Auskunftsansprüche des pflichtteilsberechtigten Vermächtnisnehmers gegenüber den Erben nach Annahme des Vermächtnisses | OLG München - Urteil vom 21.11.2022 33 - U 2216/22
Mit Endurteil vom 22. November 2022 musste das OLG München die Frage entscheiden, ob ein Pflichtteilsberechtigter, dem ein Vermächtnis in Höhe seines Pflichtteils vom Erblasser zugewandt wurde, gegenüber dem Erben noch einen Anspruch auf Auskunft und Wertermittlung aus Pflichtteilsrecht zusteht, wenn er das Vermächtnis bereits angenommen hat. Diese Frage wurde vom OLG München verneint.
Das OLG München beschäftigt sich in seinem Beschluss vom 18. Februar 2021 mit der Frage, welcher Verjährungsfrist Grundstücksvermächtnisse unterliegen.
Eine Testamentsvollstreckung, die sich auf Beaufsichtigung der Erben beschränkt ist nicht im Erbschein zu vermerken.
Im vorliegenden Fall hinterließ der Erblasser ein behindertes Kind.
Im vorliegenden Fall hinterließ die Erblasserin 2 Erben. Im Wege von Vorausvermächtnissen hatte die Erblasserin den Erben Immobilien zugewandt. Ohne die Erbengemeinschaft im Ganzen auseinanderzusetzen, stimmte die Erbengemeinschaft der Übertragung des Eigentums an den Immobilien zur Erfüllung der Vorausvermächtnis zu. Beim Grundbuchamt wurde sodann die Eintragung der jeweiligen Erben als Grundstückseigentümer beantragt.
Das Grundbuchamt folgte dem Antrag und setzte die üblichen Gebühren als Kosten zu Lasten der Erben fest. Diese Kostenbescheide wurde vom Grundbuchamt später wieder aufgehoben, da nach Ansicht des Grundbuchamtes auch die Erfüllung von Vermächtnissen zugunsten der Erben der Kostenprivilegierung unterliegt, soweit die Grundbuchumschreibung innerhalb von 2 Jahren nach dem Erbfall beantragt wird.
Gegen die Entscheidung des Grundbuchamtes legte der Bezirksrevisor Erinnerung ein. Nachdem das Amtsgericht der Erinnerung nicht abhalf, erhob der Bezirksrevisor Beschwerde, der seitens des Grundbuchamtes nicht abgeholfen wurde. Das OLG München wies die Beschwerde im Weiteren als unbegründet zurück.
Nach Ansicht des OLG München ist die Kostenprivilegierung für die Erben umfassend. Es kommt diesbezüglich nicht darauf an, dass die Erbengemeinschaft vollständig auseinander gesetzt wird. Aus diesem Grunde fällt auch die Erfüllung von Vermächtnissen zugunsten der Erben unter die Kostenprivilegierung.
Im vorliegenden Fall vermachte der Erblasser der Vermächtnisnehmerin eine Eigentumswohnung. Der Erblasser hatte die Testamentsvollstreckung angeordnet. Im Vermächtniserfüllungsvertrag zwischen dem Testamentsvollstrecker und der Vermächtnisnehmerin wurde geregelt, dass diese die Erbschaftssteuer trägt, die hinsichtlich des Vermächtnisses anfällt. Dies lehnte die Vermächtnisnehmerin ab. Aus diesem Grunde konnte der Vermächtniserfüllungsvertrag nicht abgeschlossen werden.
Im Weiteren setzte das Finanzamt hinsichtlich des Vermächtnisses die Erbschaftssteuer zu Lasten der Vermächtnisnehmerin fest und stellte den Steuerbescheid dem Testamentsvollstrecker zu. Der Testamentsvollstrecker machte daraufhin gegenüber der Vermächtnisnehmerin einen Freistellungsanspruch bezüglich der Erbschaftsteuer geltend. Dem entsprechenden Klageantrag entsprach das angerufene Landgericht. Die Entscheidung wurde im Berufungsverfahren vom OLG Karlsruhe aufgehoben.
Die Erbschaftssteuer wurde gegen die Vermächtnisnehmerin festgesetzt. Steuersubjekt und damit Belastete der festgesetzten Erbschaftssteuer war somit die Vermächtnisnehmerin. Eine Festsetzung zu Lasten des Nachlasses hatte das Finanzamt nicht vorgenommen. Aus dem vorliegenden Erbschaftssteuerbescheid konnte der Nachlass somit nicht in Anspruch genommen werden. Da eine Inanspruchnahme des Nachlasses aufgrund des vorliegenden Erbschaftssteuerbescheid ausgeschlossen war, kam ein entsprechender Freistellungsanspruch des Nachlasses, vertreten durch den Testamentsvollstrecker, gegenüber der Vermächtnisnehmerin nicht in Betracht. Die Klage war daher abzuweisen.
Im vorliegenden Fall waren die Erblasser Eheleute, die sich wechselseitig für den 1. Erbfall als Erben eingesetzt hatten. Für den 2. Erbfall wurde angeordnet, dass die beiden Abkömmlinge, d.h. die beiden Söhne der Erblasser, Schlusserben werden sollten.
Hinsichtlich eines der beiden Söhne wurde von den Erblassern testamentarisch angeordnet, dass dieser nur das Inventar erhalten sollte. Das ihm zustehende Geld sollte hingegen ausschließlich einem Enkelkind zukommen.
Nachdem beide Erblasser verstorben waren, beantragte der Sohn, der hinsichtlich der Erbschaft nicht auf das Inventar beschränkt wurde, die Erteilung eines Alleinerbscheins. Er begründete den Antrag damit, dass sich aus der letztwilligen Verfügung der Erblasser ergibt, dass sein Bruder enterbt werden sollte. Das Nachlassgericht entsprach dem Antrag nicht. Das OLG Karlsruhe wies im Beschwerdeverfahren das Nachlassgericht an, den beantragten Alleinerbschein zu erteilen.
Das OLG Karlsruhe kam im Wege der Auslegung zu dem Ergebnis, dass die Erblasser dem 2. Sohn lediglich ein Vermächtnis hinsichtlich des Inventars zuwenden wollten. Dies ergab sich für das OLG Karlsruhe aus der Tatsache, dass die Zuwendung auf das Inventar beschränkt wurde. Gleichzeitig wurde das Geldvermögen, welches dem 2. Sohn dem Grunde nach Zustand, unmittelbar dem Enkelkind zugewandt. Hierin sah das Gericht den Willen der Erblasser, den 2. Sohn zu enterben und auf ein Vermächtnis hinsichtlich des Inventars zu beschränken.
Da das Gericht im Rahmen der Auslegung des Testamentes der Erblasser zu dem Ergebnis kam, dass der 2. Sohn von den Erblassern enterbt wurde, musste dem Antrag des anderen Abkömmlings entsprochen werden, d.h. diesem war der beantragten Alleinerbschein zu erteilen.
Was ist unter einem Vermächtnis zu verstehen?
Juristische Laien unterscheiden regelmäßig nicht zwischen den Begriffen Erbschaft und Vermächtnis. Für sie hat es die gleiche Bedeutung, ob jemandem etwas vererbt oder vermacht wird. Dass dies nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht, ergibt sich bereits aus § 1939 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), mit dem der Gesetzgeber das Vermächtnis regelt.
Im vorliegenden Fall musste zur Erfüllung eines Vermächtnisses das Eigentum an einer Eigentumswohnung von der Erbengemeinschaft auf eine Miterbin übertragen werden. Dabei bestand zwischen den Parteien des Übertragungsvertrages Einigkeit darin, dass neben dem Eigentum an der Eigentumswohnung auch das der Eigentumswohnung zugeordnete Sondereigentum zu Vermächtniserfüllung übertragen werden soll.
Die Übertragung des Sondereigentums wurde in die Notarurkunde aber nicht aufgenommen. Die Mitglieder der Erbengemeinschaft wiesen den Notar schriftlich an, das Grundbuchamt darüber zu unterrichten, dass auch das Sondereigentum von der vertraglichen Vereinbarung erfasst ist. Der Notar legte diese Erklärung dem Grundbuchamt vor, welches trotzdem eine öffentlich beglaubigte Genehmigungserklärung der Miterben hinsichtlich des Sondereigentums verlangte. Gegen die entsprechende Mitteilung des Grundbuchamtes legte der Notar Beschwerde ein.
Das OLG Stuttgart gab der Beschwerde mit Hinweis auf den Grundsatz \"Falsa demonstratio non nocet\" statt und wies das Grundbuchamt an, die Eintragung antragsgemäß vorzunehmen.
Bei der Auslegung von Willenserklärungen kommt es nicht auf den gewählten Wortlaut, sondern auf das von den Parteien tatsächlich gewollte an. Dementsprechend erfasste die notarielle Erklärung der Mitglieder der Erbengemeinschaft auch das Sondereigentum, welches der Eigentumswohnung zugeordnet war. Diesem Grundsatz steht die Tatsache nicht entgegen, dass die Willenserklärungen notariell beurkundet werden mussten.
Im vorliegenden Fall hatte die Erblasserin mehrere Personen als Erben benannt. Für den Fall, dass diese Erben nicht in der Lage sind, die Erbschaft anzutreten, wurde lediglich angeordnet, dass keiner ihrer sonstigen Verwandten Erbe werden sollte. Ihr Vermögen sollte vielmehr für wohltätige Zwecke verwendet werden. Dem Testament konnte entnommen werden, dass die Erblasserin hierbei an 4 unterschiedliche Organisation dachte, ohne diese genauer zu bezeichnen.
Keiner der benannten Erben war in der Lage, die Erbschaft anzutreten. Daraufhin stellte einer der Verwandten einen Erbscheinsantrag. Aus dem Kreis der nicht genauer benannten Organisationen wurde ebenfalls ein Erbscheinsantrag gestellt. Beide Anträge wurden zurückgewiesen.
Die Entscheidung des Nachlassgerichtes wurde vom OLG Düsseldorf bestätigt. Die Erblasserin hat durch ihre negative Anordnung bezüglich der Erben alle Verwandten von der Erbschaft ausgeschlossen, soweit sie im Testament nicht ausdrücklich als Erben benannt wurden. Weitere Erben konnten dem Testament nicht entnommen werden. Folglich musste der Fiskus als Erbe angesehen werden. Die Erbschaft des Fiskus ist mit der Auflage verbunden, das geerbte Vermögen für wohltätige Zwecke zu verwenden. Mangels entsprechendem Erbrecht waren die Anträge der Antragsteller alle zurückzuweisen.
Im vorliegenden Fall stand der Nießbrauchsberechtigte unter Betreuung. Der Betreuer war Vermächtnisnehmer. Gegenüber dem Betreuer hätte der Nießbrauchsberechtigte Pflichtteilsansprüche geltend machen können.
Durch einen Wasserschaden war das Gebäude, auf welches sich das Nießbrauchsrecht bezog, in einem so schlechten Zustand, dass es nicht bewohnt werden konnte. Der Nießbrauchsberechtigte wollte Schadenersatz gegen die Mieter klageweise geltend machen, die den Gebäudeschaden verursacht hatten. Hierfür beantragte er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Der Antrag wurde mit Hinweis darauf zurückgewiesen, dass der Antragsteller Pflichtteilsansprüche gegenüber dem Vermächtnisnehmer, d.h. seinen Betreuer geltend machen könnte.
Auf die Beschwerde des Nießbrauchsberechtigten wurde diesem Prozesskostenhilfe bewilligt. Das Gericht ging in seiner Entscheidung davon aus, dass aufgrund des schlechten baulichen Zustandes der vermachten Immobilie Pflichtteilsansprüche des Nießbrauchsrechtes gegenüber dem Vermächtnisnehmer nicht in Betracht kamen. Damit war der Nießbrauchsberechtigte trotz Pflichtteilsanspruch wirtschaftlich im Sinne Prozesskostenhilfe bedürftig.
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