Bundesweite Beratung über Zoom oder Skype. Vereinbaren Sie einen Termin.
Beschluss des OLG Köln vom 24.03.2014
Aktenzeichen: 2 Wx 28/14
Kurze Zusammenfassung der Entscheidung:
Der vom Nachlasspfleger verwaltete Nachlass umfasste ein Depotkonto. Die Wertpapiere wurden fällig. Daraufhin wies das Nachlassgericht den Nachlasspfleger an, den anfallenden Geldbetrag bei einer bestimmten Sparkasse anzulegen. Gegen diese Anordnung wandte sich der Nachlasspfleger mit seiner Beschwerde.
Das OLG Köln gab der Beschwerde statt. Ein Nachlassgericht ist nicht befugt, dem Nachlasspfleger für die Anlage von Geldern, die zum Nachlass gehören, ein bestimmtes Geldinstitut vorzuschreiben. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass im Falle der Nachlasspflegschaft durch einen Rechtsanwalt dessen Berufsrecht zu beachten ist, d.h. die einschlägigen Vorschriften für die Anlage von Fremdgeldern durch Rechtsanwälte auf Fremdgeldkonten.
(Nachlasspfleger Geldanlage)
Tenor:
Auf die Beschwerde des Beteiligten vom 16.12.2013 wird der Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Bonn vom 11.12.2013 39 VI 32/11 aufgehoben.
(Nachlasspfleger Geldanlage)
Entscheidungsgründe:
I. Nachdem der Beteiligte dem Nachlassgericht mitgeteilt hatte, dass zum 15.07.2012 ein zum Nachlass gehörendes Wertpapier mit einem Nennbetrag von 105.000,– € fällig geworden sei, hat die Rechtspflegerin nach weiterem Schriftverkehr durch Beschluss vom 11.12.2013 den Beteiligten angewiesen, den Betrag bei der Sparkasse L auf ein neu einzurichtendes Nachlass-Pflegschaftssparbuch für die unbekannten Erben der Erblasserin anzulegen und mit einem Sperrvermerk zu versehen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde vom 16.12.2013, mit welcher der Beteiligte im Wesentlichen geltend macht, es sei nicht nachvollziehbar, dass er angewiesen werde, ein Konto gerade bei der Sparkasse L einzurichten. Die Einrichtung eines Kontos auf die unbekannten Erben sei nicht möglich, sodass nur er selbst als Kontoinhaber in Betracht komme. Es sei indes nicht möglich, mit einem Kreditinstitut eine Sperrvereinbarung betreffend ein Rechtsanwaltsanderkonto einzurichten; dem stünden die entsprechenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen entgegen. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht vorgelegt.
II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.
Die mit dem angefochtenen Beschluss gegenüber dem Beteiligten im Wege der gerichtlichen Aufsicht getroffenen Anordnungen sind nicht veranlasst.
Einem Nachlasspfleger kann grundsätzlich nicht aufgegeben werden, ein Konto bei einer bestimmten Bank – hier der Sparkasse L – einzurichten. Die im Zusammenhang mit einer Anlage an das Kreditinstitut zu stellenden Anforderungen sind in § 1807 Abs. 1 Nr. 5 BGB geregelt. Da davon auszugehen ist, dass in Deutschland eine Vielzahl von Kreditinstituten diesen Anforderungen gerecht werden, hat insoweit der Nachlasspfleger eine Auswahl nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Der vom Amtsgericht im Nichtabhilfebeschluss angeführte Gesichtspunkt, sämtliche anderen für das Amtsgericht tätigen Nachlasspfleger würden mit diesem Institut ordnungsgemäß zusammenarbeiten, bildet keine Grundlage für eine Anweisung an einen anderen Nachlasspfleger, gerade bei diesem Institut ein Konto einzurichten.
Auch darf dem Beteiligten nicht aufgegeben werden, eine Sperrvereinbarung nach § 1809 BGB zu treffen. Insoweit hat der Senat auf der Grundlage der vom Beteiligten eingereichten Mitteilungen von Kreditinstituten die Überzeugung gewonnen, dass Kreditinstitute aufgrund ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Anderkonten nicht bereit sind, eine Sperrvereinbarung in Bezug auf das Rechtsanwaltsanderkonto zu treffen.
Dies gälte zwar nicht für ein normales Sparkonto, welches auch ein Rechtsanwalt auf seinen Namen einrichten könnte. Dem Beteiligten kann aber nicht zugemutet werden, auf sich selbst ein anderes Konto als ein Anderkonto zur Aufnahme der im Rahmen der Nachlasspflegschaft zu verwaltenden Gelder einzurichten. Denn nach § 43 a Abs.5 Satz 2 BRAO muss ein Rechtsanwalt Fremdgelder, sofern er sie nicht an den Empfangsberechtigten weiterleitet, auf ein Anderkonto einzahlen.
Dem Beteiligten kann auch nicht aufgegeben werden, ein Konto auf die unbekannten Erben als Kontoinhaber (als die Empfangsberechtigten) einzurichten, das mit einem Sperrvermerk versehen werden könnte, denn zureichende Anhaltspunkte dafür, dass dem Beteiligten die Eröffnung eines solchen Kontos möglich ist, liegen nicht vor.
Zwar ist im Anwendungserlass des Bundesministeriums der Finanzen zur Abgabenordnung (AEAO Ziffer 4. zu § 154 AO) ausgeführt: \”Wird ein Konto auf den Namen eines verfügungsberechtigten Dritten errichtet, müssen die Angaben über Person und Anschrift sowohl des Kontoinhabers als auch desjenigen, der das Konto errichtet, festgehalten werden. Steht der Verfügungsberechtigte noch nicht fest (z.B. der unbekannte Erbe) reicht es aus, wenn das Kreditinstitut sich zunächst Gewissheit über die Person und Anschrift des das Konto Errichtenden (z.B. des Nachlasspflegers) verschafft; die Legitimation des Kontoinhabers ist sobald wie möglich nachzuholen.\” Indes fehlt es an zureichenden Anhaltspunkten dafür, dass es durchgehende Praxis der Kreditinstitute ist, diese Möglichkeit auszuschöpfen und zunächst auf eine Identifizierung des Kontoinhabers zu verzichten sowie sich mit der Gewissheit über die Person des errichtenden Nachlasspflegers zu begnügen. So belegt bereits die vom Beteiligten eingereichte Stellungnahme des Chefsyndikus der Volksbank S, dass bei diesem Institut die Einrichtung eines Kontos auf die \”unbekannten Erben\” nichtsdestotrotz abgelehnt wird.
Ob dem Sicherungsbedürfnis, das den Regelungen der §§ 1807, 1809 BGB zugrunde liegt, durch die Anlage auf dem Anderkonto des Beteiligten Genüge getan ist oder ob ihm hier auf andere Weise Rechnung zu tragen ist, hat nicht der Senat im vorliegenden Beschwerdeverfahren zu prüfen und muss daher offenbleiben, weil dessen Gegenstand nur die konkret vom Nachlassgericht erteilte Weisung ist, welcher der Beteiligte aus den angeführten Gründen nicht nachkommen muss.
Zur Vermeidung weiterer Differenzen zwischen dem Nachlassgericht und dem Beteiligten kann es sich nach Auffassung des Senats anbieten, weitere Bemühungen zu unternehmen, ein den Anforderungen des § 1807 Abs. 1 Nr. 5 BGB entsprechendes Kreditinstitut zu finden, das bereit wäre, ein Konto auf die unbekannten Erben als Inhaber zu errichten, was nach dem zitierten Anwendungserlass nicht gegen § 154 AO verstoßen dürfte.
__________________________________________