Auch bei einem mittellosen Nachlass ist eine Nachlasspflegschaft auf Antrag einzurichten

Beschluss des OLG Zweibrücken vom 07.05.2015

Aktenzeichen: 8 Wx 49/15

Kurze Zusammenfassung der Entscheidung:

Auch bei einem mittellosen Nachlass ist eine Nachlasspflegschaft auf Antrag einzurichten.
Der Einrichtung einer Nachlasspflegschaft gemäß § 1961 BGB steht es nicht entgegen, dass der Nachlass mittellos ist. Folglich ist die Nachlasspflegschaft auch dann einzurichten, wenn ein Gläubiger des Erblassers die Einrichtung der Nachlasspflegschaft beantragt, um Forderungen gegenüber dem Nachlass geltend zu machen. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Nachlass mittellos ist oder nicht.

(Nachlasspflegschaft mittelloser Nachlass)

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beteiligten J(_) M(_) wird der Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgericht – Koblenz vom 15. April 2015 (41 VI 38/15) aufgehoben und auf den Antrag vom 26. Februar 2015 eine Nachlasspflegschaft mit dem Wirkungskreis der Vertretung des/ der unbekannten Erben bei der Beendigung und Abwicklung des Mietverhältnisses mit dem Beteiligten J(_) M(_) angeordnet.

(Nachlasspflegschaft mittelloser Nachlass)

Entscheidungsgründe:

1. Auf die Beschwerde des Beteiligten J(_) M(_) wird der Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgericht – Koblenz vom 15. April 2015 (41 VI 38/15) aufgehoben und auf den Antrag vom 26. Februar 2015 eine Nachlasspflegschaft mit dem Wirkungskreis der Vertretung des/ der unbekannten Erben bei der Beendigung und Abwicklung des Mietverhältnisses mit dem Beteiligten J(_) M(_) angeordnet.
Denn die Voraussetzungen, unter den gemäß § 1961 BGB zwingend (“hat“) eine Nachlasspflegschaft anzuordnen ist, sind gegeben. Der/die Erbe/n des Erblassers sind unbekannt, und es hat der Beteiligte J(_) M(_) in seiner Eigenschaft als Vermieter und mithin „Berechtigter“ die Bestellung eines Nachlasspflegers beantragt „zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet“ (§ 1961 BGB; vgl. hierzu etwa OLG Köln FGPrax 2011,128).
Entgegen der Ansicht des Nachlassgerichts steht der Anordnung nicht entgegen, dass kein Nachlassvermögen existiert oder der Nachlass aller Voraussicht nach dürftig ist. Voraussetzung für eine Nachlasspflegschaft auf Antrag ist gerade nicht, dass ein Sicherungsbedürfnis am Nachlass besteht (vgl. schon BayObLG FamRZ 2003, 562); ausreichend ist vielmehr ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers, und ein solches ist für den Beteiligten J(_) M(_) hier (im Besonderen mit Schriftsatz vom 13. April 2015) zutreffend dargelegt worden. Zum Ganzen sei beispielhaft verwiesen auf Horst, „Praktische Probleme beim Tod des Mieters“, DWW 2013, 362, 367 ff., OLG Dresden FamRZ 2010, 1114, und auch OLG München FamRZ 2012, 1420.
2. Die Auswahl und die Bestellung des Nachlasspflegers werden dem Amtsgericht – Nachlassgericht – Koblenz übertragen (vgl. hierzu erneut OLG Köln FGPrax 2011, 128), sowie Beschluss des Senats vom 16. Dezember 2014 zu Az. 8 W 135/14 mit weiteren Nachweisen).
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; die Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Kosten scheidet mangels eines Beschwerdegegners aus.
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(Nachlasspflegschaft mittelloser Nachlass)

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