Im Fall der Vor- und Nacherbschaft kann der Testamentsvollstrecker unentgeltlich über den Nachlass nur verfügen, wenn alle Erben und alle Nacherben dem zustimmen

Erbrecht: Testamentsvollstreckung Verfügung Entgeltlichkeit | OLG München - 07-11-2017 - 34 Wx 321/17 | Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht - Köln | Kanzlei Balg und Willerscheid - Köln Nippes

Beschluss des OLG München vom 07.11.2017

Aktenzeichen: 34 Wx 321/17

Kurze Zusammenfassung der Entscheidung:

Im Fall der Vor- und Nacherbschaft kann der Testamentsvollstrecker unentgeltlich über den Nachlass nur verfügen, wenn alle Erben und alle Nacherben dem zustimmen.
Im vorliegenden Fall hatte die Erblasserin die Vor- und Nacherbschaft angeordnet. Gleichzeitig verfügte sie die Testamentsvollstreckung.
Die Vorerbschaft sollte nach dem Willen der Erblasserin zur Vollerbschaft werden, wenn der Vorerbe das 35. Lebensjahr vollendet hat oder Vater eines ehelichen Kindes wird. Der Testamentsvollstreckerin räumte sie ein Vermächtnis hinsichtlich der Hälfte eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks. Diesbezüglich ordnete die Erblasserin weiter an, dass das Vermächtnis fortfällt, wenn das Grundstück im Erbfall nicht mehr zum Nachlass gehört.
Noch zu Lebzeiten übertrug die Erblasserin die Hälfte des Grundstückes, auf welches sich das Vermächtnis bezog, auf die Vermächtnisnehmerin.
Nach dem Erbfall kamen der Vorerbe und die Testamentsvollstreckerin über ein, dass die Grundstückshälfte, die sich noch im Nachlass befand, zum Zwecke der Vermächtniserfüllung der Testamentsvollstreckerin übereignet wird.
Das Grundbuchamt lehnte die entsprechende Eintragung im Grundbuch ab. Das Grundbuchamt verwies darauf, dass unklar sei, ob sich das Vermächtnis auf die verbleibende Grundstückshälfte bezieht oder nur auf die Hälfte der noch zum Nachlass gehörenden Grundstückshälfte. Im 2. Fall hätte die Testamentsvollstreckerin einen Teil des Grundstücks nicht zum Zwecke der Erfüllung des Vermächtnisses übertragen. Es würde sich folglich um eine unentgeltliche Verfügung handeln.
Das OLG München half der Beschwerde gegen die Entscheidung des Grundbuchamtes nicht ab. Das Grundbuchamt muss von Amts wegen prüfen, ob die Übertragung des Grundstückes durch den Testamentsvollstrecker ganz oder zum Teil unentgeltlich erfolgt. In diesem Fall wäre die Übertragung nicht wirksam, sodass die Grundbucheintragung nicht vorgenommen werden darf.
Die Testamentsvollstreckerin konnte dem Grundbuchamt gegenüber nicht nachvollziehbar darstellen, dass sich das Vermächtnis auf die gesamte noch zum Nachlass gehörende Grundstückshälfte erstreckt. Weiter waren die möglichen Nacherben (die eventuellen Abkömmlinge des Vorerben) nicht am Verfahren beteiligt. Für sie hätte ein Verfahrenspfleger bestellt werden müssen. Da dies nicht geschah, lag der Übertragung der Grundstückshälfte auch nicht die Zustimmung aller Erben bzw. Nacherben zu Grunde.
Nur im Fall einer solchen Zustimmung aller Erben kann der Testamentsvollstrecker wirksam unentgeltlich über den Nachlass verfügen. Das Grundbuchamt verweigerte daher zu Recht die Mitwirkung an der Eintragung der Testamentsvollstreckerin als neue Eigentümerin des noch zum Nachlass gehörenden Grundstückteils in das Grundbuch.

(Testamentsvollstreckung Verfügung Entgeltlichkeit)

Tenor:

1) Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts München – Grundbuchamt – vom 1. August 2017 wird zurückgewiesen.
2) Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 82.500 € festgesetzt.

(Testamentsvollstreckung Verfügung Entgeltlichkeit)

Entscheidungsgründe:

I. Im Grundbuch ist als Eigentümerin von Grundbesitz noch die am ..9.2016 verstorbene Erblasserin eingetragenen.
Sie hatte gemäß Erbvertrag mit ihrem vorverstorbenen Ehemann vom 18.2.2002 den 1985 geborenen kinderlosen Beteiligten zu 2 als befreiten Vorerben nach dem Letztversterbenden eingesetzt. Als Nacherben sind seine ehelichen Abkömmlinge bestimmt. Die Nacherbfolge ist nach Ziffer 3.2.1 des Erbvertrags auflösend bedingt; Bedingungseintritt sollen die Vollendung des 35. Lebensjahres des Beteiligten zu 2 oder das Vorhandensein eines Abkömmlings des Vorerben sein, mit dessen Mutter der Vorerbe verheiratet ist oder jedenfalls zeitweise war. Bei Eintritt einer auflösenden Bedingung soll die Stellung des Vorerben zu der eines Vollerben erstarken.
Zudem bestimmten die Ehegatten im Erbvertrag (Ziffer 3.2.2), dass, wenn der Beteiligte zu 2 Vorerbe wird, die Stiefschwester der Ehefrau (Beteiligte zu 1) als Vermächtnis einen ½ Miteigentumsanteil an dem Grundstück erhalten solle. Für unter anderem den Fall, dass der Vermächtnisgegenstand beim Erbfall nicht oder nicht mehr im Nachlass sein sollte, sollte das Vermächtnis ersatzlos in Wegfall geraten. In Ziffer 3.2.3 bestimmten die Vertragsparteien zudem die Beteiligte zu 1 als Testamentsvollstreckerin des Zuletztversterbenden. Die Testamentsvollstreckung ist als Dauervollstreckung mit umfassendsten Befugnissen bezeichnet. Der Testamentsvollstrecker hat danach unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB die Aufgabe, das Vermächtnis zu erfüllen.
Mit notarieller Urkunde vom 25.4.2016 überließ die Erblasserin dem Beteiligten zu 2 unentgeltlich einen von dem Grundstück wegvermessenen Teil von 530 m² zum Alleineigentum. Beide Vertragsparteien erklärten die Auflassung, die im Grundbuch vollzogen wurde.
Am 16.1.2017 errichteten die Beteiligten einen notariellen Vermächtniserfüllungsvertrag, in dem geregelt ist:
Der Nachlass wurde mit einem Vermächtnis beschwert, dass Frau … (Beteiligte zu 1) das Flurstück … zur Hälfte erhält. Zu Lebzeiten der Erblasserin wurde das ursprüngliche Grundstück … zu 860 m² vermessen, es entstand ein Flst. … zu 330 m² und ein Flst. … zu 530 m². Das Flst. … (zu 530 m²) wurde bereits lebzeitig von Frau … (Erblasserin) an Herrn … (Beteiligter zu 2) übertragen. Die Vertragsteile erklären, dass es aufgrund der erfolgten Vermessung und Übertragung der Wille der Erblasserin war, dass das neu gebildete Flst. … (zu 330 m²) auf Frau … (Beteiligte zu 1) zum Alleineigentum übertragen wird. Die Übertragung sollte ebenfalls zu Lebzeiten erfolgen, hierzu ist es nicht mehr gekommen.
Die Auflassung des Grundstücks wurde erklärt und die Eintragung bewilligt. Nach Erholung der Nachlassakten erließ das Grundbuchamt eine fristsetzende Zwischenverfügung, wonach zur Erfüllung des Vermächtnisses die Testamentsvollstreckung angeordnet sei und nachgewiesen werden müsse, wobei der Testamentsvollstrecker jedoch nicht unentgeltlich verfügen dürfe. Das ausgesetzte Vermächtnis umfasse nur einen Miteigentumsanteil von ½ am Grundstück, wogegen die Übertragung das gesamte Flurstück umfasse, so dass nicht nur das Vermächtnis erfüllt werde und somit zumindest teilweise unentgeltlich verfügt werde. Insofern bedürfe es neben dem Testamentsvollstreckerzeugnis auch der Zustimmung der Nacherben in grundbuchtauglicher Form.
Hierzu hat die Beteiligte zu 1 mit Anwaltsschreiben vom 12.7.2017 vorgetragen, es sei zwischen den Beteiligten klar gewesen, dass die Beteiligte zu 1 das gesamte Restflurstück erhalten solle. Zu der beabsichtigten Übertragung zu Lebzeiten der Erblasserin sei es jedoch nicht mehr gekommen. Das Grundstück sei bebaut mit einem Haus. Die beiden Wohnungen seien vermietet. Der Beteiligte zu 2 habe, weil klar war, dass die Realteilung eine Vorwegnahme des Vermächtnisses darstellte, der Beteiligten zu 1 auch schon die Kautionen, Mietverträge und Schlüssel übergeben. Zudem wurde das Testamentsvollstreckerzeugnis der Beteiligten zu 1 vom 17.7.2017 nachgereicht.
Am 1.8.2017 hat das Grundbuchamt den Antrag zurückgewiesen, da die in der Zwischenverfügung benannten Hindernisse nicht beseitigt worden seien.
Dagegen richtet sich die beim OLG eingelegte Beschwerde vom 24.8.2017. Die Auslegung des Erbvertrags ergebe, dass der Wille der Erblasser dahin ging, dass nach Teilung das Restgrundstück vollständig an die Beteiligte zu 1 gehen sollte. Dazu wurden unter anderem Zeugen benannt und ein mit „eidesstattliche Versicherung“ überschriebenes privatschriftliches Schreiben des Ehemannes der Beteiligten zu 1 vorgelegt, wonach der Ehemann bei allen wesentlichen Gesprächen der Beteiligten zu 1 mit der Erblasserin anwesend gewesen sei und in sämtlichen Gesprächen klar gewesen sei, dass nach Teilung des Grundstücks die Beteiligte zu 1 Alleineigentümerin des verbliebenen Teils werden sollte. Zudem wurde eine Kopie eines entsprechenden Schreibens der Beteiligten zu 1 vorgelegt, in dem diese bestätigt, dass klar gewesen sei, dass die Beteiligte zu 1 Alleineigentümerin des Restgrundstücks werden sollte.
Der Senat hat die Nachlassakten beigezogen. Darin findet sich ein Schreiben des Beteiligten zu 2 vom 30.11.2016, wonach der ihm zustehende Teil des Grundstücks schon zu Lebzeiten übertragen wurde und das restliche Grundstück nach dem Wunsch der Erblasserin der Beteiligten zu 1 gehöre.
II.
1. Das Rechtsmittel gegen die den Antrag auf Eigentumsumschreibung zurückweisende Entscheidung ist als unbeschränkte Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen namens der antragsberechtigten Beteiligten zu 1 zulässig eingelegt (§ 73 GBO; § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG).
2. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, auch wenn die Beteiligten sich (zunächst) einig gewesen sind, dass das Restgrundstück insgesamt der Beteiligten zu 1 zustehen sollte.
Soll – wie hier – durch Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch eine Eigentumsübertragung aufgrund Auflassung (§ 873 Abs. 1, § 925 Abs. 1 BGB) vollzogen werden, so ist dem Grundbuchamt nach §§ 20, 29 Abs. 1 GBO die Einigung nachzuweisen. Hat auf Veräußererseite ein Testamentsvollstrecker die Auflassung erklärt, muss das Grundbuchamt dessen Ernennung (vgl. § 35 Abs. 2 GBO, § 2368 BGB) und Verfügungsbefugnis (§ 2205 Sätze 2 und 3 BGB) prüfen (Senat vom 31.5.2010, 34 Wx 28/10 = FamRZ 2011, 328/329; BayObLG NJW-RR 1989, 587). Ersteres erfordert die Vorlage des Testamentsvollstreckerzeugnisses in der Form der §§ 29, 35 GBO, letzteres, die Verfügung selbst im Hinblick auf die Entgeltlichkeit zu überprüfen. Dazu sind dem Grundbuchamt entweder die Entgeltlichkeit des Geschäfts, alternativ die Zustimmung der Erben und etwaiger Nacherben (BGHZ 57, 84/94; BGH NJW 1984, 2464; Rpfleger 1971, 349; MüKo/Zimmermann BGB 7. Aufl. § 2205 Rn. 80, 100) nachzuweisen. Beides ist hier nicht gegeben.
a) Zwar ist dem Grundbuchamt die Ausfertigung des Testamentsvollstreckerzeugnisses vorgelegt worden und damit in der Form der §§ 29, 35 GBO nachgewiesen, dass die Beteiligte zu 1 in den Grenzen der Befugnisse als Testamentsvollstreckerin verfügungsbefugt ist (vgl. BayObLGZ 1990, 82; 1986, 34).
b) Allerdings ist nicht hinreichend nachgewiesen, dass die Verfügung der Beteiligten zu 1 als Testamentsvollstreckerin entgeltlich ist.
aa) Entgeltlich ist eine Verfügung des Testamentsvollstreckers unter anderem dann, wenn sie in Erfüllung einer letztwilligen Verfügung vorgenommen wird (vgl. § 2203 BGB; Senat vom 16.3.2015, 34 Wx 430/14 = Rpfleger 2015, 550; BayObLG NJW-RR 1989, 587; KG FGPrax 2009, 56/57; Meikel/Böhringer GBO 11. Aufl. § 52 Rn. 54; MüKo/Zimmermann § 2205 Rn. 74 a. E.), also etwa ein Vermächtnis erfüllt (BayObLG NJW-RR 1989, 587; KG FGPrax 2009, 56/57; Demharter GBO 30. Aufl. § 53 Rn. 21). Das Grundbuchamt hat eigenständig zu prüfen, ob sich der Testamentsvollstrecker in den Grenzen seiner Verfügungsbefugnis hält. Zwar kann der Nachweis der Entgeltlichkeit als Eintragungsvoraussetzung regelmäßig nicht in der Form des § 29 Abs. 1 GBO geführt werden; die Feststellung obliegt dem Grundbuchamt vielmehr aufgrund freier Beweiswürdigung, wobei es allerdings keine eigenen Nachforschungen und Ermittlungen anstellen darf (Senat vom 5.7.2013, 34 Wx 191/13 = MittBayNot 2014, 69; vom 17.6.2016, 34 Wx 93/16 = FamRZ 2017, 146/147; Demharter § 52 Rn. 24 f.). Es gilt der allgemeine Erfahrungssatz, dass eine Verfügung entgeltlich ist, wenn die dafür maßgebenden Beweggründe im Einzelnen angegeben werden, verständlich und der Wirklichkeit gerecht werdend erscheinen sowie begründete Zweifel an der Pflichtmäßigkeit der Handlung nicht ersichtlich sind (BayObLG NJW-RR 1989, 587; KG FGPrax 2009, 56/57). Nur bei begründeten Zweifeln an der Entgeltlichkeit der Verfügung hat das Grundbuchamt die Vorlage geeigneter Nachweise aufzugeben, auch wenn diese nicht in grundbuchmäßiger Form erbracht werden können (vgl. Demharter § 52 Rn. 23 und 24). Dabei gilt im Antragsverfahren jedoch, dass eine Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen oder Beteiligten nicht stattfindet (Demharter § 1 Rn. 71; Hügel/Otto GBO 3. Aufl. § 29 Rn. 4; Meikel/Hertel GBO 11. Aufl. § 29 Rn. 18). Auch eidesstattliche Versicherungen fallen grundsätzlich unter die Beweismittelbeschränkung der §§ 29 ff. GBO, werden aber von einem Teil der Literatur und Rechtsprechung für den Nachweis negativer Tatsachen im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO bei der Erbfolge in Ergänzung eines öffentlichen Testaments oder Erbvertrags dann zugelassen, wenn sich auch das Nachlassgericht mit einer eidesstattlichen Versicherung begnügen würde (Meikel/Hertel § 29 Rn. 652 mit weiteren Nachweisen und Rn. 654). Dabei ist eine eidesstattliche Versicherung in der Form des § 29 GBO abzugeben (Demharter § 35 Rn. 41; § 51 Rn. 39).
bb) Der vom Grundbuchamt geforderte Nachweis der Entgeltlichkeit der Verfügung ist erforderlich, da auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Beteiligten Zweifel daran bestehen, dass mit der Auflassung an die Beteiligte zu 1 nur das Vermächtnis aus dem Erbvertrag erfüllt wird.
Ausdrücklich bestimmt der Erbvertrag, dass die Beteiligte zu 1 nur einen hälftigen Anteil am Grundstück erhalten sollte. Zudem ist angeordnet, dass dann, wenn der Vermächtnisgegenstand beim Erbfall nicht oder nicht mehr im Nachlass sein sollte, das Vermächtnis ersatzlos in Wegfall geraten sollte. Der Wortlaut und das Zusammenspiel der im Erbvertrag getroffenen Bestimmungen lassen daher nicht nur eine Auslegung dahingehend zu, dass nach Wegfall eines Grundstücksteils an den Beteiligten zu 2 der Rest auf die Beteiligte zu 1 fallen soll. Vielmehr kommt in Anbetracht der Regelungen in Ziffer 3.2.2 des Erbvertrags auch ein Verständnis dahingehend in Betracht, dass nach Wegfall eines Teils des Grundstücks der Rest hälftig aufzuteilen ist. Aus dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten zu den Gründen der Übertragung des gesamten Restgrundstücks ist daher nicht ersichtlich, dass damit den Vorgaben des Erbvertrags entsprochen wäre. Vielmehr ergeben sich für das Grundbuchamt – und im Beschwerdeverfahren den an dessen Stelle tretenden Senat – Zweifel an der Pflichtmäßigkeit des Handelns.
cc) Den vom Grundbuchamt zu Recht geforderten Nachweis der Entgeltlichkeit hat die Beteiligte zu 1 nicht erbracht.
Soweit die Beteiligte zu 1 in ihrer Beschwerde Zeugen benennt, ist dies in Anbetracht der Beweismittelbeschränkung im Grundbuchverfahren unbehelflich. Aus gleichem Grund können die Angaben der Beteiligten zu 1 und die Einlassung des Beteiligten zu 2 beim Nachlassgericht keine Berücksichtigung finden. Die Vorlage des privatschriftlichen Schreibens des Ehemannes der Beteiligten zu 1 und der Kopie der Erklärung der Beteiligten zu 1 genügt zur Nachweisführung nicht, da sie der Form des § 29 GBO nicht entsprechen.
Es kann dahinstehen, ob im Grundbuchverfahren zum Nachweis negativer Tatsachen eidesstattliche Versicherungen zuzulassen sind. Ungeachtet des nicht erfüllten Formerfordernisses kann der Entgeltlichkeitsnachweis hier nicht mittels einer eidesstattlicher Versicherung geführt werden, denn es geht der Sache nach nicht um den Nachweis negativer Tatsachen. Eine solche wäre nur etwa die Kinderlosigkeit des Beteiligten zu 2, die auf seine Erbenstellung Auswirkungen hätte. Hier geht es hingegen allein um die Auslegung des Erbvertrags zu der Frage, wer zu welchem Anteil wie bedacht sein soll.
Dahinstehen kann, ob in einem streitigen Erkenntnisverfahren aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Beweismittel einschließlich Zeugenvernehmungen ein anderes Ergebnis möglich erscheint. Diese Überlegungen helfen nämlich nicht über die Formenstrenge des Grundbuchverfahrens hinweg. Vielmehr könnte ein entsprechendes (Feststellungs-)urteil im Grundbuchverfahren berücksichtigt werden.
c) Zwar kann der Testamentsvollstrecker mit Zustimmung aller Erben (und etwaiger Nacherben) über einen zum Nachlass gehörenden Gegenstand auch unentgeltlich verfügen, wenn damit einer anderslautenden Erblasseranordnung widersprochen wird (BGH NJW 1984, 2464/2465). Ist die Zustimmung der Nacherben nicht einzuholen, da diese unbekannt oder noch nicht geboren sind, bedarf es der Bestellung eines Pflegers (OLG Frankfurt FGPrax 2010, 175; Demharter § 51 Rn. 39).
Eine Zustimmung von Nacherben oder eines Pflegers liegt hier allerdings nicht vor.
d) Bei Vertragsschluss hat zwar auch der Beteiligte zu 2 mitgewirkt und selbst als Erbe die Auflassung erklärt. Allerdings ändert auch dies nichts am Ergebnis. Nach § 2211 BGB kann ein Erbe nicht über einen Nachlassgegenstand verfügen, wenn dieser nach dem Testament der Verwaltung eines Testamentsvollstreckers unterliegt. Es kann daher auch dahinstehen, ob der Beteiligte zu 2 zu der Verfügung berechtigt wäre, wenn seine Erbenstellung dem Grundbuchamt gegenüber formgerecht nachgewiesen würde.
III. Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich, weil sich die Kostenfolge für das einseitig geführte Beschwerdeverfahren aus dem Gesetz, § 22 Abs. 1 GNotKG, ergibt. Da der Beteiligte zu 2 keinen Anwalt eingeschaltet hat, sind ihm keine außergerichtlichen Kosten entstanden, die der Beteiligten zu 1 aufzuerlegen wären.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens ist mit dem halben Wert des Grundstücks festzusetzen, nachdem es nur um den Nachweis geht, dass auch der zweite Hälfteanteil zu übertragen ist (§ 61 Abs. 1, § 46 Abs. 1 und 2 GNotKG). In Anbetracht des Geschäftswertes, den das Grundbuchamt für den 2016 übereigneten Anteil von 530 m² angesetzt hat, errechnet der Senat für den Anteil von 330 m² einen Wert von 165.000 €. Mithin ist der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens mit 82.500 € zu bemessen.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.
(Testamentsvollstreckung Verfügung Entgeltlichkeit)

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