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Verletzung des rechtlichen Gehörs durch unterbliebene Aktenbeiziehung durch das Gericht
Urteil des StGH Stuttgart vom 23.03.2015
Aktenzeichen: 1 VB 1/15
Kurze Zusammenfassung der Entscheidung:
Beantragt der Kläger in einem Erbrechtsprozess die Beiziehung der Akten des Nachlassgerichtes, um seine Aktivlegitimation nachzuweisen, so muss das Gericht diesem Antrag entsprechen.
Die Unterlassung der Beiziehung der Nachlassakte stellt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers dar und ist damit mit dem Rechtsstaatsgebot unvereinbar.
(Aktenbeiziehung rechtliches Gehör)
Tenor:
1) Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 17. Oktober 2014 – 7 Sa 39/14 – verletzt den Beschwerdeführer in seinem Justizgewährungsanspruch (Art. 2 Abs. 1 LV und Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 23 Abs. 1 LV). Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zurückverwiesen.
2) Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 22. November 2014 – 7 Sa 39/14 – wird für gegenstandslos erklärt.
3) Das Land hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.
(Aktenbeiziehung rechtliches Gehör)
Entscheidungsgründe:
A. Tatbestand
I. Der Beschwerdeführer wendet sich mit der Landesverfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Stuttgart vom 17. Oktober 2014, durch den seine gegen das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart – Kammern Ludwigsburg – vom 17. Juli 2014 eingelegte Berufung als unzulässig verworfen wurde. Ferner richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 22. November 2014, durch den dieses seine Anhörungsrüge gegen den Verwerfungsbeschluss zurückgewiesen hat. Der Beschwerdeführer beanstandet, er sei in dem diesen Beschlüssen zugrunde liegenden Verfahren in seinem Grundrecht auf rechtliches Gehör und in seinem Justizgewährungsanspruch verletzt worden.
1. Der seit dem 1. Januar 2014 bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens als Servicetechniker und Gebietsleiter beschäftigte Beschwerdeführer erhob am 16. April 2014 Kündigungsschutzklage gegen die ihm gegenüber am 31. März 2014 ausgesprochene Kündigung seines Arbeitsvertrags zum 14. April 2014. Er beantragte, anwaltlich vertreten, die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 31. März 2014 nicht zum 14. April 2014 beendet worden sei, sondern erst zum 30. April 2014. Mit Schriftsatz vom 29. April 2014 erweiterte er die Klage und beantragte die Zahlung seines Gehalts für den Monat März 2014 in Höhe von 3.000 Euro brutto und die Erstattung von Spesen und Aufwendungen in Höhe von weiteren 848,97 Euro für Dienstreisespesen in den Monaten Februar und März 2014, Telefon- und Fahrtkosten.
Die Beklagte reagierte nicht auf die Klage und erschien auch nicht zur mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 17. Juli 2014.
Mit Versäumnis- und Endurteil vom selben Tag wurde festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 31. März 2014 nicht zum 14. April 2014, sondern erst zum 30. April 2014 endete. Im Übrigen, also hinsichtlich aller geltend gemachten Zahlungsansprüche, wurde die Klage als unbegründet abgewiesen, weil der Vortrag des Beschwerdeführers insoweit unschlüssig sei. Soweit der Kläger das noch offene Gehalt für März 2014 beanspruche, lasse er offen, aufgrund welcher Anspruchsgrundlage er dies verlange. Eine durchgehende Arbeitsleistung werde nicht behauptet. Der Kläger teile nicht mit, ob er über die Tage hinaus, für die er auch Spesen geltend mache, an weiteren Tagen Arbeit geleistet haben wolle oder Urlaubsentgelt oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall beanspruche. Soweit der Kläger die Erstattung der monatlichen Kosten seines auch dienstlich genutzten privaten Mobiltelefons und eine pauschalierte Nutzungsentschädigung für dienstliche Fahrten mit seinem privaten Fahrzeug beanspruche, bleibe offen, ob dem Kläger verdeckt ein Nutzungsvorteil zugewendet würde beziehungsweise dies verstecktes Arbeitsentgelt darstelle. Solches könne aber nicht als Nettoerstattung gefordert, sondern nur im Wege eines Bruttozahlungsantrags verfolgt werden. Schließlich sei der Vortrag hinsichtlich der geltend gemachten Tagesspesen unschlüssig, da nicht vorgetragen sei, für welche konkreten Auswärtstage sie geltend gemacht würden.
2. Gegen dieses ihm am 5. August 2014 zugestellte Urteil legte der Beschwerdeführer am 14. August 2014 Berufung ein, die er am Montag, den 6. Oktober 2014, begründete. Er beantragte zum einen, die Berufungsbeklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 17. Juli 2014 zu verurteilen, an den Beschwerdeführer für März 2014 einen Betrag in Höhe von 3.000 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen. Zum anderen präzisierte er seinen erstinstanzlichen Antrag hinsichtlich der geltend gemachten Spesen und weiteren Zahlungsansprüche dahin, dass der erstinstanzlich schon geltend gemachte Betrag in Höhe von 848,97 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen sei.
Zur Begründung wies er darauf hin, sein Vortrag zur Erstattung von Spesen, Telefon- und Fahrkosten sei unbestritten geblieben. Dieser hätte daher vom Arbeitsgericht als zugestanden behandelt werden müssen, so dass es unstatthaft gewesen sei, ihn ohne vorherigen Hinweis als unschlüssig zu behandeln. Eine ausreichende Substantiierung des Anspruchs auf Zahlung von Tagesspesen sei gegeben, wenn insoweit vorgetragen werde, für welchen Zeitraum beziehungsweise welche Zeiträume die Spesen verlangt würden.
Zu dem ebenfalls als unschlüssig abgewiesenen Anspruch auf Zahlung des Gehalts für März 2014 trug der Beschwerdeführer vor, die Beklagte habe ihm gegenüber das Gehalt für diesen Monat mit Gehaltsabrechnung vom 2. April 2014 in der geltend gemachten Höhe abgerechnet. Er habe seine Arbeitsleistung in diesem Monat vertragsgemäß erbracht, bis er vom 24. März bis einschließlich 14. April 2014 arbeitsunfähig erkrankt sei. Der von der Beklagten mit der Erteilung der Gehaltsabrechnung anerkannte Betrag werde also aufgrund erbrachter Arbeitsleistung und teilweise als Entgeltfortzahlung geltend gemacht. Mit der Berufungsbegründung legte der Beschwerdeführer erstmals die von der Beklagten erstellte Gehaltsabrechnung für März 2014 vor.
Er trug weiter vor, dass das Gericht zu keinem Zeitpunkt einen Hinweis nach § 139 ZPO erteilt habe, dass es den Vortrag des Klägers für unschlüssig halte. Zu einem solchen Hinweis sei es jedoch verpflichtet gewesen.
Die Berufungsbeklagte reagierte auf die Berufung nicht.
3. Mit Verfügung vom 8. Oktober 2014 wies das Landesarbeitsgericht den Beschwerdeführer darauf hin, dass Bedenken an der Ordnungsgemäßheit der Berufungsbegründung bestünden. Hierfür bedürfe es unter anderem einer Auseinandersetzung mit den „selbstständig tragenden Gründen\” der angegriffenen Entscheidung des Arbeitsgerichts oder der Bezeichnung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel einschließlich der Benennung der Tatsachen, aufgrund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel zuzulassen seien. Berufe sich der Berufungsführer auf eine Rechtsverletzung im Sinne des § 513 Abs. 1 ZPO, die sowohl das materielle als auch das Verfahrensrecht betreffen könne, müsse der Rechtsfehler benannt und darüber hinaus aufgezeigt werden, weshalb ein solcher vorliegen solle. Außerdem sei seine Erheblichkeit und Ursächlichkeit für die angefochtene Entscheidung darzulegen. Stelle der Berufungsführer auf einen Verfahrensfehler ab, sei die Darlegung der Verletzung der Hinweispflicht und des Inhaltes des Vortrages bei Hinweis sowie die Darstellung der Erheblichkeit und Kausalität der Verletzung der Hinweispflicht für das Urteil erforderlich.
Die Berufungsbegründung genüge diesen Anforderungen nicht. Soweit der Beschwerdeführer auf einen Verfahrensfehler im Sinne von § 139 ZPO abstelle, fehle es an der Darlegung, was der Kläger auf Hinweis des Gerichts erklärt hätte. In Bezug auf die Vergütung für März 2014 und die Erstattung der Spesen und Telefon- und Fahrtkosten setze sich die Berufungsbegründung nicht mit der Rechtsansicht des Arbeitsgerichts auseinander und begründe nicht, warum diese fehlerhaft sein solle.
4. Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2014 nahm der Beschwerdeführer zu dieser Verfügung Stellung. Er räumte ein, dass die Klagebegründung hinsichtlich des Gehaltsanspruchs unvollständig gewesen sei, verwies jedoch darauf, dass er bei entsprechendem Hinweis die Anspruchsgrundlage bereits in erster Instanz genauer dargelegt und die – nunmehr nachgereichte – Gehaltsabrechnung vorgelegt hätte. Diese sei in der Berufungsinstanz als Beweismittel zuzulassen, weil das Arbeitsgericht keine Frist zur Erklärung über bestimmte Punkte nach § 67 Abs. 2 ArbGG gesetzt habe und die Zulassung der Gehaltsabrechnung den Rechtsstreit auch nicht verzögere. Sein Vortrag hinsichtlich der geltend gemachten Spesen sei entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts schlüssig gewesen. Hinsichtlich der Telefon- und Fahrtkosten wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass diese bei entsprechendem Hinweis durch das Arbeitsgericht bereits in erster Instanz als Bruttobeträge geltend gemacht worden wären.
Mit Beschluss vom 17. Oktober verwarf das Landesarbeitsgericht die Berufung ohne mündliche Verhandlung als unzulässig. In den Gründen führte das Landesarbeitsgericht unter Bezugnahme auf die Verfügung vom 8. Oktober 2014 aus, dass die Berufungsbegründung nach den hier einschlägigen Vorschriften des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 4 ZPO entweder die Umstände bezeichnen müsse, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergäben, oder neue Angriffs- und Verteidigungsmittel bezeichnen und darlegen müsse, weshalb diese neuen, den Angriffs- und Verteidigungsmitteln zugrunde liegenden Tatsachen nicht nach § 67 ArbGG präkludiert seien. Die Berufungsbegründung müsse auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und dürfe sich nicht in einer pauschalen Darstellung anderer Rechtsansichten erschöpfen. Habe das Arbeitsgericht seine Entscheidung auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, müsse die Berufungsbegründung für jede dieser Erwägungen darlegen, warum sie unzutreffend sein solle. Die Berufungsbegründung des Beschwerdeführers genüge diesen Anforderungen aus den bereits in der Verfügung vom 8. Oktober 2014 genannten Gründen nicht. Die Berufungsbegründung des Beschwerdeführers lasse nicht erkennen, weshalb die „Begründungsgebäude“ des Arbeitsgerichts rechtsfehlerhaft sein sollten. Der Beschwerdeführer habe sich in der Stellungnahme zur Verfügung vom 8. Oktober 2014 mit ihrem Inhalt nicht auseinandergesetzt und lasse nicht erkennen, warum die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts fehlerhaft sein solle. Nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erstmals vorgebrachte Ausführungen seien zudem „bekanntlich unerheblich“.
5. Gegen diesen Beschluss erhob der Beschwerdeführer am 3. November 2014 Anhörungsrüge nach § 78a ArbGG und stellte zudem einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter des Landesarbeitsgerichts.
Zur Begründung der Anhörungsrüge trug er vor, dass er bereits in der Berufungsbegründung die Verletzung der Hinweispflicht gerügt und den Vortrag, der auf einen solchen Hinweis erfolgt wäre, nachgeholt habe. Es liege auf der Hand, dass er das in seiner Berufungsbegründung Vorgetragene auf entsprechenden Hinweis auch in der ersten Instanz ausgeführt hätte. Die Entscheidungserheblichkeit dieses Vortrags sei offensichtlich. Ihn allein deswegen nicht als ordnungsgemäße Verfahrensrüge gelten zu lassen, weil es an der ausdrücklichen Erklärung fehle, dass es sich hierbei um den wegen fehlender Hinweiserteilung in erster Instanz unterlassenen Vortrag handle, überspanne die Anforderungen an eine Berufungsbegründung.
Soweit das Landesarbeitsgericht rüge, dass in der Berufungsbegründung keine Auseinandersetzung mit der Rechtsansicht des Arbeitsgerichts erfolge, verkenne es, dass der Beschwerdeführer die Entscheidung des Arbeitsgerichts in materiellrechtlicher Hinsicht überhaupt nicht angreifen wolle.
Es treffe nicht zu, dass der Beschwerdeführer sich mit der Verfügung des Landesarbeitsgerichts vom 8. Oktober 2014 nicht auseinandergesetzt habe, denn in seinem Schriftsatz vom 14. Oktober 2014 habe er zu den vom Landesarbeitsgericht gerügten Punkten im Einzelnen Stellung genommen. Diese Ausführungen mit der Begründung außer Betracht zu lassen, sie seien nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vorgebracht worden, verletze den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör.
6. Mit Beschluss vom 14. November 2014 wies das Landesarbeitsgericht den Befangenheitsantrag des Beschwerdeführers zurück.
7. Mit Beschluss vom 22. November 2014, zugegangen am 2. Dezember 2014, wies das Landesarbeitsgericht auch die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers gegen den Beschluss vom 17. Oktober 2014 zurück. Das Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Berufungsbegründung und in seiner Stellungnahme vom 14. Oktober 2014 sei im Verwerfungsbeschluss vom 17. Oktober 2014 berücksichtigt worden. Soweit er zur Rechtfertigung der Ordnungsgemäßheit seiner Berufungsbegründung in seinen Schriftsätzen vom 14. Oktober 2014 und vom 3. November 2014 Begründungsvorbringen nachschiebe, sei eine Rechtfertigung der Anhörungsrüge mit diesem Vorbringen ausgeschlossen, weil es nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vorgetragen worden sei. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör setze denklogisch von Rechts wegen zu berücksichtigenden Vortrag voraus. Das Landesarbeitsgericht habe sich in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2014 auch zu dem Vorbringen des Beschwerdeführers vom 14. Oktober 2014 verhalten. Innerhalb der Berufungsbegründungsfrist zweitinstanzlich neu eingeführtes tatsächliches Vorbringen wie beispielsweise die Gehaltsabrechnung für März 2014 könne nur dann die Ordnungsgemäßheit der Berufung rechtfertigen, wenn zugleich Tatsachen dargelegt würden, aufgrund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel zuzulassen seien, was aus § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO folge. Hierzu habe der Beschwerdeführer nichts vorgetragen.
II. Mit der am 30. Dezember beim Staatsgerichtshof eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Justizgewährungsanspruchs und seines Grundrechts auf rechtliches Gehör.
Der Beschwerdeführer trägt vor, das Landesarbeitsgericht habe die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung überspannt. Er habe in der Berufungsbegründung in hinreichender Weise einen Verstoß des erstinstanzlichen Gerichts gegen § 139 ZPO gerügt und im Einzelnen dargelegt. Den nach Auffassung des Arbeitsgerichts fehlenden Vortrag habe er in der Berufungsbegründung nachgeholt.
Das Landesarbeitsgericht habe ferner dadurch gegen das Gehörsrecht verstoßen, dass es in dem Beschluss vom 17. Oktober 2014 die Auffassung vertreten habe, bei Vorlage neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel seien diejenigen Tatsachen zu bezeichnen, aufgrund derer sie zuzulassen seien.
III. Die Verfassungsbeschwerde wurde dem Justizministerium Baden-Württemberg und der Beklagten des Ausgangsverfahrens zugestellt. Mit Schreiben vom 16. Februar 2015 hat das Justizministerium erklärt, dass es von einer Stellungnahme absehe.
Die Beklagte des Ausgangsverfahrens hat sich nicht geäußert.
B. Gründe
Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet. Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 17. Oktober 2014 ist daher aufzuheben und die Sache an das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zurückzuverweisen (§ 59 Abs. 1, § 55 Abs. 2 StGHG). Er verletzt den Beschwerdeführer in seinem Justizgewährungsanspruch (Art. 2 Abs. 1 LV und Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 23 Abs. 1 LV).
1. a) Die Garantie wirkungsvollen Rechtsschutzes ist ein wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaates. Rechtsschutz vor den Gerichten wird nicht nur durch die in Art. 67 Abs. 1 LV verankerte Rechtsweggarantie gewährleistet, sondern darüber hinaus im Rahmen des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs. Dieser ist Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips (Art. 23 Abs. 1 LV) in Verbindung mit den Grundrechten, insbesondere Art. 2 Abs. 1 LV im Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. StGH, Urteil vom 3.11.2014 – 1 VB 8/14 -, Juris Rn. 47;BVerfGE 93, 99 – Juris Rn. 29; BVerfGE 107, 395 – Juris Rn. 16 ff.). Der Justizgewährungsanspruch beinhaltet das Recht auf Zugang zu den Gerichten und auf eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitbegehrens in einem förmlichen Verfahren sowie die verbindliche gerichtliche Entscheidung (vgl. StGH, Urteil vom 3.11.2014 – 1 VB 8/14 -, Juris Rn. 48; BVerfGE 117, 71 – Juris Rn. 151 f.; BVerfGE 107, 395 – Juris Rn. 16 ff.). Ein Anspruch auf einen Instanzenzug ergibt sich daraus nicht (vgl. BVerfGE 87, 48 – Juris Rn. 36;BVerfGE 92, 365 – Juris Rn. 161, st.Rspr.). Auch ist es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, im Rahmen der ihm obliegenden normativen Ausgestaltung des Rechtwegs besondere formelle Voraussetzungen aufzustellen (vgl.BVerfGE 88, 118 – Juris Rn. 21; BVerfGE 112, 185 – Juris Rn. 89). Wird ein Instanzenzug aber von den Prozessordnungen eröffnet, gewährleisten die genannten Garantien wirksamen Rechtsschutz in allen von der Prozessordnung zur Verfügung gestellten Instanzen (vgl. BVerfGE 74, 228 – Juris Rn. 25; BVerfGE 112, 185 – Juris Rn. 91 st. Rspr.).
Der Justizgewährungsanspruch richtet sich auch an den die Verfahrensordnung anwendenden Richter. Ihm obliegt in erster Linie die Auslegung der einschlägigen Normen. Der Staatsgerichtshof ist kein Revisionsgericht, sondern beschränkt sich auf die Prüfung, ob die Rechtsanwendung Verfassungsrecht verletzt.
Verfassungsrecht in Gestalt des Justizgewährungsanspruchs ist dann verletzt, wenn das Gericht durch eine übermäßig restriktive Handhabung der Verfahrensvorschriften den Zugang zu den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen von Voraussetzungen abhängig macht, die unerfüllbar oder unzumutbar sind oder den Zugang in einer aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschweren (vgl. StGH, Urteil vom 3.11.2014 – 1 VB 8/14 – Juris Rn. 49; BVerfGE 112, 185 – Juris Rn. 92; BVerfGE 78, 88 – Juris Rn. 23 f.). Das Gericht darf ein von der Verfahrensordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer „leer laufen\” lassen (vgl. StGH, Beschluss vom 17.7.2014 – 1 VB 131/13 u.a.-, Juris Rn. 32; BVerfGE 74, 228 – Juris Rn. 25;BVerfGE 96, 27 – Juris Rn. 48) und dadurch den Anspruch auf die gerichtliche Durchsetzung des materiellen Rechts unzumutbar verkürzen (vgl. BVerfGE 84, 366 – Juris Rn. 14). Zur Wahrung des Justizgewährungsanspruches und des Grundrechts auf rechtliches Gehör dürfen daher keine unnötig strengen und damit überspannten Anforderungen an den Inhalt von Berufungsbegründungen gestellt werden.
Diese Anforderungen entfalten im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren ein besonderes Gewicht, weil dort der Vorsitzende die Entscheidung über die Zurückweisung der Berufung allein, also ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter und durch einen nur im Ausnahmefall anfechtbaren Beschluss treffen kann (vgl. § 66 Abs. 2 Satz 2 ArbGG). Insofern weicht das arbeitsgerichtliche Verfahren von dem Zivilprozess ab, in welchem eine Verwerfung der Berufung im Beschlusswege die Entscheidung des gesamten Spruchkörpers voraussetzt. Hinzu kommt, dass im arbeitsgerichtlichen Verfahren eine Rechtsbeschwerde nur dann statthaft ist, wenn diese in dem Beschluss über die Verwerfung der Berufung ausdrücklich zugelassen wurde (vgl. § 77 ArbGG). Der aus dieser gesetzlichen Regelung erwachsenden besonderen Verantwortung für die Wahrung der Prozessgrundrechte der Rechtsuchenden hat der Vorsitzende bei der Anwendung dieser Vorschriften Rechnung zu tragen (vgl. StGH, Urteil vom 3.11.2014 – 1 VB 8/14 -, Juris Rn. 50; BAG, Beschluss vom 6.01.2015, 6 AZB 105/14).
Wie auch in anderen Verfahrensordnungen gebieten es der Justizgewährungsanspruch und das Recht auf rechtliches Gehör auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren, bei der Auslegung von Rechtsmittelbegründungen dasjenige als gewollt anzusehen, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist, was also dem recht verstandenen Interesse des Rechtsmittelführers entspricht und am ehesten geeignet ist, seinem Begehren zum Erfolg zu verhelfen (vgl. Rimmelspacher, in: Münchener Kommentar ZPO, 4. Auflage 2012, § 520 Rn. 67).
b) Diesem Maßstab wird die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht gerecht. Seine Auffassung, die vom Beschwerdeführer eingelegte Berufung sei nicht ausreichend begründet und deshalb unzulässig, verkennt die Bedeutung und Tragweite des Justizgewährungsanspruchs. Das Landesarbeitsgericht hat dadurch die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung überspannt und den Gebrauch des Rechtsmittels der Berufung in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert. Entgegen der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts genügt die Berufungsbegründung offensichtlich den im Lichte des Justizgewährungsanspruchs auszulegenden Erfordernissen der § 64 Abs. 6 ArbGG und § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 4 ZPO.
aa) Nach der auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren geltenden Vorschrift des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Für die Zulässigkeit des Rechtsmittels kommt es nicht darauf an, dass die geltend gemachten Berufungsgründe im Ergebnis schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Erforderlich, aber auch ausreichend ist in diesem Zusammenhang eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Diese Regelung soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Der Berufungsführer muss die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter überprüfen und darauf hinweisen, in welchen Punkten und aus welchem Grund er das angefochtene Urteil für unrichtig hält (vgl. BAG, Urteil vom 28.5.2009 – 2 AZR 223/08 -, Juris Rn. 14; BAGE 105, 200 – Juris Rn. 13). Formale und nicht auf den konkreten Streitfall bezogene Berufungsbegründungen genügen nicht. Ebenso reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter nur mit formelhaften Wendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (BAGE 105, 200- Juris Rn. 13; BAGE 88, 171 – Juris Rn. 19 m.w.N.).
bb) Die Berufungsbegründung des Beschwerdeführers vom 6. Oktober 2014 hat die Voraussetzungen des § 64Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 4 ZPO erfüllt.
(a) Der Beschwerdeführer hat das erstinstanzliche Urteil insbesondere mit der Rüge angegriffen, das Arbeitsgericht habe seine aus § 139 ZPO folgende Pflicht verletzt, vor Erlass des klageabweisenden Urteils einen Hinweis auf die angeblich fehlende Schlüssigkeit des Klagevortrags zu erteilen. Das Landesarbeitsgericht hat dieser Rüge den Erfolg mit der Begründung versagt, der Beschwerdeführer habe nicht dargelegt, was er auf einen solchen Hinweis des Arbeitsgerichts vorgetragen hätte.
Zwar ist das Landesarbeitsgericht im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die Rüge einer Verletzung der Prozessleitungspflicht aus § 139 Abs. 1 bis 3 ZPO neben der Darlegung, inwiefern das erstinstanzliche Gericht seine Hinweispflicht verletzt hat, auch aufzeigen muss, welcher Vortrag in Verkennung der Rechtslage unterlassen wurde (vgl. BAGE 121, 18 – Juris Rn. 11). Seine Auffassung aber, es bedürfe einer ausdrücklichen Anführung dieses Vortrags im unmittelbaren Zusammenhang mit der Verfahrensrüge in der Berufungsbegründung, stellt eine verfassungsrechtlich nicht hinnehmbare Überspannung der Zulässigkeitsanforderungen dar, wenn sich dieses Vorbringen an anderer Stelle der Berufungsbegründung findet. Der Justizgewährungsanspruch gebietet somit, die Anforderungen an eine Rüge der Verletzung des § 139 ZPO dahingehend einzuschränken und als erfüllt anzusehen, wenn nach dem Inhalt der Berufungsbegründung ohne Zweifel ersichtlich ist, was aufgrund des gerichtlichen Hinweises vorgetragen worden wäre (vgl. BGH, Urteil vom 9.10.2003 – I ZR 17/01 -, Juris Rn. 21; Schwab in: Schwab/Weth <Hrsg.>, ArbGG, 4. Auflage 2015, § 64 Rn. 150), wäre er erteilt worden.
Dies ist hier der Fall. Denn der Beschwerdeführer hat in seiner Berufungsbegründung nicht nur allgemein gerügt, dass das Arbeitsgericht auf die fehlende Schlüssigkeit hätte hinweisen müssen, sondern er hat zugleich die einzelnen Zahlungsansprüche weiter begründet. So hat er seinen Gehaltsanspruch für März 2014 näher begründet und ausgeführt, für welche konkreten Zeiträume aufgrund welcher Anspruchsgrundlage (und tatsächlicher Umstände) er das Geld beanspruche. Hinsichtlich seiner weiteren Ansprüche auf Erstattung von Spesen, Handy- und Fahrtkosten hat der Beschwerdeführer seine zuvor ohne nähere Bezeichnung gestellten Zahlungsanträge entsprechend der vom Arbeitsgericht in seinem Urteil vertretenen Rechtsauffassung auf die Zahlung von Brutto-Beträgen umgestellt. In Bezug auf die verlangten Spesen hat der Beschwerdeführer zudem durch Präzisierung seines Vortrag zum Sachverhalt klargestellt, dass der Anspruch für die genannten Monate jeweils abschließend geltend gemacht werde, womit seiner Auffassung nach der Klagantrag hinreichend bestimmt formuliert sei. Damit ist ohne jeden Zweifel ersichtlich, dass und inwiefern der Beschwerdeführer seinen Vortrag und die gestellten Anträge geändert beziehungsweise ergänzt hätte, wenn ihm die Bedenken des Arbeitsgerichts bezüglich der Schlüssigkeit der Klage nicht erst im Urteil, sondern zuvor durch die gebotenen Hinweise bekannt gemacht worden wären. Das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufungsbegründung genügte damit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge. Die formalistische Betrachtungsweise des Landesarbeitsgerichts, das letztlich allein einen expliziten Hinweis auf bei sachgerechter Würdigung Offensichtliches vermisst und daran das Rechtsmittel des Beschwerdeführers scheitern lässt, widerspricht Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen über die Anforderungen an eine Berufungsbegründung und verkürzt den Rechtsschutz im Berufungsverfahren in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise.
(b) Das Landesarbeitsgericht hat die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung ferner dadurch überspannt, dass es die Berufung auch im Hinblick auf das neue Vorbringen für unzureichend begründet und damit für unzulässig erachtete.
Das Landesarbeitsgericht hat im Beschluss vom 17. Oktober 2014, in welchem es auf seine Verfügung vom 8. Oktober 2014 verweist, ausgeführt, für eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung bedürfe es nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO neben der Bezeichnung neuer Angriffs- oder Verteidigungsmittel auch der – hier fehlenden – Benennung der Tatsachen, aufgrund derer sie nach § 67 ArbGG zuzulassen seien.
Es kann hier dahinstehen, welche Anforderungen für eine Berufungsbegründung und einen Verwerfungsbeschluss sich hieraus im Einzelnen ergeben. Denn das Landesarbeitsgericht hat selbst bei Zugrundelegung eines strengen Maßstabs auch in diesem Zusammenhang die Anforderungen an die Berufungsbegründung überspannt. Bei verständiger Würdigung der Berufungsbegründung erschließt sich ohne weiteres, dass diese auch Ausführungen dazu enthält, weshalb das neue Vorbringen nach Auffassung des Beschwerdeführers in zweiter Instanz zuzulassen sei, die Voraussetzungen des § 67 Abs. 2 und Abs. 3 ArbGG also erfüllt seien.
Der Beschwerdeführer hatte in seiner Berufungsbegründung beanstandet, das erstinstanzliche Gericht habe hinsichtlich aller Zahlungsansprüche seine aus § 139 ZPO folgende Hinweispflicht verletzt. Damit machte er nicht nur einen Verfahrensfehler des erstinstanzlichen Gerichts geltend, sondern bezeichnete zugleich den Grund, aus dem das neue Vorbringen in der zweiten Instanz unabhängig von einer hierdurch möglicherweise eintretenden Verzögerung zwingend zuzulassen gewesen wäre. Denn eine Präklusion neuen Vortrags in zweiter Instanz ist von vornherein ausgeschlossen, wenn durch die Verletzung der Hinweispflicht in erster Instanz nicht allein das Verhalten des Rechtsmittelführers, sondern auch ein Fehler des Gerichts dazu geführt hat, dass das neue Angriffsmittel erst in der Berufungsinstanz vorgebracht wird (vgl. BVerfGE 75, 183 – Juris Rn. 20, 22; Germelmann, in: Germelmann/Matthes/Prütting <Hrsg.>, Arbeitsgerichtsgesetz, 8. Auflage 2013, § 67 Rn. 8). Dass der Beschwerdeführer daher mit seiner Verfahrensrüge zugleich den Grund für die Zulassung seines neuen Vorbringens in zweiter Instanz dargetan hat, hat das Landesarbeitsgericht verkannt. Durch seine auch hier verfehlte, rein formalistische Betrachtung hat es sich einer interessengerechten Gesamtwürdigung des Vortrags des Beschwerdeführers verschlossen und auch hierdurch dessen Rechtsschutz im Berufungsverfahren und damit seinen Justizgewährungsanspruch in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verkürzt.
2. Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 17. Oktober 2014 beruht auf dem festgestellten Verfassungsverstoß. Es ist nicht auszuschließen, dass das Landesarbeitsgericht bei hinreichender Berücksichtigung der sich aus dem Justizgewährungsanspruch ergebenden Vorgaben zu einer anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung gelangt wäre und der Berufung zum Erfolg verholfen hätte.
3. Da der angegriffene Beschluss des Landesarbeitsgerichts schon wegen des Verstoßes gegen den Justizgewährungsanspruch verfassungswidrig ist, kann offenbleiben, ob er den Beschwerdeführer auch in seinem Grundrecht auf rechtliches Gehör aus Art. 2 Abs. 1 LV in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.
4. Soweit der Beschwerdeführer auch den Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 22. November 2014, mit dem seine Anhörungsrüge zurückgewiesen wurde, angreift, ist ein eigenständiger Grundrechtsverstoß nicht erkennbar und auch nicht dargetan. Aufgrund der Aufhebung des Beschlusses vom 17. Oktober 2014 ist der Beschluss vom 22. November 2014 als nachgeordnete Entscheidung für gegenstandslos zu erklären.
C. Die notwendigen Auslagen sind dem Beschwerdeführer zu erstatten, weil die Verfassungsbeschwerde begründet ist, § 60 Abs. 3 StGHG.
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