Beschluss des OLG Schleswig-Holstein vom 25.02.2013

Ermittlungspflicht des Nachlassgerichtes

Aktenzeichen: 10 WF 204/12

Der wesentliche Inhalt der Entscheidung (Zusammenfassung):

Das Urteil setzt sich mit der Frage auseinander, in welchem Umfang das Nachlassgericht verpflichtet ist, die Frage der Überschuldung des Nachlasses zu überprüfen, wenn das Nachlassgericht darüber zu entscheiden hat, ob es die Ausschlagung der Erbschaft durch die sorgeberechtigten Eltern für ihr minderjähriges Kind genehmigen soll. Im vorliegenden Fall hatte das Nachlassgericht sich darauf beschränkt, die Nachforschungen zur Frage der Überschuldung des Nachlasses durch gerichtsinterne Ermittlungen vorzunehmen. Die Frage, mit der sich das OLG Schleswig-Holstein auseinandersetzen musste, war, ob das Gericht mit dieser Beschränkung seiner Pflicht zur Amtsermittlung bezüglich des Sachverhaltes, auf dessen Grundlage es zu entscheiden hat, genügt.

(Ermittlungspflicht des Nachlassgerichtes)

Kurzbesprechung der Entscheidung:

Die Entscheidung bezieht sich auf ein Nachlassverfahren, in dessen Rahmen die sorgeberechtigten Eltern für ihr minderjähriges Kind die Erbschaft ausschlagen wollten.
Die Eltern begründeten die Ausschlagung der Erbschaft damit, dass Sie davon ausgehen, dass der Nachlass überschuldet ist. Aus Sicht des Nachlassgerichtes ergab sich aus dem Sachvortrag der Eltern nicht, dass der Tatbestand der Überschuldung des Nachlasses als nachgewiesen angesehen werden konnte. Das Gericht war daher gezwungen, im Rahmen seiner Entscheidung über die Genehmigung der Ausschlag der Erbschaft durch die Eltern, die Frage der Überschuldung des Nachlasses von Amts wegen zu klären.
Das Nachlassgericht beschränkte sich bei seinen Nachforschungen auf gerichtsinterne Ermittlungen. Diese gerichtsinterne Ermittlungen führten aus Sicht des Nachlassgerichtes nicht zum Nachweis der Überschuldung des Nachlasses. Die von den Eltern erklärte Ausschlagung der Erbschaft wurde daher vom Nachlassgericht nicht genehmigt, da das Nachlassgericht die Überschuldung nicht feststellen konnte und daher im weiteren Verfahren davon ausging, dass die Ausschlagung im Interesse des Kindeswohles nicht geboten war.
Gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichtes wandten sich die Eltern. Das angerufene OLG Schleswig-Holstein gab der Beschwerde statt. Das OLG Schleswig-Holstein begründet diese Entscheidung damit, dass sich das Nachlassgericht im Rahmen seiner Pflicht zur Sachaufklärung nicht darauf beschränken darf, gerichtsinterne Ermittlungen vorzunehmen. Aus dem Grundsatz der so genannten Amtsermittlung ergibt sich für das Nachlassgericht vielmehr, dass dieses verpflichtet ist, auch Ermittlungen außerhalb des Gerichtes vorzunehmen. Im vorliegenden Fall verwies das OLG Schleswig-Holstein das Nachlassgericht insbesondere auf die Möglichkeit, entsprechende Auskünfte von nahen Verwandten des Erblassers über dessen Vermögensverhältnisse zum Todeszeitpunkt einzuholen.
Auf der Grundlage der vorliegenden Entscheidung können insbesondere Eltern, die seit langer Zeit keinen Kontakt mehr zum Erblasser hatten, vom Nachlassgericht verlangen, dass dieses die Ermittlungen durchführt, die zur Überprüfung der Beschuldigung des Nachlasses notwendig sind und zu der die Eltern selbst praktisch nicht in der Lage sind.