Arbeitsrecht: Anspruch auf Abfindung bei Kündigung durch den Arbeitgeber

Arbeitsrecht: Anspruch auf Abfindung bei Kündigung durch den Arbeitgeber | Rechtsanwalt Arbeitsrecht Köln | Kanzlei Balg und Willerscheid - Rechtsanwälte und Fachanwälte
Rechtsanwalt Arbeitsrecht Köln | Abfindung bei Kündigung

Im Arbeitsrecht ist die Abfindung eine einmalige Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, mit der er den Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Verlust des Arbeitsplatzes entschädigt. Die Annahme, dass bei einer Kündigung dem Arbeitnehmer immer eine Abfindung zusteht, ist ein weit verbreiteter Irrtum. In der Regel gibt es bei einer Kündigung keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung. Im Folgenden wird dargestellt, wann und warum eine Abfindung gezahlt wird, welche Rolle die Kündigungsschutzklage bei der Abfindung spielt, welche Faktoren für die Höhe der Abfindung von Bedeutung sind und ob Sozialabgaben und Steuern auf die Abfindung zu zahlen sind.

1. Grundsatz: Kein gesetzlicher Anspruch auf Abfindung

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Die arbeitsrechtlichen Regelungen zum Kündigungsschutz bezwecken in erster Linie den Erhalt des Arbeitsplatzes. Es gibt daher im Fall der Kündigung grundsätzlich keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung. Ziel eines Kündigungsschutzprozesses ist es, die Unwirksamkeit einer Kündigung feststellen zu lassen mit dem Ziel der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber kann daher im Kündigungsschutzprozess nicht auf Zahlung einer Abfindung verklagt werden. Gleichwohl endet aber eine Vielzahl von Kündigungsschutzprozessen mit der Zahlung einer Abfindung. Die Zahlung einer Abfindung beruht dann meistens auf einer freiwilligen Vereinbarung des Arbeitgebers mit dem Arbeitnehmer.

2. Wann besteht ausnahmsweise ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung?

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Mit der Kündigung besteht ein Anspruch auf Abfindung. wenn dieser in

  • einem Sozialplan,
  • einer Betriebsvereinbarung,
  • einem Tarifvertrag oder
  • einem Arbeitsvertrag

festgeschrieben ist.

Darüber hinaus kann ein Anspruch auf eine Abfindung gem. § 1 a KSchG bei einer betriebsbedingten Kündigung entstehen, wenn der Arbeitgeber in dem Kündigungsschreiben für den Fall, dass der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhebt, eine Abfindung anbietet.

Außerdem kann das Arbeitsgericht in einem Kündigungsschutzverfahren bei einem Auflösungsantrag gem. §§ 9,10 KSchG eine Abfindung durch Urteil festsetzen.

Im Übrigen kann ein Abfindungsanspruch im Vorfeld eine Kündigung oder nach einer Kündigung nur durch eine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber begründet werden. In folgenden Fällen wird typischerweise eine Abfindung vereinbart:

  • Zur Vermeidung einer Kündigung kann eine Aufhebungsvereinbarung mit einer Abfindungsklausel geschlossen werden.
  • Nach einer Kündigung kann der Anspruch auf eine Abfindung in einer Abwicklungsvereinbarung festgeschrieben werden.
  • Häufig einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch erst während eines laufenden Kündigungsschutzverfahrens im Rahmen eines gerichtlichen Vergleiches über die Zahlung einer Abfindung.

3. Abfindung gem. § 1a KSchG bei betriebsbedingter Kündigung

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Sofern das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist, kann bei einer betriebsbedingten Kündigung ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung gem. § 1 a KSchG bestehen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Arbeitgeber in dem Kündigungsschreiben anbietet, eine Abfindung zu zahlen, falls der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhebt. Klagt der Arbeitnehmer in diesem Fall nicht innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist nach § 4 KSchG, hat er einen gesetzlich vorgeschriebenen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung in Höhe eines halben Brutto-Monatsverdienst pro Beschäftigungsjahr.

4. Abfindung im Kündigungsschutzprozess durch arbeitsgerichtliches Urteil

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Die Festsetzung einer Abfindung durch ein Urteil des Arbeitsgerichts kommt in Betracht, wenn sich im Kündigungsschutzprozess herausstellt, dass die Kündigung zwar unwirksam ist, für den Arbeitnehmer oder Arbeitgeber eine weitere Zusammenarbeit aber unzumutbar ist. Dies kann z. B der Fall sein, wenn schon zum Zeitpunkt der Kündigung das Vertrauensverhältnis zerstört ist (etwa wegen unzutreffender Beschuldigungen seitens des Arbeitgebers) oder die Parteien während des Gerichtsverfahrens so in Streit geraten sind, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist.

In diesem Fall kann der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung stellen. Das Arbeitsgericht wird dann die Unwirksamkeit der Kündigung und die Auflösung des Arbeitsverhältnisses feststellen. Bei Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses wird es den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung verurteilen. Das Gericht setzt die Höhe der Abfindung gem. § 10 KSchG fest.

5. Vereinbarung einer Abfindung in einem Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag oder in einem gerichtlichen Vergleich

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In den meisten Fällen werden Abfindungen auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer bezahlt. Obwohl ein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung bei einer Kündigung nicht besteht, ist der Arbeitgeber gleichwohl häufig bereit, mit dem Arbeitnehmer eine freiwillige Vereinbarung über die Zahlung einer Abfindung zu schließen, wenn dieser dafür im Gegenzug auf seinen Kündigungsschutz verzichtet.

Eine Kündigungsschutzklage stellt für den Arbeitgeber häufig ein finanzielles Risiko dar. Der Ausgang einer Kündigungsschutzklage ist für den Arbeitgeber keineswegs immer sicher, da das Gesetz an eine wirksame Kündigung hohe Anforderungen stellt. Außerdem kann das Verfahren Monate oder Jahre dauern. Stellt das Gericht die Unwirksamkeit der Kündigung fest, muss der Arbeitgeber den gekündigten Arbeitnehmer weiterbeschäftigen und für den gesamten zurückliegenden Zeitraum den Lohn nachbezahlen, auch wenn der Arbeitnehmer in dieser Zeit nicht mehr für ihn gearbeitet hat. Die Höhe der Nachzahlungsansprüche ist von der Dauer des Prozesses abhängig, auf die der Arbeitgeber keinen Einfluss hat.

Mit der Vereinbarung einer Abfindung kann sich der Arbeitgeber von dem Prozessrisiko freikaufen und Planungssicherheit gewinnen. Zu diesem Zweck kann er dem Arbeitnehmer den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung bzw. einer Abwicklungsvereinbarung anbieten oder sich während eines Kündigungsschutzverfahrens auf einen gerichtlichen Vergleich über die Zahlung einer Abfindung einlassen.

6. Kündigungsschutzklage und Abfindungsverhandlungen

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Der Arbeitgeber wird eine Abfindung nur zahlen, wenn für ihn bei einer Kündigungsschutzklage ein Prozessrisiko besteht. Wird nach dem Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber nicht innerhalb der 3-Wochen-Frist Kündigungsschutzklage erhoben, können Gründe für die Unwirksamkeit der Kündigung in der Regel nicht mehr geltend gemacht werden. Die Kündigung gilt als wirksam. Der Arbeitgeber hat ab diesem Zeitpunkt keinen Grund mehr, eine Abfindung zu zahlen.

Auch wenn der Arbeitgeber vor oder nach der Kündigung Einigungsbereitschaft hinsichtlich einer Abfindung signalisiert hat, empfiehlt es sich daher für den Arbeitnehmer immer, zur Wahrung seiner Verhandlungsposition Kündigungsschutzklage zu erheben, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • innerhalb der 3-Wochen-Frist ist keine schriftliche Vereinbarung über die Zahlung einer Abfindung zustande gekommen und
  • die Kündigungsschutzklage ist nicht völlig aussichtslos.

Besteht für den Arbeitgeber ein Prozessrisiko, welches er nicht kalkulieren kann, ist es aus seiner Sicht vernünftig, die Zahlung einer Abfindung in Betracht zu ziehen. Je höher für den Arbeitgeber das Prozessrisiko ist, desto eher wird er bereit sein, eine Abfindung zu zahlen.

7. Höhe der zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbarten Abfindung

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Die Höhe der Abfindung ist Verhandlungssache. Gesetzliche Maßstäbe für die Festlegung einer Abfindung gibt es nicht.

Es hat sich jedoch eine „Faustformel“, auch Regelabfindung genannt, herausgebildet. Danach wird bei Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von einem halben Gehalt pro Beschäftigungsjahr gezahlt.

Dies kann aber nur eine grobe Richtschnur für die Ermittlung der angemessenen Höhe der Abfindung darstellen. Maßgebend sind immer die Umstände des Einzelfalls. Nachfolgende Faktoren können in Verhandlungen zu Abschlägen oder Zuschlägen führen:

Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage

Die Höhe der Abfindung wird maßgeblich von dem Prozessrisiko bestimmt. Je höher das Risiko für den Arbeitgeber ist, desto eher wird er sich auf eine Abfindung einlassen, die die Faustformel überschreitet. Sind die Erfolgsaussichten gering, wird er möglicherweise gar keine Abfindung oder nur eine geringere als die Regelabfindung zahlen.

Finanzielles Risiko durch Gehaltsnachzahlungen

Die Höhe der Abfindung hängt auch entscheidend von dem finanziellen Risiko ab, welches der Arbeitgeber durch eventuelle Gehaltsnachzahlungen trägt. Je länger der Kündigungsschutzprozess dauert, desto höher wird das Risiko in der Regel für den Arbeitgeber. Verliert er den Prozess, gilt die Kündigung als nicht wirksam und er muss rückwirkend das Gehalt nachzahlen. Mit dem steigenden finanziellen Risiko von Gehaltsnachzahlungen wird daher auch die Bereitschaft zur Zahlung einer höheren Abfindung steigen.

Kurze Beschäftigungsdauer

Bei einer kurzen Beschäftigungsdauer kann die Höhe der Abfindung nach der Faustformel weit geringer sein als die Gehaltsnachzahlungen, die auf den Arbeitgeber im Fall des Unterliegens im Kündigungsschutzverfahren zukommen. Bei guten Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage kann dies die Forderung des Arbeitnehmers nach einer Abfindung rechtfertigen, die oberhalb der Faustformel liegt.

Soziale Faktoren

Alter und Chancen auf dem Arbeitsmarkt fließen in die Verhandlungen über die Höhe einer Abfindung mit ein.

Wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers

Bei der Höhe der Abfindung spielt natürlich auch die wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers eine Rolle. Der Arbeitgeber muss in der Lage sein, die Abfindung zahlen zu können.

Der Arbeitgeber wird in der Regel nicht freiwillig eine Abfindung zahlen. Letztlich hängt es daher von dem Verhandlungsgeschick der Parteien ab, ob und in welcher Höhe eine Abfindung gezahlt wird.

8. Keine Sozialabgaben auf Abfindung

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Bei der Abfindung handelt es sich nicht um ein Arbeitsentgelt, sondern um eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes. Für Abfindungszahlungen sind daher keine Pflichtbeiträge in die Sozialversicherung (Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) zu entrichten.

9. Abfindung und Einkommenssteuer

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Die Abfindung unterliegt in voller Höhe der Steuerpflicht. Sie kann aber als Entschädigung nach § 24 Nr. 1 a, § 34 Abs.1 und 2 Nr. 2 EStG bei Anwendung der sog. Fünftel-Regelung steuerbegünstigt sein.

Die Abfindung wird in dem Jahr besteuert, in dem sie zufließt. Dies kann auf Grund der Steuerprogression zu einer hohen Steuerlast führen, die durch die Fünftel-Regelung gedrückt werden soll. Die Steuerberechnung bei Anwendung der Fünftel-Regelung erfolgt in folgenden Schritten:

  1. Zunächst wird ein Fünftel der Abfindung zu dem Jahreseinkommen addiert und die Steuer berechnet.
  2. Es wird die Steuer für das Jahreseinkommen ohne die Abfindung errechnet.
  3. Die fünffache Differenz aus beiden Steuerbeträgen ist die Einkommenssteuer die auf die Abfindung zu zahlen ist.

10. Unsere Leistungen für Sie

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