kann durch Testament einem anderen, ohne ihn als Erben einzusetzen, einen Vermögensvorteil zuwenden (Vermächtnis).“

Damit eröffnet das Vermächtnis die Möglichkeit, dass der Erblasser einer Person einen Vermögensvorteil zuwendet, ohne dass der Empfänger dieses Vorteils dadurch zum Erbe wird. Damit ist diejenigen, dem ein Vermächtnis zugewandt wird, nicht Erben. Zwischen dem Vermächtnisnehmer und dem Erben muss folglich klar unterschieden werden.

Fraglich ist, warum der Gesetzgeber eine solche Unterscheidung zwischen dem Vermächtnisnehmer und dem Erben vorgenommen hat.

Der Erbe wird umfassend zum Rechtsnachfolger des Erblassers. Sind mehrere Personen gemeinsam Erben, so treten sie die Rechtsnachfolge als Erbengemeinschaft an. Keiner der Erben kann in diesem Fall alleine als Mitglied der Erbengemeinschaft über die Erbschaft verfügen. Die Erben verwalten den Nachlass gemeinschaftlich.

Gäbe es nicht die Möglichkeit, dass der Erblasser ein Vermächtnis anordnen kann, so würde jede Person, der der Erblasser etwas zuwendet, Mitglied der Erbengemeinschaft. Die Verwaltung des Nachlasses und dessen Auseinandersetzung würde damit selbst dann schwieriger, wenn nur unbedeutende Vermögenswerte einer Person zugewandt werden. Mit dem Vermächtnis hat der Erblasser somit die Möglichkeit, Vermögenswerte einer Person zuzuwenden, ohne dass diese Teil der Erbengemeinschaft wird.

Die Mitglieder einer Erbengemeinschaft können über ihren Erbanteil selbstständig erst dann verfügen, wenn die Gemeinschaft der Erben auseinandergesetzt wurde. Jeder Erbe ist daher hinsichtlich seines Erbteils so lange in seiner Verfügungsgewalt beschränkt, wie die Erbengemeinschaft andauert. Der Vermächtnisnehmer hingegen kann seine Ansprüche aus dem Vermächtnis unmittelbar nach dem Erbfall geltend machen, ohne abwarten zu müssen, bis die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt ist. Das Vermächtnis schafft damit die Möglichkeit, bestimmte Vermögenswerte einer Person zuzuwenden, obwohl die Erbengemeinschaft noch besteht.

Damit erweitert die Möglichkeit ein Vermächtnis anzuordnen, die Gestaltungsspielräume des Erblassers in erheblichem Umfang.

Aktuelle Beiträge und Urteile zum Thema Erbrecht:

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Ehegattentestament | Erbrecht | Grundbuch | Testament | Urteil

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