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Beschluss des OLG München vom 08.11.2016
Aktenzeichen: 31 Wx 224/16
Kurze Zusammenfassung der Entscheidung:
Im vorliegenden Fall hatten Eheleute ein gemeinsames Testament errichtet. Die Erbeinsetzung war nur für den 1. Erbfall durch wechselseitige Erbeinsetzung der Eheleute geregelt. Darüber hinaus gingen aus dem Testament unterschiedliche Vermögenszuwendungen zu Gunsten der Söhne der Eheleute hervor.
Die Einsetzung von Schlusserben war dem Testament nicht zu entnehmen. Allerdings nahmen die Eheleute in ihr Testament eine Pflichtteilsstrafklausel mit dem Inhalt auf, dass ein Abkömmling, der im Falle des 1. Erbfalls Pflichtteilsansprüche geltend macht, auch für den 2. Erbfall auf den Pflichtteil gesetzt wird.
Nachdem beide Ehegatten verstorben war, erteilte das Nachlassgericht den Söhnen einen gemeinschaftlichen Erbschein, da es die Pflichtteilsstrafklausel so auslegte, dass sich hieraus der Wille der Erblasser gibt, ihre Söhne als Schlusserben einzusetzen. Der hiergegen eingelegten Beschwerde entsprach das Nachlassgericht nicht.
Das OLG München kam der Beschwerde ebenfalls nicht nach. Das OLG München bestätigte vielmehr die Einschätzung des Nachlassgerichtes, dass sich aus der Pflichtteilsstrafklausel der Eheleute schließen lässt, dass diese ihre Söhne als Schlusserben einsetzen wollten.
(Ehegattentestament Erbeinsetzung Pflichtteilsstrafklausel)
Tenor:
1) Die Beschwerden der Beteiligten zu 2 und 3 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim – Nachlassgericht – vom 10.5.2016 werden zurückgewiesen.
2) Die Beteiligten zu 2 und 3 haben die dem Beteiligten zu 1 im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
3) Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 79.831 € festgesetzt.
(Ehegattentestament Erbeinsetzung Pflichtteilsstrafklausel)
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässigen Beschwerden haben in der Sache keinen Erfolg. Der Senat teilt die Auffassung des Nachlassgerichts, dass die Voraussetzungen für die von den Beschwerdeführern beantragte Erteilung eines Erbscheins mit einer Erbquote von je …% nicht vorliegen.
Das gemeinschaftliche Testament vom 7.9.2000 enthält entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer eine Schlusserbeneinsetzung der Erblasserin zugunsten der gemeinsamen Kinder der Ehegatten, die wechselbezüglich im Sinne des § 2270 Abs. 1 BGB zu ihrer Erbeinsetzung durch den vorverstorbenen Ehemann ist. Demgemäß ist das von der Erblasserin am 27.7.2007 errichtete Testament, in dem sie den Beteiligten zu 2 und 3 ihr Wohneigentum zuwendet in entsprechender Anwendung des § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.
1. Eine ausdrückliche Erbeinsetzung findet sich in dem gemeinschaftlichen Testament vom 7.9.2000 lediglich in Bezug auf die Regelung des ersten Todesfalls eines der Ehegatten. In diesem Fall soll der überlebende Ehegatte „Alleinerbe“ sein. Eine ausdrückliche Einsetzung eines Erbens nach dem Tod des überlebenden Ehegatten ist hingegen in dem Testament nicht angeordnet. Die weiteren Verfügungen betreffen Anordnungen in Bezug auf die „Pflichtteile“ und die „Erbteile“ ihrer Söhne sowie die Zuwendung von Vermögensgegenständen bzw. -massen.
2. Im Ergebnis zu Recht hat daher das Nachlassgericht das gemeinschaftliche Testament in Bezug auf die Anordnung einer Schlusserbfolge in Bezug auf das Ableben des überlebenden Ehegatten als auslegungsbedürftig angesehen.
a) Maßgebend für die Annahme einer Schlusserbeneinsetzung ist, dass die Ehegatten neben dem ersten Erbfall auch den Fall des Ablebens des überlebenden Ehegatten abschließend regeln wollten und entsprechend dem gemeinsamen Willen der Ehegatten das beidseitige Vermögen als eine Einheit einem Dritten anfallen soll (vgl. NK-Erbrecht/Gierl 4. Auflage <2014> § 2269 Rn. 11 ff.).
b) Der Senat teilt die Auffassung des Nachlassgerichts, dass die Ehegatten vorliegend konkludent eine Schlusserbeneinsetzung getroffen haben. Denn die Ehegatten haben in dem gemeinschaftlichen Testament neben der Alleinerbeinsetzung des Überlebenden zugleich Anordnungen für den Fall bis bzw. nach dem Ableben des überlebenden Ehegatten getroffen. Ihre Anordnungen betreffend einen „Pflichtteils“- bzw. „Erbteilsverzicht“ bis beide Eltern verstorben sind, legt den Schluss nahe, dass der Wille der Ehegatten darauf gerichtet war, dass der überlebende Ehegatten in den uneingeschränkten Genuss des ehelichen Vermögens gelangen sollte und ihre Kinder erst nach dem Ableben des überlebenden Ehegatten darauf Zugriff haben sollten. In dieser Anordnung kommt daher die Vorstellung der Ehegatten zum Ausdruck, dass das beidseitige Vermögen nach dem Ableben des überlebenden Ehegatten als eine Einheit ungeschmälert an einen Dritten übergehen soll.
c) Zu Recht ist das Nachlassgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass nach dem Willen der Ehegatten die Kinder der Ehegatten, M. und G. (= Beteiligter zu 1), gleichberechtigte (Mit-) Schlusserben zu je% sein sollten. Eine solche Auslegung findet ihre Stütze in den von den Ehegatten verwendeten Formulierung und Anordnungen betreffend ihre Kinder. „Beide“ sollen auf ihren „Pflichtteil“ bzw. Erbteil“ bis zum Tod des überlebenden Ehegatten verzichten. Auch soll das nach Verteilung der Immobilie und der den Beteiligten zu 2 und 3 zugewendeten Geldbeträge noch vorhandene restliche Bargeld und Mobiliar unter ihren Söhnen aufgeteilt werden. Diese Regelungen legen den Schluss nahe, dass die Ehegatten ihre Kinder als gleichberechtigt in Bezug auf ihren Nachlass angesehen haben. Diese Vorstellung kommt auch in den Ausführungen in Bezug auf die Zuwendung der Immobilie an den Sohn „M.“ zum Ausdruck. Darin haben sie die Zuwendung der Eigentumswohnung in Rosenheim, … ausdrücklich „als Ausgleich“ für die bereits zu ihren Lebzeiten erfolgte Übertragung des Grundstücks „…“ angeordnet. Insoweit sollte dieser seinem Bruder „G.“ in wirtschaftlicher Hinsicht gleichgestellt werden.
In der Gesamtschau der von den Ehegatten verwendeten Formulierungen und Zuwendungen in Bezug auf ihre Kinder kommt der gemeinsame Wille der Ehegatten im Zeitpunkt der Testamentserrichtung zum Ausdruck, dass ihre Söhne zu gleichen Teilen ihre Rechtsnachfolger in wirtschaftlicher Hinsicht sein sollen. Insofern liegt in der Zuwendung der Immobilie entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers zugunsten des Sohnes „M.“ nicht dessen Bestimmung zum alleinigen Rechtnachfolger der Ehegatten, sondern die Anordnung eines Vorausvermächtnisses, durch das erst die erstrebte gleichmäßige Verteilung ihres nach Abzug aller Vermächtnisse noch verbliebenen Rechtsvermögens erreicht werden soll. Im Übrigen weist das von der Erblasserin im Nachlassverfahren betreffend ihres vorverstorbenen Ehemannes eingereichte Nachlassverzeichnis in Bezug auf Bankguthaben einen Wert in Höhe von … DM, in Bezug auf Wertpapiere einen Wert in Höhe von … DM sowie in Bezug auf das KFZ einen Wert in Höhe von … DM aus.
Demgemäß stellt die Eigentumswohnung („…“) mit dem im Nachlassverzeichnis angesetzten Wert in Höhe von … € entgegen der Behauptung der Beschwerdeführer nicht das wesentliche Vermögen der Ehegatten dar.
3. Die Einsetzung der Erblasserin durch ihren vorverstorbenen Ehemann ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer wechselbezüglich im Sinne des § 2270 Abs. 1 BGB zu der Einsetzung der aus der Ehe hervorgegangen gemeinsamen Kinder „G.“ und „M.“.
a) Nach § 2270 Abs. 1 BGB sind in einem gemeinschaftlichen Testament getroffene Verfügungen dann wechselbezüglich und damit für den überlebenden Ehegatten bindend, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen Ehegatten getroffen worden wäre, wenn also jede der beiden Verfügungen mit Rücksicht auf die andere getroffen worden ist und nach dem Willen der gemeinschaftlich Testierenden die eine mit der anderen stehen oder fallen soll (BayObLG FamRZ 2005, 1931; OLG Hamm FamRZ 2004, 662). Maßgeblich ist der übereinstimmende Wille der Ehegatten zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung (BGHZ 112, 222/223 f.). Enthält ein gemeinschaftliches Testament keine klare und eindeutige Anordnung zur Wechselbezüglichkeit, muss diese nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen und für jede Verfügung gesondert ermittelt werden (BGH NJW-RR 1987, 1410).
b) Erst wenn die Ermittlung des Erblasserwillens weder die gegenseitige Abhängigkeit noch die gegenseitige Unabhängigkeit der beiderseitigen Verfügungen ergibt, ist gemäß § 2270 Abs. 2 BGB im Zweifel Wechselbezüglichkeit anzunehmen, wenn sich die Ehegatten gegenseitig bedenken oder wenn dem einen Ehegatten von dem anderen Ehegatten eine Zuwendung gemacht und für den Fall des Überlebens des Bedachten eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahe steht. Das ist hier in mehrfacher Hinsicht der Fall. Zum einen haben sich die Ehegatten gegenseitig bedacht; diese Verfügungen sind im Zweifel zueinander wechselbezüglich. Darüber hinaus hat der Ehemann seine Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt und diese hat für den (hier eingetretenen) Fall ihres Überlebens die gemeinsamen Kinder eingesetzt, die nicht nur mit ihr, sondern auch mit ihrem Ehemann verwandt sind. § 2270 BGB greift somit auch im Verhältnis dieser zwei Verfügungen zueinander ein, ebenso wie umgekehrt im Verhältnis der Einsetzung des Ehemannes durch die Ehefrau zur Einsetzung der gemeinsamen Kinder durch den Ehemann für den Fall seines Überlebens (vgl. Reimann/Bengel/J. Mayer, Testament und Erbvertrag, 5. Aufl. § 2270 BGB Rn. 57). Allerdings kommt § 2270 Abs. 2 BGB nur zum Zuge, wenn nicht die vorrangige individuelle Auslegung etwas anderes ergibt.
c) Durchgreifende Umstände, die gegen diese der Auslegungsregel zugrunde liegende allgemeine Lebenserfahrung sind nicht zu Tage getreten.
aa) Soweit die Beschwerdeführer aus den Entscheidung des BGH NJW-RR 2012, 207 den Schluss ziehen, dass unterschiedliche Vermögensverhältnisse der Ehegatten zwingend eine Auslegung nahe liegen, dass die Schlusserbeneinsetzung durch den vermögenden Ehegatten nicht wechselbezüglich zu der Erbeinsetzung durch den vorverstorbenen vermögenslosen Ehegatten ist, weil der vermögende Ehegatte an der eigenen Erbeinsetzung durch seinen vermögenslosen Ehegatten häufig kein Interesse hat, sondern seine Freiheit behalten will, wen er als Schlusserben einsetzt, trifft dies nicht zu. Erhebliche Unterschiede in den Vermögensverhältnissen geben lediglich Anlass zur Prüfung, ob die letztwillige Verfügung des vermögenden Ehegatten der keinen Vermögensvorteil zu erwarten hat, in ein Abhängigkeitsverhältnis zu der seines Ehegatten gestellt werden sollte (vgl. BGH NJW-RR 2012, 207 Tz. 8; Palandt/Weidlich BGB 75. Auflage <2016> § 2270 Rn. 6). Vorliegend liegen keine Anhaltspunkte vor, aus denen der Schluss zu ziehen wäre, dass die Ehegatten in ihrer gemeinsamen Vermögensplanung darauf abgestellt haben, wem die Vermögenswerte in rechtlicher Hinsicht zuzuordnen sind. Vielmehr ergibt sich aus den Ausführungen der Ehegatten in dem gemeinschaftlichen Testament betreffend die Immobilien und die Verteilung des Restvermögens nach Zuwendung der Geldbeträge an die Enkel, dass die Ehegatten den (zu verteilenden) Nachlass als eine Einheit betrachtet haben, ungeachtet der Frage, wer von ihnen das Vermögen tatsächlich erworben hat. Im Übrigen ergibt sich aus dem von der Erblasserin eingereichten Nachlassverzeichnis vom 13.2.2002 im Rahmen des Nachlassverfahrens ihres vorverstorbenen Ehemannes ein erhebliches Vermögens ihres Ehemannes (Wertpapiere in Höhe von … DM). Selbst wenn die Erblasserin in dem Nachlassverzeichnis statt dem Vermögen ihres Ehemann das eheliche Gesamtvermögen (also unter Einschluss ihres Eigenvermögens) angegeben hätte (hierauf könnte hindeuten, dass sie die Gesamtimmobilie „…“ angesetzt hat und nicht nur den hälftigen Anteil ihres Ehemannes; vgl. Grundbuch von Band … Blatt ; Abdruck vom 19.11.2001), würde dies den Schluss stützen, dass die Erblasserin ihr Vermögen und das ihres Ehemannes als eine Einheit betrachtet hat und etwaig unterschiedliche Vermögensverhältnisse der Eheleute für sie gerade keine maßgebliche Bedeutung für ihre Testierung hatten. Auch im Hinblick darauf, dass nach dem unbestritten gebliebenen Sachvortrag des Beteiligten zu 1 die Ehegatten zunächst beide berufstätig waren, ist es naheliegend, dass die Ehegatten ihr Vermögen als eine Einheit betrachtet haben und insofern eine abschließende Verfügung in Bezug auf das eheliche Gesamtvermögen treffen wollten. Dass nach ihrem Vortrag der Ehemann als Polizeibeamter über „keine nennenswerten Einkünfte“ verfügt habe und insofern die Barmittel zum Erwerb der Eigentumswohnung von der Erblasserin stammten, stellt eine unsubstanziierte Behauptung dar, zumal die Übertragung des Grundstücks „…“ durch die Erblasserin unentgeltlich erfolgt ist (vgl. Anlage zum Überlassungsvertrag vom 25.4.1980) und demgemäß keine Geldmittel an die Erblasserin im Gegenzug flossen.
bb) Der einseitigen Testamentserrichtung durch die Erblasserin im Jahre 2007 kann keine Indizwirkung gegen die Wechselbezüglichkeit der hier inmitten stehenden Verfügungen entnommen werden. Denn maßgeblich ist allein die gemeinsame Willensrichtung beider Ehegatten in Bezug auf die Verteilung ihres ehelichen Vermögens (s.o.) im Zeitpunkt der Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments im Jahre 2000. Für diesen Zeitpunkt ergibt sich aus der Testamentsurkunde der gemeinsame Wille der Ehegatten, dass ihr eheliches Vermögen nach dem Tod des Überlebenden in die nächste Generation ihrer Kinder, nicht aber in die Enkelgeneration übergehen soll.
cc) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer sind über die in der Testamentsurkunde enthaltenen Anordnungen der Ehegatten hinaus keine weiteren Ermittlungsansätze bezüglich des von ihnen behaupteten Ausschlusses der Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2 BGB ersichtlich. Insofern ist die von ihnen erhobene Rüge eines Verstoßes gegen die Amtsermittlungspflicht nicht tragend.
3. Demgemäß konnte die Erblasserin mit ihrem Testament vom 27.7.2007 die Beschwerdeführer nicht als ihre Erben zu je% einsetzen, weil dies die Rechte des im gemeinschaftlichen Testament vom 7.9.2000 eingesetzten Schlusserben im Sinne des § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung beeinträchtigen würde.
4. Im Ergebnis zu Recht ist das Nachlassgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die von den Beschwerdeführern zur Niederschrift des Notars … vom 25.2.2015 (URNr ) erklärte Anfechtung der Verfügungen der Eheleute zugunsten des Beteiligten zu 1 nicht durchgreift.
a) Die Verfügungen der längerlebenden Erblasserin können die Beschwerdeführers zwar grundsätzlich anfechten, da ihnen die Aufhebung der letztwilligen Verfügung zugunsten des Beteiligte zu 1 im Hinblick auf ihre Erbeinsetzung durch die Erblasserin in dem Testament vom 27.7.2007 unmittelbar zu statten kommen würde. Jedoch ist ihr Anfechtungsrecht analog § 2285 BGB eingeschränkt. Es besteht nicht, wenn bereits der zuletzt verstorbene Ehegatte vor seinem Tod das Recht zur Selbstanfechtung eigener wechselbezüglicher Verfügungen durch Fristablauf gemäß § 2283 BGB verloren hatte (vgl. dazu auch BGH NJW 2016, 2566). Insofern hat das Nachlassgericht zu Recht erkannt, dass die Erblasserin bei einem etwaigen Motivirrtum spätestens nach Ablauf eines Jahres nach dem Tod des Sohnes „M.“ ihre Einsetzung des Beteiligten zu 1 im gemeinschaftliche Testament gemäß § 2081 BGB durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht hätte anfechten müssen. Dies ist vorliegend nicht erfolgt. Die Testierung der Erblasserin 27.7.2007 erfüllt die Anforderungen im Sinne des § 2081 BGB nicht.
b) Hingegen gilt die Jahresfrist im Sinne des § 2283 BGB i. V. m. § 2285 BGB in entsprechender Anwendung nicht hinsichtlich der Verfügungen des erstverstorbenen Ehegatten in dem gemeinschaftlichen Testament vom 7.9.2000 (vgl. dazu BGH NJW 2016, 2566).
aa) Insofern käme der Frage des Vorliegens eines Motivirrtums des vorverstorbenen Ehemannes der Erblasserin in Bezug auf die Schlusserbeneinsetzung zugunsten des Beteiligten zu 1 grundsätzlich entscheidungserhebliche Bedeutung zu.
Der Wegfall der durch den einen Ehegatten angeordneten Schlusserbeneinsetzung eines (gemeinsamen) Kindes führt aber aufgrund der Grundsätze der Wechselbezüglichkeit im Sinne des § 2270 BGB nicht zwangsläufig zum Wegfall der durch den anderen Ehegatten angeordneten Schlusserbeinsetzung des Kindes. Die Wechselbezüglichkeit muss für jede einzelne Verfügung gesondert geprüft und bejaht werden (vgl. OLG München FamRZ 2010, 1846). Nur in Ausnahmefällen ist die Einsetzung der gemeinsamen Kinder durch den einen Erblasser zu derjenigen durch den anderen Erblasser wechselbezüglich (vgl. dazu BGH ZEV 2002, 150 sowie BGB NJW 2016, 2566). Ob dies der Fall ist oder ob eine Kombination der Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2 Alt. 1 und § 2270 Abs. 2 Alt. BGB letztendlich zu einem Wegfall der Schlusserbeneinsetzung des Beteiligten zu 1 durch die Erblasserin führt, bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung.
bb) Der Senat ist nämlich nicht davon überzeugt, dass der vorverstorbene Ehemann im Zeitpunkt der Testamentserrichtung den von den Beschwerdeführern angebrachten Motivirrtümern bei der Einsetzung des Beteiligten zu 1 als Schlusserbe unterlegen war.
Die Anfechtung kann nur auf solche irrige Vorstellungen und Erwartungen gestützt werden, die der Erblasser bei Errichtung der Verfügung tatsächlich gehabt hat. Dazu gehören auch Vorstellungen und Erwartungen, die er zwar nicht in sein Bewusstsein aufgenommen, aber als selbstverständlich seiner Verfügung zugrunde gelegt hat. Vorstellungen und Erwartungen, die der Erblasser bei Kenntnis von damals unbekannten Umständen gehabt haben würde, reichen für die Anfechtung hingegen nicht aus (BayObLG FamRZ 1984, 1270/1271; OLG München FamRZ 2008, 550/551). Im Rahmen des § 2078 Abs. 2 BGB können nur Irrtümer die Anfechtung rechtfertigen, die bewegender Grund für den letzten Willen waren (BGH NJW-RR 1987, 1412/1413), d. h. ohne die der Erblasser die Verfügung mit Sicherheit nicht getroffen hätte. Die Feststellungslast für die anfechtungsbegründenden Tatsachen trägt der Anfechtende (BayObLG FamRZ 1997, 772/773). An den Nachweis eines Motivirrtums sind strenge Anforderungen zu stellen.
Für die von den Beteiligten zu 2 und 3 behaupteten Motivirrtümer des vorverstorbenen Ehemannes der Erblasserin betreffend die hier nach Wegfall des Sohnes „M.“ allein inmitten stehende Schlusserbeneinsetzung des Beteiligten zu 1 (Sohn M. erlebt Schlusserbfall; der Beteiligte zu 1 zahlt bis zum Schlusserbfall eine monatliche Leibrente von … DM an die Ehegatten) liegen keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vor.
(1) Dass der Ehemann der Erblasserin davon ausgegangen ist, dass sein Sohn „M.“ den Eintritt des Schlusserbfall erlebt, liegt auf der Hand; ansonsten hätte er diesen von vornherein auch nicht zum Schlusserben bestimmt. Daraus ergibt sich aber nicht bereits, dass für den Ehemann der Erblasserin das Erleben des Schlusserbfalls durch den Sohn „M.“ der bewegende Grund für die hier allein inmitten stehende Schlusserbeinsetzung des Beteiligten zu 1 gewesen wäre. Der von den Beschwerdeführern im Ergebnis behauptete Schluss, dass eines der Kinder des Erblassers nur dann als Erbe eingesetzt sein soll, wenn auch das andere als Erbe bestimmte Kind den Schlusserbfall erlebt, widerspricht bereits der allgemeinen Lebenserfahrung. Die Einsetzung des eigenen Kindes als Erbe erfolgt in der Regel deswegen, weil es Abkömmling des Erblassers ist, nicht aber, weil neben ihm ein weiteres Kind als Erbe bestimmt wird. Demgemäß geht das Gesetz bei Wegfall eines Abkömmlings in § 2069 BGB im Zweifel auch davon aus, dass der Erblasser die Zuwendung auch auf die Abkömmlinge des (weggefallenen) Abkömmlings erstrecken wollte. Außerdem ergibt sich aus der Testamentsurkunde der Wille des Ehemannes der Erblasserin, das Nachlassvermögen an die nächste Generation zugunsten seiner Söhne weiterzugeben. Es ist insofern fernliegend, dass nach der Vorstellung des Ehemannes der Erblasserin bewegender Grund für die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1 das Erleben des Schlusserbfalls durch den (anderen) Sohn „M.“ war. Vielmehr erscheint es naheliegender, dass bewegender Grund für die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1 und dessen Bruder „M.“ allein der Umstand war, dass diese die Söhne des Ehemannes der Erblasserin waren und nach dessen Willen seine Rechtsnachfolger in wirtschaftlicher Hinsicht sein sollten.
(2) Entgegen der Meinung der Beschwerdeführer ergibt sich nicht bereits zwingend aus dem Wortlaut der Testamentsurkunde, dass Beweggrund für die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1 die Erwartung des vorverstorbenen Ehemanns war, dass dieser als Gegenleistung für die Überlassung des Grundstücks in … eine monatliche Leibrente in Höhe von … DM bezahlen werde. Die Formulierung „G.M. (= Beteiligte zu 1) hat bereits baureifes Grundstück in der Gemeinde … erhalten. Er zahlt monatlich … DM Leibrente dafür an uns Eltern. Als Ausgleich erhält unser Sohn M nach unserem Tode die Eigentumswohnung …) lässt auch eine Auslegung zu, dass die Ehegatten damit lediglich nachrichtlich den Hintergrund für die nachfolgende Zuwendung zugunsten ihres Sohnes „M.“ in Bezug auf die weitere Immobilie zum Ausdruck bringen wollten. Eine solche Auslegung findet eine Stütze in der Formulierung „als Ausgleich“. Insofern findet die im Anschluss an diese Passage von den Ehegatten getroffene Zuwendung zugunsten des Sohnes „M.“ (!) eine Rechtfertigung in der bereits erfolgten Grundstücksüberlassung zugunsten des Beteiligten zu 1. Die Verknüpfung einer Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1 mit der Zahlung einer Leibrente in Höhe von … DM liegt darin nicht; vielmehr steht die Zuwendung der Immobilie zugunsten des Sohnes „M.“ (!) mit der zu Lebzeiten der Ehegatten bereits erfolgten Übertragung des baureifen Grundstücks in Zusammenhang. Die dem Beteiligten zu 1 im Wege der letztwilligen Verfügungen zugewendeten Vermögenswerte erfolgen auch erst im Anschluss an die Ausführungen betreffend die Verteilung des Immobilienvermögens. Insofern ist es fernliegend, dass die Zahlung der Leibrente Beweggrund für die nachfolgende gleichmäßige Verteilung des restlichen Bargeldes, des Autos und des Mobiliars war.
II. Die Beschwerdeführer haben kraft Gesetzes die Gerichtskosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 22 Abs. 1 GNotkG). Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 84 FamFG.
Für den Geschäftswert der Beschwerde ist das wirtschaftliche Interesse der Beschwerdeführer am Erfolg ihres Rechtsmittels maßgeblich. Dieses entspricht dem Wert ihres erstrebten Erbscheins abzüglich des Pflichtteilsanspruchs des Beteiligten zu 1 (1/2), also 1/2 des Nachlasswertes. Ausgehend von den im Nachlassvermögen angegebenen Vermögenswerten errechnet sich unter Abzug von Nachlassschulden iHv … ein Reinnachlass in Höhe von … €. Demgemäß schätzt der Senat den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf … €.
III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
(Ehegattentestament Erbeinsetzung Pflichtteilsstrafklausel)