Jahr 2015

Erbrecht Nachlasspfleger Bestattungskosten | Beauftragt der Nachlasspfleger für die unbekannten Erben die Bestattung des Erblassers, so kann der Nachlasspfleger keine Kostenerstattung vom Träger der Sozialhilfe verlangen

Im vorliegenden Fall verstarb die Erblasserin ohne Erben zu hinterlassen. Für den ursprünglich vermögenden Nachlass wurde ein Nachlasspfleger eingesetzt, der eine Nachlassverbindlichkeit zu Gunsten der vormaligen Betreuerin der Erblasserin erfüllen musste. Hierdurch wurde der Nachlass überschuldet. Im Weiteren beauftragte der Nachlasspfleger einen Bestatter mit der Beerdigung der Erblasserin. Nachdem der Nachlasspfleger mit dem Versuch gescheitert war, die Erstattung der Bestattungskosten von der Betreuerin zu verlangen, beantragte er bei der Sozialbehörde die Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII. Der Antrag wurde zurückgewiesen. Hiergegen klagte der Nachlasspfleger. Grundsätzlich wären die Erben bestattungspflichtig gewesen und hätten aus diesem Grunde die Bestattungskosten tragen müssen. Im vorliegenden Fall waren die Erben aber unbekannt, sodass keine bestattungspflichtigen Personen festgestellt werden konnten. Für diese nicht bekannten Personen konnte der Nachlasspfleger folglich auch keinen Antrag nach § 74 SGB XII stellen. Als Auftraggeber des Bestattungsinstitutes muss daher der Rechtspfleger selbst die Bestattungskosten tragen. Alternativ hätte der Rechtspfleger bei der Sozialbehörde eine Sozialbestattung der Erblasserin beantragen können, statt selbst die Beerdigung zu beauftragen. Aus diesem Grunde wurde die Klage abgewiesen.

Erbrecht Testament Erbeneinsetzung Liste | Keine Erbeinsetzung durch Auflistung der Erben auf einem separaten vom Erblasser nicht unterzeichneten Schriftstück

Die Erblasserin verfasste formwirksam ein eigenhändiges Testament, dem die Erben aber nicht namentlich zu entnehmen waren. Vielmehr verwies die Erblasserin hinsichtlich der Erben auf eine Liste. Im Weiteren erstellte die Erblasserin eine Liste, aus der 6 Personen hervorgingen. Diese Liste wurde von der Erblasserin aber nicht unterzeichnet. Nach dem Tod der Erblasserin beantragte eine der Personen, die aus der Liste hervorgehen, die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins. Der Antrag wurde vom Nachlassgericht zurückgewiesen. Das OLG München bestätigt die Entscheidung des Nachlassgerichtes. Die Liste selbst wird den Formerfordernissen eines privatschriftlichen Testamentes nicht gerecht, da von der Erblasserin nicht eigenhändig unterzeichnet. Insofern ist die Liste als solche nicht als wirksame letztwillige Verfügung anzusehen. Dem Verweis im Testament auf eine Liste der Erben kann nicht entnommen werden, um welche Liste es sich handelt und welche Personen Erben werden sollen. Es ergibt sich aus dem Testament auch kein Anhaltspunkt dafür, dass die vorgefundene Liste die Liste ist, die die Erblasserin in ihrem Testament erwähnt hat. Damit kommt nach Ansicht des OLG München auch eine Bestimmung der Erben im Wege der Auslegung nicht in Betracht, da dem Testament kein Anhaltspunkt dafür entnommen werden kann, dass die vorgefundene Liste tatsächlich die Liste ist, die die Erblasserin in ihrem Testament erwähnt hat. Da die aus der Liste hervorgehen Personen somit nicht wirksam zu Erben eingesetzt wurden, war der erteilte Erbschein nicht zu erteilen.

Erbrecht Erbschein Beschwerdeverfahren Geschäftswert | Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren gegen die Erteilung eines Erbscheins richtet sich nach dem Bruttonachlasswert abzüglich der Nachlassverbindlichkeiten

Im vorliegenden Fall wandte sich eine Beschwerdeführerin gegen die Erteilung eines Alleinerbscheins. Der Beschwerde wurde nicht stattgegeben. Im Weiteren wurden die Kosten des Erbscheinsverfahrens vom Nachlassgericht auf der Grundlage des Nachlasswertes unter Abzug der Erblasserschulden festgesetzt. Gegen diese Kostenentscheidung wandte sich die Beschwerdeführerin, die von einem Beschwerdewert ausging, der unter Abzug des Wertes der Vermächtnisse und Pflichtteilsansprüche vom Nachlasswert zu ermitteln ist. Das Gericht stellte fest, dass das Nachlassgericht den Gegenstandswert des Erbscheinsverfahrens korrekt ermittelt hat. Nach der Reform des Gerichts- und Notarkostengesetzes sind Verbindlichkeiten, die durch den Erbfall selbst entstanden sind, d.h. Vermächtnisse und Pflichtteilsansprüche, vom Nachlasswert nicht mehr abzuziehen. Abzugsfähig sind nur noch die Erblasserschulden.

Erbrecht Erbschein Scheidungsantrag Versöhnung | Die bloße Möglichkeit einer Versöhnung im Scheidungsverfahren führt nicht zum Wiederaufleben des Ehegattenerbrechtes

Im vorliegenden Fall stellte der Erblasser beim Familiengericht einen Scheidungsantrag. Bereits vor Zustellung des Scheidungsantrages an die Ehefrau kündigte diese an, der Scheidung zuzustimmen. Nach Zustellung des Scheidungsantrages stellte die Ehefrau sodann einen eigenen Scheidungsantrag. Sodann verstarb der Erblasser. Die Ehefrau des Erblassers stellte, gemeinsam mit ihrem Sohn, einen Antrag auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins. Sie führte aus, dass die Eheleute sich im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht hätten auszusöhnen können. Das Nachlassgericht wies den Antrag zurück. Hiergegen legte die Ehefrau Beschwerde ein. Das Beschwerdegericht half der Beschwerde nicht ab. Das Beschwerdegericht ging vielmehr davon aus, dass die Voraussetzungen für die beantragte Scheidung zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers vorlagen, sodass das Ehegattenerbrecht der Ehefrau durch die gestellten Scheidungsanträge entfallen war. Ein entsprechendes Erbrecht konnte nach Ansicht des Beschwerdegerichtes aus der bloßen Möglichkeit einer Versöhnung im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht nicht abgeleitet werden. Folglich konnte der beantragte gemeinschaftliche Erbschein nicht erteilt werden, da die Ehefrau des Erblassers nicht dessen Erbin geworden war.

Erbrecht Enterbung Verwandte Fiskuserbrecht | Die Anordnung des Erblassers, dass seine Verwandten nicht erben sollen, kann zum Erbrecht des Fiskus führen

Im vorliegenden Fall hatte die Erblasserin mehrere Personen als Erben benannt. Für den Fall, dass diese Erben nicht in der Lage sind, die Erbschaft anzutreten, wurde lediglich angeordnet, dass keiner ihrer sonstigen Verwandten Erbe werden sollte. Ihr Vermögen sollte vielmehr für wohltätige Zwecke verwendet werden. Dem Testament konnte entnommen werden, dass die Erblasserin hierbei an 4 unterschiedliche Organisation dachte, ohne diese genauer zu bezeichnen. Keiner der benannten Erben war in der Lage, die Erbschaft anzutreten. Daraufhin stellte einer der Verwandten einen Erbscheinsantrag. Aus dem Kreis der nicht genauer benannten Organisationen wurde ebenfalls ein Erbscheinsantrag gestellt. Beide Anträge wurden zurückgewiesen. Die Entscheidung des Nachlassgerichtes wurde vom OLG Düsseldorf bestätigt. Die Erblasserin hat durch ihre negative Anordnung bezüglich der Erben alle Verwandten von der Erbschaft ausgeschlossen, soweit sie im Testament nicht ausdrücklich als Erben benannt wurden. Weitere Erben konnten dem Testament nicht entnommen werden. Folglich musste der Fiskus als Erbe angesehen werden. Die Erbschaft des Fiskus ist mit der Auflage verbunden, das geerbte Vermögen für wohltätige Zwecke zu verwenden. Mangels entsprechendem Erbrecht waren die Anträge der Antragsteller alle zurückzuweisen.

Erbrecht Ausschlagung Erbschaft Akteneinsicht | Schlägt der gesetzliche Vertreter die Erbschaft für einen minderjährigen Erben aus, so ist dem Gläubiger Einsicht in die Nachlassakte zu gewähren

Im vorliegenden Fall hatten die gesetzlichen Vertreter eines minderjährigen Erben die Erbschaft ausgeschlagen. Die Ausschlagung der Erbschaft wurde vom Familiengericht genehmigt. Daraufhin beantragte einer der Gläubiger des Erblassers Einsicht in die Nachlassakte. Der Antrag wurde vom Nachlassgericht abgelehnt. Die Entscheidung des Nachlassgerichtes wurde auf Beschwerde des Antragstellers vom Beschwerdegericht aufgehoben. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass der Gläubiger ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht hat, um nachvollziehen zu können, ob die Genehmigung seitens des Familiengerichts ordnungsgemäß erteilt wurde. Aus diesem Grunde war dem Antragsteller Akteneinsicht zu gewähren.

Erbrecht Betreuung Testierfähigkeit Grundbuch | Bei berechtigten Zweifeln an der Testierfähigkeit des Erblassers kann die Grundbuchberichtigung von der Vorlage eines Erbscheins abhängig gemacht werden

Im vorliegenden Fall stand der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung seines notariellen Testamentes unter Betreuung. Im Rahmen des Betreuungsverfahrens wurde gutachterlich festgestellt, dass der Erblasser testierfähig ist. Aus dem Gutachten gingen aber auch Umstände und Verhaltensweisen des Erblassers hervor, die Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers aufkommen lassen können. Nach dem Tod des Erblassers legten die Erben dem Grundbuchamt den Eröffnungsbeschluss und das notarielle Testament vor. Das Grundbuchamt machte die Grundbuchberichtigung von der Vorlage eines Erbscheins abhängig. Hiergegen wandten sich die Erben mit ihrer Beschwerde. Das Gericht entsprach der Beschwerde nicht. Soweit das Grundbuchamt aus den vorgelegten Unterlagen von Umständen Kenntnis erlangt, die Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers wecken, kann das Grundbuchamt die Vorlage eines Erbscheins verlangen. Die notwendigen Ermittlungen zur Feststellung der Testierfähigkeit des Erblassers können nur im Rahmen des Erbscheinsverfahrens vom Nachlassgericht veranlasst werden. Das Grundbuchamt ist zu entsprechenden Sachverhaltsermittlungen nicht in der Lage. Das vorliegende Gutachten, welches im Zusammenhang mit dem Betreuungverfahren ausgefertigt wurde, reicht nicht, um die Zweifel des Grundbuchamtes zu widerlegen. Aus diesem Grunde mussten die Erben einen Erbschein beantragen, damit die Frage der Testierfähigkeit im Rahmen des Erbscheinsverfahrens geklärt werden konnte.

Erbrecht Abwesenheitspfleger Schadenersatz | Haftung eines Abwesenheitspflegers nach dem Erbfall gegenüber der Erbengemeinschaft

Im vorliegenden Fall war nach dem Erbfall eine Erbengemeinschaft entstanden. Für den Erblasser war zuvor ein Abwesenheitspfleger bestellt. Dieser hatte die Veräußerung eines Grundstückes des Erblassers veranlasst. Diese Veräußerung erfolgte mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Ein Mitglied der Erbengemeinschaft machte Schadensersatzforderungen geltend, da es davon ausging, dass der Abwesenheitspfleger mit der Veräußerung des Grundstücks die wirtschaftlichen Interessen des Erblassers verletzt hatte. Das Gericht entsprach der Schadensersatzklage. Nach Ansicht des Gerichts wäre der Abwesenheitspfleger verpflichtet gewesen zu überprüfen, ob die Veräußerung des Grundstücks zweckmäßig war. Grundsätzlich hat der Abwesenheitspfleger die Aufgabe, das Vermögen derjenigen Person, für die er berufen wird, zu erhalten. Die Überprüfung durch das Gericht ergab, dass die Veräußerung der Immobilie diesem Zweck nicht entsprach. Vielmehr entstand dem Vermögen des Erblassers durch die Veräußerung der Immobilie durch den Abwesenheitspfleger ein Vermögensschaden. Der Abwesenheitspfleger war Rechtsanwalt und folglich über die Pflichten eines Abwesenheitspfleger in vollem Umfang orientiert. Daher unterstellte das Gericht, dass der Abwesenheitspfleger unschwer in der Lage war, seine Pflichtverletzung zu erkennen. Da der Abwesenheitspfleger verpflichtet war, die Zweckmäßigkeit seiner Verfügung selbst zu prüfen, kann er den Schadensersatzanspruch Erbengemeinschaft nicht entgegenhalten, dass die Veräußerung der Immobilie vom Vormundschaftsgericht genehmigt wurde. Diese Genehmigung steht dem Schadensersatzanspruch der Erbengemeinschaft daher nicht grundsätzlich entgegen.

Erbrecht Wohngeld Nachlassverbindlichkeit | Wohngeldrückstände sind Erbfallschulden

Im vorliegenden Fall waren die Erben durch den Erbfall gemeinschaftlich Eigentümer einer Eigentumswohnung geworden. Die Erben konnten die Eigentumswohnung selbst nicht nutzen, da ein Wohnrecht bestand. Im Rahmen von notwendigen Sanierungsmaßnahmen wurde von der Eigentümergemeinschaft eine entsprechende Wohngeldzahlung beschlossen. Die Erben beantragten daraufhin die Nachlassinsolvenz. Die Eigentümergemeinschaft nahm die Erben persönlich auf Zahlung des Wohngeldes in Anspruch. Die Entscheidung wies die Klage mit Hinweis darauf zurück, dass es sich beim Wohngeld nicht um eine Nachlasserbenschuld handelt, sondern um eine Erbfallschuld. Folglich könnten die Erben selbst persönlich nicht auf Zahlung des Wohngeldes in Anspruch genommen werden, da der Anspruch gegen den Insolvenzverwalter zu richten ist. Nach Ansicht des Gerichtes haftet der Nachlass für das Wohngeld und nicht die Erben mit ihrem gesamten Vermögen. Die Entscheidung widerspricht der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Entscheidung falsch ist und der entwickelte Grundsatz im Rahmen anderer erbrechtliche Auseinandersetzungen über die rechtliche Bewertung des Wohngeldes als Erbfallschuld nicht bestätigt wird.

Erbrecht Testamentsvollstreckung Kosten Hilfspersonal | Hilfspersonal, das der Testamentsvollstrecker beschäftigt, um Tätigkeiten auszuführen, die dem Testamentsvollstrecker selbst möglich sind, darf aus dem Nachlass nicht vergütet werden

Im vorliegenden Fall wurde der Testamentsvollstrecker von den Erben auf Rechnungslegung in Anspruch genommen. Um im Anspruch auf Rechnungslegung gerecht werden zu können, beauftragte der Testamentsvollstrecker ein Steuerberaterbüro. Das Steuerberaterbüro rechnete dem Testamentsvollstrecker gegenüber Kosten von mehreren tausend Euro ab. Diese Kosten entnahm der Testamentsvollstrecker aus dem Nachlass. Die Erben verklagten den Testamentsvollstrecker auf Erstattung der Kosten für die Beauftragung der Steuerberatungsbüros an den Nachlass. Der Klage wurde entsprochen. Das Gericht kam im Rahmen seiner Prüfung zu dem Ergebnis, dass die notwendige Buchhaltung, auf deren Grundlage die Rechnungslegung zu erfolgen hatte, einfach und übersichtlich war. Diese Buchhaltung gehörte zum elementaren Aufgabenkreis des Testamentsvollstreckers. Aus diesem Grunde war der Testamentsvollstrecker nicht befugt, diese Aufgaben einem Steuerberaterbüro zu übertragen und die sich daraus ergebenden Kosten dem Nachlass gegenüber in Rechnung zu stellen. Im Umkehrschluss ergibt sich aus der Entscheidung, dass in bestimmten Situationen der Testamentsvollstrecker befugt ist, Hilfspersonal auf Kosten des Nachlasses zu beschäftigen. Dies gilt zumindest dann, wenn der Testamentsvollstrecker selbst aufgrund seiner beruflichen Qualifikation nicht in der Lage ist, bestimmte Tätigkeiten, die sich mit der Testamentsvollstreckung verbinden, auszuüben. Hierzu zählt sicherlich auch die Beauftragung eines Rechtsanwaltes zur Durchsetzung von Forderungen des Nachlasses.