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Erbrecht | Erbengemeinschaft Gerichtsstandsbestimmung | Im sozialgerichtlichen Verfahren können Erben als notwendige Streitgenossen den Gerichtsstand wirksam bestimmen
Beschluss des BSG vom 08.02.2018
Aktenzeichen: B 11 SF 1/18
Kurze Zusammenfassung der Entscheidung:
Gegenstand dieser Entscheidung des Bundessozialgerichts es ist die Frage, ob zwei Erben, die an unterschiedlichen Orten ihren Wohnsitz haben durch eine private Vereinbarung bestimmen können, welches Sozialgericht für Ihre Klage örtlich zuständig ist.
Die beiden Kläger waren Erben in Erbengemeinschaft. Zu Lasten der Mitglieder der Erbengemeinschaft wurde ein Erstattungsbescheid erlassen. Gegen diesen Erstattungsbescheid erhoben die Erben Klage. Verfahrensrechtlich waren die beiden Erben notwendige Streitgenossen. Für einen der Erben war das Sozialgericht Reutlingen örtlich zuständig. Das Sozialgericht Altenburg war örtlich zuständig für den anderen Erben. Die beiden Erben kamen überein, die Klage beim Sozialgericht Altenburg zu erheben. Dieses betrachtete sich als örtlich unzuständig.
Das Bundessozialgericht bestimmter im Weiteren das Sozialgericht Altenburg zum örtlich zuständigen Gericht. Das Bundessozialgericht ging bei seiner Entscheidung davon aus, dass die beiden Erben als notwendige Streitgenossen wirksam vereinbaren konnten, die Klage an einem der beiden örtlich zuständigen Gerichte zu erheben. Aus diesem Grunde konnte sich das Sozialgericht Altenburg nicht für örtlich unzuständig erklären.
(Erbengemeinschaft Gerichtsstandsbestimmung)
Tenor:
Das Sozialgericht Altenburg wird zum zuständigen Gericht bestimmt.
(Erbengemeinschaft Gerichtsstandsbestimmung)
Entscheidungsgründe:
I. Die Kläger wenden sich als Rechtsnachfolger ihres verstorbenen Vaters gegen einen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Beklagten. Die Klägerin zu 1. lebt in Tübingen, der Kläger zu 2. in Weida, Thüringen. Die Kläger haben gemeinsam Klage zum SG Altenburg erhoben. Das SG hat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten dem BSG zur Entscheidung über die örtliche Zuständigkeit vorgelegt.
II. Die Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung durch das BSG liegen vor. Das BSG ist als nächsthöheres gemeinschaftlich übergeordnetes Gericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen (§ 58 Abs 2 SGG). Eine gemeinsame örtliche Zuständigkeit anderer Gerichte fehlt, weil für die jeweiligen Kläger Sozialgerichte verschiedener Landessozialgerichtsbezirke zuständig sind. Für die Klägerin zu 1. ist nach ihrem Wohnsitz das SG Reutlingen örtlich zuständig, für den Kläger zu 2. nach seinem Wohnsitz das SG Altenburg (§ 57 Abs 1 SGG). Die nächsthöheren Rechtszüge sind mithin unterschiedliche Landessozialgerichte (LSG Baden-Württemberg und Thüringer LSG).
Bei den als Miterben klagenden Klägern besteht eine notwendige Streitgenossenschaft iS von § 74 SGG, § 62 Abs 1 ZPO. Dies erfordert die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands der notwendigen Streitgenossenschaft (BSG vom 30.3.2004 – B 7 SF 36/03 S – SozR 4-1500 § 58 Nr 2; BSG vom 22.11.2016 – B 4 SF 37/16 S; zuletzt BSG vom 17.10.2017 – B 4 SF 3/17 R).
Es ist sachgerecht, zum zuständigen Gericht das SG Altenburg zu bestimmen, denn dieses ist für den Wohnort des Klägers zu 2. zuständig und es entspricht sowohl dem Wunsch der Kläger als auch der Beklagten, den Rechtsstreit am SG Altenburg zu führen.