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Die Kosten, die dem Erben für die Beseitigung eines Ölschadens an einer zum Nachlass gehörenden Immobilie entstehen, mindern die Erbschaftssteuer nicht
Urteil des FG Münster vom 30.04.2015
Aktenzeichen: 3 K 900/13
Kurze Zusammenfassung der Entscheidung:
Die Kosten, die dem Erben für die Beseitigung eines Ölschadens an einer zum Nachlass gehörenden Immobilie entstehen, mindern die Erbschaftssteuer nicht.
Im vorliegenden Fall gehörte zum Nachlass eine Immobilie. Aus dem Öltank der Heizung dieser Immobilie trat vor dem Tod des Erblassers Öl aus. Nach dem Erbfall mussten die Erben den Schaden beseitigen. Einer der Erben machte gegenüber dem Finanzamt die Minderung der Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Erbschaftsteuer in Höhe der Kosten für die Beseitigung des Ölschadens geltend.
Das Finanzgericht wies die Klage zurück. Da der Erblasser zu Lebzeiten weder durch eine entsprechende behördliche Anordnung noch aufgrund zivilrechtlicher Regelungen auf die Beseitigung des Ölschadens in Anspruch genommen wurde, stellen die Kosten für die Beseitigung des Ölschadens aus Sicht des Gerichts keine Nachlassverbindlichkeit dar. Nur wenn die Verpflichtung zu Beseitigung des Ölschadens bereits zu Lebzeiten des Erblassers bestanden hätte, wären die damit verbundenen Kosten als Nachlassverbindlichkeiten anzusehen. Folglich können die Kosten auch nicht als Nachlassverbindlichkeiten von der Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Erbschaftsteuer abgesetzt werden.
(Erbschaftsteuer Immobilie Beseitigungskosten)
Tenor:
1) Die Klage wird abgewiesen.
2) Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3) Die Revision wird zugelassen.
(Erbschaftsteuer Immobilie Beseitigungskosten)
Entscheidungsgründe:
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung von Aufwendungen zur Beseitigung eines Ölschadens als Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 10 Abs. 5 Nr. 1 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG).
Der Kläger beerbte seinen am 00.00.0000 verstorbenen Onkel neben weiteren Erben ausweislich des gemeinschaftlichen Erbscheins des Amtsgerichts E zu 1/3.
Zum Nachlass gehörte der Grundbesitz A-Straße 1 in E, ein Zweifamilienhaus, in dem der Erblasser eine Wohnung selbst bewohnt und die andere vermietet hatte. Das Haus wurde mit einer Ölheizung beheizt. Noch vor seinem Tod hatte der Erblasser Heizöl bezogen. Aufgrund einer veränderten Heizölqualität kam es dazu, dass der Schlauch der Anlage mit Ölschlamm so stark verschmutzt wurde, dass das Öl nicht mehr richtig angesaugt wurde mit der Folge, dass sich das Öl zunächst in einem Tank der aus drei Tanks bestehenden Anlage sammelte und schließlich – ohne dass es zu einer Störmeldung gekommen war – austrat und zentimeterhoch in dem nur durch eine verschlossene Luke erreichbaren Ölauffangraum stand. Der Sachverhalt wurde im Oktober 0000 von der nunmehr allein in dem Haus lebenden Mieterin bemerkt, der starker Ölgeruch aufgefallen war. Sie informierte die Firma U, die sich den Schaden ansah und zunächst das ausgelaufene Öl mit einem Ölbindemittel beseitigte, so dass die Heizung weiter genutzt werden konnte. Späterhin wurden die alten Tanks ausgebaut, durch neue ersetzt und der Öllagerraum gereinigt und mit einem neuen Schutzanstrich versehen. Eine Miterbin hatte insoweit die Firma T beauftragt. Von den seitens der Firma U (Rechnungen vom 00.00.0000 und 00.00.0000, insgesamt 969,54 Euro) und der Firma T (10.378,07 Euro lt. Überweisungsbelegen und Rechnungen vom 00.00. und 00.00.0000) in Rechnung gestellten Beträgen machte der Kläger 1/3, also 3.782,54 Euro als Nachlassverbindlichkeiten geltend. Im Einzelnen wird auf den vom Kläger vorgelegten Artikel (IKZ – Haustechnik, Blatt 48/49 der Gerichtsakte) und auf die schriftliche Äußerung der damaligen Mieterin (Blatt 55 der Gerichtsakte) hingewiesen.
Durch geänderten Erbschaftsteuerbescheid vom 00.00.0000 setzte der Beklagte die Erbschaftsteuer auf X Euro fest, ohne diesen Betrag als Nachlassverbindlichkeit zu berücksichtigen. Die Steuerfestsetzung erging gem. §165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) wegen der noch nicht abschließend ermittelten Nachlassverbindlichkeiten vorläufig. Eine Erblasserschuld ergebe sich aus der Wertminderung des Gebäudes nicht, solange keine zivilrechtlich oder öffentlichrechtlich begründete Pflicht zur Beseitigung der Mängel bestehe.
Mit seinem dagegen gerichteten Einspruch vom 05.03.2012 hielt der Kläger an seinem Begehren auf Berücksichtigung der genannten Aufwendungen als Nachlassverbindlichkeiten fest. Es handele sich nicht um einen Gebäudeschaden. Die Schadensursache sei bereits durch den Erblasser gelegt worden, da dieser Heizöl minderer Qualität bezogen habe. Die Aufwendungen zur Beseitigung dieses latenten Schadens seien deshalb als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen.
Nach Erlass eines aus anderweitigen Gründen geänderten Erbschaftsteuerbescheides am 08.05.2012 wies der Beklagte den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 04.03.2013 als unbegründet zurück. Unter Bezugnahme auf den Beschluss des BFH vom 19.02.2009 II B 132/08 vertrat er die Auffassung, dass ohne Bestehen einer öffentlichrechtlichen oder privatrechtlichen Verpflichtung bereits zu Lebzeiten des Erblassers ein Abzug der geltend gemachten Aufwendungen ausgeschlossen sei.
Mit seiner Klage vom 21.03.2013 verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und nimmt Bezug auf sein Vorbringen im Einspruchsverfahren.
Der Beklagte hat am 19.02.2015 aus hier nicht mehr streitigen Gründen einen geänderten Erbschaftsteuerbescheid erlassen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Erbschafsteuerbescheid vom 19.02.2015 zu ändern und weitere Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von 3.782,54 Euro zu berücksichtigen,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
Zur Begründung bezieht er sich auf seine Einspruchsentscheidung.
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO).
Gründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der angefochtene Erbschaftsteuerbescheid in der Fassung des Bescheides vom 19.02.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der vom Kläger begehrte Abzug der anteiligen Aufwendungen zur Beseitigung des Ölschadens als Nachlassverbindlichkeiten gem. § 10Abs. 5 Nr. 1 ErbStG kommt nicht in Betracht.
Nach dieser Vorschrift sind die vom Erblasser herrührenden Schulden (§ 1967 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig. Es handelt sich um die sog. Erblasserschulden, also im Zeitpunkt des Erbfalls schon in der Person des Erblassers begründete gesetzliche, vertragliche und außervertragliche Verpflichtungen, auch wenn die Folgen erst nach dem Erbfall eintreten (vgl. Palandt/Edenhofer, Rz. 2 zu § 1967 BGB). Für den Abzug als Nachlassverbindlichkeit gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG ist weiter erforderlich, dass die Verbindlichkeiten neben ihrem rechtlichen Bestand den Erblasser im Zeitpunkt des Todes wirtschaftlich belastet haben, er also davon ausgehen musste, die Verpflichtungen unter normalen Umständen selbst erfüllen zu müssen (vgl. BFH, Beschluss vom 15.05.2009 II B 155/08, BFH/NV 2009, 1441 m. w. N.). Aufwendungen zur Beseitigung von Mängeln oder zum Abbruch eines Gebäudes können nur dann als Erblasserschulden berücksichtigt werden, wenn der Erblasser dazu bereits zu Lebzeiten aufgrund einer bestehenden öffentlichrechtlichen oder privatrechtlichen Verpflichtung tätig werden musste (vgl. BFH, Urteil vom 11.07.1990 II R 153/87, BFH/NV 1991, 97, und Beschluss vom 19.02.2009 II B 132/08, BFH/NV 2009, 966).
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechungsgrundsätze, denen sich der Senat auch für den vorliegenden Fall anschließt, kommt ein Abzug der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen als Nachlassverbindlichkeiten nicht in Betracht. Denn allein die Tatsache, dass der Erblasser durch den Einkauf von für seine Heizungsanlage nicht geeignetem Öl die Ursache für den späteren Austritt des Öls und damit für die zur Schadensbeseitigung erforderlichen Aufwendungen gesetzt hat, reicht danach für den Abzug der Aufwendungen als Nachlassverbindlichkeiten nicht aus. Der Senat kann nämlich eine Verpflichtung bereits des Erblassers zur Beseitigung des Öls nicht feststellen.
So ist unstreitig keine öffentlichrechtliche Aufforderung zur Entfernung des Öls ergangen.
Ebenso wenig kann der Senat eine privatrechtliche Verpflichtung des Erblassers gegenüber der im Objekt A-Straße wohnenden Mieterin feststellen. Grundsätzlich war der Erblasser gegenüber der Mieterin verpflichtet, ihr die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten und mängelfreien Zustand zu überlassen (§§ 535, 536 BGB). Mangel ist dabei eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten. Die Abweichung muss den vertragsgemäß vorausgesetzten, konkreten Gebrauch der Mietsache aufheben oder mindern (vgl. Palandt/Weidenkaff Rz. 16 zu § 536 BGB). Mit dem Austritt des Öls liegt danach ein Mangel vor. Insoweit ist der vertragsgemäß vorausgesetzte, konkrete Gebrauch der Mietsache gemindert. Denn der Austritt des Öls hatte sowohl eine erhebliche Geruchsbelästigung zur Folge, darüber hinaus war die Funktionsfähigkeit der Heizungsanlage beeinträchtigt. Jedoch ist der Austritt des Öls erst im Oktober 0000 und damit ein halbes Jahr nach dem Todestag des Erblassers bemerkt worden, so dass erhebliche Zweifel bestehen, ob der Mangel am Todestag selbst bereits vorlag und so Verpflichtungen des Erblassers als Vermieter zur Beseitigung entstanden waren. Jedenfalls kann nicht festgestellt werden, dass der Erblasser bereits am Todestag mit einer Inanspruchnahme rechnen musste. Es fehlt mithin an der für den Abzug als Nachlassverbindlichkeit erforderlichen wirtschaftlichen Belastung.
Bei dieser Sachlage braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob er in Bezug auf die Berücksichtigung latenter bzw. ungewisser Schäden und Verbindlichkeiten als Nachlassverbindlichkeiten gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG der für ertragsteuerliche Zwecke entwickelten Rechtsprechung zur Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten auch im Bereich der Erbschafsteuer folgen würde, nach der der Gläubiger seine Ansprüche kennen muss oder diese Kenntnis unmittelbar bevorsteht (vgl. BFH, Urteil vom 11.12.2001 VIII R 34/99, BFH/NV 2002, 486).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts im Hinblick auf die Behandlung latenter Schäden bzw. Verbindlichkeiten als Nachlassverbindlichkeiten zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).
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