Jahr 2015

Erbrecht Nachlasspflegschaft sofortige Leistungsklage | Die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft auf Antrag eines Nachlassgläubigers setzt keine sofortige Leistungsklage des Nachlassgläubigers voraus

Der Gläubiger hatte an den Erblasser eine Wohnung vermietet. Nach dem Tod des Erblassers waren dem Gläubiger keine Erben des Erblassers bekannt. Der Gläubiger wollte das Mietverhältnis ordnungsgemäß beenden und in rechtmäßiger Weise wieder in den Besitz der vermieteten Wohnung gelangen. Um die notwendigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen abgeben zu können, beantragte der Gläubiger die Bestellung eines Nachlasspfleger durch das Nachlassgericht. Der Antrag wurde mehrfach zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Gläubigers wurde das Nachlassgericht angewiesen, dem Antrag auf Bestellung eines Nachlasspfleger zu entsprechen. Die Tatsache, dass der Gläubiger offensichtlich nicht zeitnah eine Leistungsklage erheben wollte, stand aus Sicht des Gerichtes der Einrichtung der Nachlasspflegschaft nicht entgegen. Auch wenn ein Gläubiger zur Durchsetzung seiner Ansprüche außergerichtlich eine Regelung anstrebt, d.h. nicht die Absicht hat, zeitnah eine entsprechende Klage zu erheben, ist der Antrag des Gläubigers auf Bestellung eines Nachlasspfleger statthaft. Es entspricht der Funktion der Nachlasspflegschaft, dass ein Gläubiger zur Befriedigung seiner Ansprüche eine Regelung mit dem Nachlasspfleger vereinbart und damit den Klageweg nicht beschreiten muss.

Erbrecht GmbH Miterbe Auskunft | Auskunftsanspruch der Erben gegenüber einer GmbH zur Ermittelung der üblichen Vergütung des Erblassers als vormaligen Geschäftsführer der GmbH

Im vorliegenden Fall war der Erblasser Geschäftsführer einer GmbH, ohne dass ein festes Geschäftsführergehalt vereinbart war. Das Geschäftsführergehalt des Erblassers entsprach somit dem üblichen Vergütungsanspruch. Die für die Berechnung des Vergütungsanspruches notwendigen Informationen lagen den Erben aber nicht vor. Sie nahmen die GmbH daher auf Erteilung entsprechender Auskünfte im Wege einer Stufenklage in Anspruch. Das angerufene Landgericht wies die Klage ab. Das Berufungsgericht gab der Klage statt, da sich aus § 242 BGB ein entsprechender Auskunftsanspruch der Erben gegenüber der GmbH ergibt. In der vorliegenden Fallkonstellation beruht die Unkenntnis der Erben über die Berechnungsgrundlage des üblichen Geschäftsführergehalts des Erblassers nicht auf einem Verschulden der Erben. Die GmbH ist daher verpflichtet, den Erben die Auskünfte zu erteilen und mit entsprechenden Belegen nachzuweisen, die die Erben benötigen, um die übliche Vergütung zu ermitteln. Die GmbHs ist daher verpflichtet, den Erben die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung vorzulegen.

Erbrecht Testament Testamentskopie | Geht das Original eines Testament verloren kann unter bestimmten Voraussetzungen das Erbrecht durch eine Kopie des Testamentes nachgewiesen werden

Im vorliegenden Fall hatte der Erblasser in Gegenwart seiner Ehefrau ein formgültiges privates Testament errichtet. Auf Bitte des Erblassers fertigte die Ehefrau von diesem Testament eine Kopie und nahm die Kopie an sich. Das Original des Testamentes erhielt der Erblasser von seiner Ehefrau zurück. Mit dem Testament setzte der Erblasser seinen Neffen zum Alleinerben ein. Nach dem Tod des Erblassers konnte das Original des Testamentes nicht gefunden werden. Der Erbe legte dem Nachlassgericht die Kopie des Testamentes vor und beantragte die Erteilung eines Erbscheins. Dieser Antrag wurde unter Hinweis darauf zurückgewiesen, dass nicht feststeht, ob das Original des Testamentes vom Erblasser bewusst vernichtet wurde und somit von einem Widerruf des Testamentes auszugehen ist. Durch den Beschluss des OLG Naumburg wurde das Nachlassgericht angewiesen, den beantragten Erbschein zu erteilen. Die Ehefrau des Erblassers bekundete zur Überzeugung des Gerichtes die Tatsache, dass das Testament ursprünglich formgerecht vom Erblasser errichtet wurde. Bezüglich der eventuellen bewussten Vernichtung des Testamentes durch den Erblasser wies das Gericht darauf hin, dass der aus dem Testament hervorgehende Erbe nicht mit dem Beweis dafür belastet ist, dass der Erblasser das Original des Testamentes nicht willentlich vernichtet hat. Eine entsprechende Vermutungwirkung gibt es ebenfalls nicht. Aus diesem Grunde musste mir vorliegenden Ausnahmefall dem Erben ein Erbschein erteilt werden, obwohl lediglich eine Kopie des ursprünglichen Testamentes vorlag.

Erbrecht Pflichtteilsanspruch Schiedsgericht | Der Erblasser kann für Streitigkeiten über Pflichtteilsansprüche nicht wirksam die Zuständigkeit eines Schiedsgerichtes anordnen

Im vorliegenden Fall hatte die Erblasserin für den Fall von Streitigkeiten aus dem Erbfall die Zuständigkeit eines Schiedsgerichtes angeordnet. Nach dem Erbfall wurden Pflichtteilsansprüche geltend gemacht, hinsichtlich derer der Pflichtteilsberechtigte Klage erheben musste. Der Klage hielten die Erben entgegen, dass diese unzulässig sei, da der Pflichtteilsberechtigte zur Geltendmachung seiner Ansprüche das Schiedsgericht hätte anrufen müssen. Das Gericht ging von der Zulässigkeit der Klage aus, da es die Schiedsgerichtsklausel als unwirksam wertete. Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass das deutsche Erbrecht nicht vorsieht, dass der Erblasser über das Pflichtteilsrecht disponieren kann. Dieses Verbot erstreckt sich auch auf das Verfahrensrecht. Folglich kann der Erblasser für den Fall, dass es Streitigkeiten bezogen auf Pflichtteilsansprüche gibt, nicht anordnen, dass ein Schiedsgericht für die Entscheidung über diese Streitigkeiten zuständig sein soll.

Erbrecht Pflichtteilsergänzung Geldschenkung | Hat der Erbe dem Erblasser Geld geschenkt damit der Erblasser ein Grundstück erwerben kann so entfällt der Pflichtteilsanspruch hinsichtlich dieses Grundstückes nicht

Im vorliegenden Fall hatte der spätere Erbe dem Erblasser Geld geschenkt, mit dem der Erblasser ein Grundstück erwarb. Dieses Grundstück gehörte zum späteren Nachlass des Erblassers. Es wurden Pflichtteilsansprüche geltend gemacht, die das Grundstück bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruches mit berücksichtigten. Der Erbe hielt der Höhe des Pflichtteilsanspruches entgegen, dass das Grundstück, welches der Erblasser mit dem Geld aus der Schenkung des Erben erworben hatte, wegen dieser Schenkung nicht bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt werden darf. Die Entscheidung stellt klar, dass auch Nachlassvermögen, welches der Erblasser mit Geld aus einer Schenkung der späteren Erben erworben hat, bei der Berechnung des Pflichtteils zu berücksichtigen ist, soweit nicht andere Gründe dem entgegenstehen. Entscheidend ist, dass die erworbene Sache dem Nachlass zuzurechnen ist. Auf die Herkunft der Mittel, mit denen der Erblasser die Sache erworben hat, kommt es nicht an.

Erbrecht Stufenklage Streitwert | Der Streitwert einer Stufenklage ergibt sich immer aus dem Wert der Leistungsstufe

Im vorliegenden Fall hatte der Pflichtsberechtigte Stufenklage erhoben. Nach Abschluss der Auskunftsstufe zahlte der Beklagte den Pflichtteil an den Kläger. Das Gericht setzte den Streitwert in der Höhe fest, der sich aus der erteilten Auskunft ergab. Auf die Tatsache, dass das Verfahren vor erreichen der Leistungsstufe für erledigt erklärt wurde, kam es aus Sicht des Gerichts nicht an. Die Entscheidung bestätigt, dass im Falle einer Stufenklage sich der Streitwert immer aus dem Wert der Leistungsstufe ergibt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob im Verfahren tatsächlich in der Leistungsstufe Anträge gestellt werden. Wird das Verfahren aufgrund einer Zahlung nach Abschluss der Auskunftsstufe für erledigt erklärt, ergibt sich der Wert der Leistungsstufe und damit der Streitwert aus der Zahlung, die zur Erledigung führte.

Erbrecht Wohnrecht Berechtigter Auszug | OLG Saarbrücken 5 W 175/10 | Der Auszug des Berechtigten aus der Wohnung führt nicht zum Fortfall eines dinglich gesicherten Wohnrechtes

Im vorliegenden Fall hatte der Erblasser der Berechtigten ein Wohnrecht eingeräumt, welches dinglich durch eine Eintragung im Grundbuch gesichert war. Der Erblasser hatte angeordnet, dass das Wohnrecht unter bestimmten Bedingungen, wie zum Beispiel der Wiederverheiratung, entfällt. Eine Anordnung aus der sich ergibt, dass das Wohnrecht zum Fortfall kommt, wenn die Berechtigte aus der Wohnung auszieht, hatte der Erblasser nicht getroffen. Aus persönlichen Gründen zog die Berechtigte aus der Wohnung aus, ohne dass ihr die Ausübung des Wohnrechtes aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich war. Hinsichtlich des Nachlasses des Erblassers war die Nachlassverwaltung angeordnet. Der Nachlassverwalter wollte die Löschung des Wohnrechtes aus dem Grundbuch bewirken, da die berechtigt aus der Wohnung ausgezogen war. Die vorliegende gerichtliche Entscheidung stellt klar, dass hierfür der Auszug der Berechtigten us der Wohnung alleine nicht ausreicht, soweit der Erblasser nicht eine entsprechende Anordnung getroffen hat. Das Grundbuchamt hatte somit die Löschung des dinglich gesicherten ohnrechtes aus dem Grundbuch zu Recht abgelehnt.

Erbrecht Mahnverfahren Erbe Verfahrensaufnahme | Verstirbt der Erblasser während eines laufenden Mahnverfahrens sind die Erben berechtigt das Verfahren aufzunehmen und fortzusetzen

Der vorliegende Fall ist insofern untypisch, als dass eine juristische Person, die ein Mahnverfahren einleitete während des Mahnverfahrens mit einer anderen juristischen Person fusionierte. Das Gericht stellte dies mit dem Tod einer natürlichen Person während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens gleich. Die Entscheidung kommt zu dem Ergebnis, dass ein Erbe ein laufendes Mahnverfahren, welches der Erblasser zu Lebzeiten eingeleitet hatte, aufnehmen und fortsetzen kann.

Erbrecht Prozesskostenhilfe Erbenhaftung OLG Düsseldorf 24 W 27/10 | Beruft sich ein Erbe auf die beschränkte Erbenhaftung so ist ihm Prozesskostenhilfe hinsichtlich der gesamten Rechtsverteidigung zu bewilligen

Im vorliegenden Fall berief sich ein Erbe auf die beschränkte Erbenhaftung und beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Die Prozesskostenhilfe wurde ihm aber nur bezüglich seiner Einrede der beschränkten Erbenhaftung gewährt. Hiergegen erhob der Betroffene Beschwerde. Das OLG Düsseldorf kommt in seiner Entscheidung zu dem Ergebnis, dass eine solche Beschränkung unzulässig ist. Auch dem Erben, der sich in seiner Rechtsverteidigung auf die beschränkte Erbenhaftung beruft, ist für die gesamte Rechtsverteidigung Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Erbrecht Beschwerdeverfahren Hilfsantrag – OLG Hamm 15 W 635/10 | Im Beschwerdeverfahren nach den Vorschriften des FamFG ist das Stellen eines Hilfsantrages zulässig

Beschluss des OLG Hamm vom 09.11.2011 Aktenzeichen: 15 W 635/10 Kurze Zusammenfassung der Entscheidung: Im vorliegenden Fall hatte das Nachlassgericht alle Erbscheinsanträge zurückgewiesen. Im Beschwerdeverfahren wies das Gericht darauf hin, dass nur einer der Erben als Alleinerbe berechtigt ist, einen…