Bulgarisches Erbrecht: Die Nachlassabwicklung und die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft

Bulgarisches Erbrecht: Die Nachlassabwicklung im bulgarischen Erbrecht | Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht Detlev Balg - Köln

Wie im deutschem Recht, kommt es auch nach bulgarischem Recht mit dem Tod des Erblassers zum Erbfall.

Für die Abwicklung des Erbfalls, d.h. die Nachlassabwicklung sind auch in Bulgarien Nachlassgerichte zuständig. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus dem letzten Wohnsitz des Erblassers. Zuständiges Nachlassgericht ist das Amtsgericht, in dessen Gerichtsbezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte.

Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht

Die Nachlassgerichte sind für die Entgegennahme der Erklärung des Erben zuständig, mit der dieser die Erbschaft annimmt. Bei den Nachlassgerichten wird ein besonderes Register über die Erbenerklärungen geführt. Die Erklärung eines Erben, dass er die Erbschaft annimmt, wird vom zuständigen Richter in dieses Register eingetragen. Die Erklärung der Annahme der Erbschaft ist dabei grundsätzlich bedingungsfeindlich. Dies hat zur Folge, dass die Erklärung der Annahme der Erbschaft nicht vom Eintritt bestimmter Voraussetzungen abhängig gemacht werden kann.

Die Annahme der Erbschaft

Die Erklärung, dass die Erbschaft angenommen wird, kann nicht wegen Irrtums angefochten werden. Dies ist für Personen von Bedeutung, die zum Zeitpunkt des Erbfalls ihren ständigen Aufenthalt außerhalb Bulgariens haben und gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht die Erklärung über die Annahme der Erbschaft abgeben müssen. Da eine Anfechtung wegen Irrtums ausgeschlossen ist, sollte die Annahmeerklärung daher nur dann abgegeben werden, wenn alle Bedingungen, unter denen die Erbschaft in Bulgarien tatsächlich angetreten wird, zuvor geklärt werden konnten.

Die Problematik der Unanfechtbarkeit der Annahmeerklärung wegen Irrtums wird aber durch die Tatsache relativiert, dass es hinsichtlich der Abgabe der Annahmeerklärung keine Frist gibt. Allerdings besteht für Personen, die diesbezüglich ein berechtigtes Interesse nachweisen können, die Möglichkeit, dem Erben über das Nachlassgericht eine Frist zur Abgabe der Annahmeerklärung zu setzen. Wird innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist die Annahmeerklärung dann nicht abgegeben, gilt die Erbschaft als abgelehnt.

Dieses System der Abgabe von Willenserklärungen zur Annahme der Erbschaft folgt damit einer anderen Logik als das deutsche Erbrecht. Im deutschen Erbrecht gilt eine Erbschaft als angetreten, wenn innerhalb der hierfür vorgesehenen gesetzlichen Frist die Ausschlagung der Erbschaft nicht ausdrücklich erklärt wird. Dieser Unterschied muss bei Erbfällen mit Bezug zum bulgarischen Erbrecht unbedingt beachtet werden, damit es nicht zu unbeabsichtigten Rechtsverlusten in Bulgarien kommt.

Wird über einen längeren Zeitraum von keinem der Erben die Annahme der Erbschaft erklärt oder ist der Aufenthaltsort des Erben unbekannt, kann das Nachlassgericht einen Verwalter für den Nachlass berufen. Die Aufgaben des Nachlassverwalters entsprechen denen des Testamentsvollstreckers. Insbesondere muss der Nachlassverwalter nach seiner Berufung zum Nachlassverwalter ein umfassendes Vermögensverzeichnis fertigen.

Annahme der Erbschaft ohne ausdrückliche Erklärung

Hinsichtlich der Annahme der Erbschaft ist weiter zu berücksichtigen, dass das bulgarische Recht davon ausgeht, dass die Erbschaft als angenommen gilt, wenn der Erbe Handlungen vornimmt, die nach Ansicht des Rechtsverkehrs zweifelsfrei den Schluss zulassen, dass der Erbe das Erbe antreten will.

Unbedingt zu beachten ist dabei, dass das bulgarische Erbrecht von einer Annahme der Erbschaft durch schlüssiges Handeln ausgeht, wenn der Erbe versucht, bestimmte Vermögensgegenstände, die in den Nachlass fallen, vor den anderen Erben zu verheimlichen oder dem Finanzamt im Rahmen der Erbschaftsteuererklärungen vorzuenthalten.

Die ausdrückliche Ausschlagung der Erbschaft

Gegenüber dem Nachlassgericht kann nicht nur die Annahme der Erbschaft erklärt werden. Vielmehr ist es dem Erben auch möglich, dem Nachlassgericht gegenüber die ausdrückliche Ausschlagung der Erbschaft zu erklären. Auch diese Ausschlagungserklärung wird in das diesbezüglich geführte Register beim Nachlassgericht vom Richter eingetragen.

Mit der Ausschlagung der Erbschaft durch einen Erben erhöht sich der Erbanteil der übrigen Erben entsprechend.

Die Gläubiger des Erben, der die Ausschlagung der Erbschaft erklärt, haben aber die Möglichkeit, die Ausschlagungserklärung des Erben anzufechten. Die Anfechtung muss innerhalb eines Jahres nach Kenntnis von der Ausschlagung des Erbes erfolgen. Spätestens aber drei Jahre nach Abgabe der Ausschlagungserklärung. Die Dreijahresfrist beginnt mit Abgabe der Ausschlagungserklärung, auf die Kenntnis seitens des Anfechtungsberechtigten kommt es nicht an.

Das Nachlassverfahren

Zum Nachweis der Erbenstellung kann auch nach bulgarischem Recht die Erteilung eines Erbscheins beantragt werden.

Für die Erteilung des Erbscheins ist nicht das Nachlassgericht zuständig, sondern die Gemeinde, in der der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte.

Wurde einem Erben bereits in Deutschland ein Erbschein erteilt, so kann dieser Erbschein in Bulgarien anerkannt werden. Hierfür muss der Erbschein mit einer Apostille versehen werden und durch einen vom konsularischen Dienst des bulgarischen Außenministeriums zugelassenen Übersetzers übersetzt werden. Unabhängig von der Anerkennung des deutschen Erbscheins durch die bulgarischen Behörden, unterliegt der deutsche Erbe in Bulgarien den selben Vorschriften wie ein bulgarischer Erbe.

Die Erben bilden hinsichtlich des Nachlasses eine Bruchteilsgemeinschaft. Im Außenverhältnis haften sie nicht als Gesamtschuldner, sondern nur als Teilschuldner. Eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft und damit eine Teilung der Vermögenswerte ist im bulgarischen Recht nicht zwingend vorgesehen. Auf den Anspruch auf Teilung des Nachlasses kann ein Erbe nach bulgarischen Recht aber nicht wirksam verzichten. Insofern lässt sich die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft letztlich nicht gegen den Willen eines der Miterben verhindern.

Können die Erben hinsichtlich der Verwaltung des gemeinsamen Nachlasses eine Einigung herbeiführen, so kann die Erbengemeinschaft dauerhaft den Nachlass gemeinsam verwalten.

Ist eine Einigung zwischen den Erben hinsichtlich der Fortsetzung der Erbengemeinschaft nicht möglich, kann jeder Miterbe beim Nachlassgericht Klage auf Teilung des Nachlasses erheben. Dieser Antrag wird, soweit zum Nachlass Immobilien gehören, in das Grundbuch eingetragen. Für die Dauer des Verfahrens ist es damit nicht möglich, dass ein Dritter die zum Nachlass gehörenden Immobilien gutgläubig erwirbt.

Die Einzelheiten der bulgarischen Erbteilungsklage werden hier nicht dargestellt, da dies den Rahmen dieser Darstellung sprengen würde.

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