Nachlassverzeichnis | Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem Erben

Dem Pflichtteilsberechtigten steht gegenüber dem oder den Erben ein Auskunftsanspruch hinsichtlich des Umfangs des Nachlasses zu, damit der Pflichtteilsberechtigte die Berechnungsgrundlage für die Höhe seines Pflichtteils ermitteln kann.
Die Verpflichtung des Erben zur Auskunftserteilung gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten ergibt sich aus § 2314 BGB. Hinsichtlich der Form der Auskunftserteilung verweist § 2314 BGB auf die Vorschrift des § 260 BGB. Aus dieser Verweisung ergibt sich, dass der Erbe dem Pflichtteilsberechtigten Auskunft über den Umfang des Nachlasses durch Erteilung eines so genannten Nachlassverzeichnisses erteilen muss. Es handelt sich mithin um ein besonderes Bestandsverzeichnis.

Das Nachlassverzeichnis als Bestandsverzeichnis gem. § 260 BGB

Nach Maßgabe des § 260 BGB ist der Erbe verpflichtet, dem Pflichtteilsberechtigten ein geordnetes Bestandsverzeichnis zukommen zu lassen, aus dem sich alle aktiven und passiven Vermögenspositionen des Nachlasses ergeben.

Inhalt des Nachlassverzeichnisses – Nachlassverbindlichkeiten

Zu den passiven Vermögenspositionen gehören die so genannten Nachlassverbindlichkeiten. Diese Nachlassverbindlichkeiten müssen dem Pflichtteilsberechtigten bekannt gegeben werden, da die Nachlassverbindlichkeiten vom Wert des Nachlasses und damit von der Berechnungsgrundlage des Pflichtteilsanspruchs abgezogen werden müssen. Ohne diese Angaben könnte der Pflichtteilsberechtigte folglich die Höhe des ihm zustehenden Pflichtteils nicht korrekt bestimmen.

Inhalt des Nachlassverzeichnisses – Vermögenswerte des Nachlasses

Weiter müssen in das Bestandsverzeichnis alle Vermögenspositionen aufgenommen werden, die dem Nachlass zuzuordnen sind. Hierzu gehören insbesondere:

  • Immobilien
  • Unternehmensbeteiligungen
  • Angaben zur Persongesellschaften an denen der Erblasser beteiligt war
  • Kontoguthaben
  • Depotguthaben
  • Bausparverträge
  • Sparverträge
  • Festgeldkonten
  • Sparkonten
  • Lebensversicherungen
  • Sterbegeld
  • sonstige Forderungen des Erblassers
  • Kraftfahrzeuge
  • Kunstgegenständen
  • Hausrat
  • Gegenstände des persönlichen Bedarfs des Erblassers
  • Bargeld
  • Sonstiges bewegliches Vermögen

Die vorstehende Aufzählung ist nicht abschließend. Vielmehr muss in das Bestandsverzeichnis jede Vermögenspositionen aufgenommen werden, die dem Nachlass zuzurechnen ist.

Inhalt des Nachlassverzeichnisses – Schenkungen des Erblassers

Weiter hat der Erbe im Bestandsverzeichnis anzugeben, ob und in welchem Umfang der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen vorgenommen hat. Diese Schenkungen müssen angegeben werden, da dem Pflichtteilsberechtigten aufgrund dieser Schenkungen eventuell ein so genannter Pflichtteilsergänzungsanspruch zusteht.

Eidesstattliche Versicherung

Soweit Zweifel daran bestehen, dass der Erbe das Nachlassverzeichnis vollständig oder nicht mit der notwendigen Sorgfalt erstellt hat, ist der Erbe verpflichtet, an Eides statt zu versichern, dass das Nachlassverzeichnis inhaltlich richtig und vollständig ist.
Auf der Grundlage eines solchen Nachlassverzeichnisses ist der Pflichtteilsberechtigte in der Lage, die Höhe seines Pflichtteilsanspruchs zu berechnen und dem Erben gegenüber geltend zu machen. Damit ist letztlich die Auskunft des Erben auf Voraussetzung für die Durchsetzung der Pflichtteilsansprüche durch Klageerhebung.

Stufenklage zur Erzwingung der Auskunft

Ist der Erbe außergerichtlich nicht bereit, entsprechende Auskünfte zu erteilen, kann der Pflichtteilsberechtigte im Rahmen einer Klage auf Zahlung des Pflichtteils seinen Pflichtteilsanspruch der Höhe nach nicht angeben. Dies würde grundsätzlich der Klageerhebung entgegenstehen, da der Pflichtteilsberechtigte in der Klageschrift nicht angeben kann, welche Summe er im Wege der Klage konkret geltend macht.
Aus diesem Grunde stellt die Zivilprozessordnung dem Pflichtteilsberechtigten in dieser Situation die Möglichkeit zu Verfügung, eine so genannte Stufenklage zu erheben. Im Rahmen dieser Stufenklage wird vorab der Auskunftsanspruch gerichtlich geltend gemacht und durchgesetzt. Im Weiteren wird, nach Erzwingung der Auskunft durch das Klageverfahren, auf der Grundlage der erzwungen Auskunft der Zahlungsanspruch im gleichen Verfahren geltend gemacht. Auf diesem Wege kann der Pflichtteilsberechtigte seinen Auskunftsanspruch gerichtlich durchsetzen und gleichzeitig die Verjährung hinsichtlich seines Zahlungsanspruches wirksam unterbrechen.

Aussergerichtliche Vorbereitung der Stufenklage

Eine erfolgreiche Stufenklage zur Durchsetzung Ihres Pflichtteilsanspruches setzt voraus, dass zur Vorbereitung außergerichtlich der Auskunftsanspruch korrekt und vollständig geltend gemacht wurde. Die Stufenklage muss folglich sorgfältig vorbereitet werden, damit der Pflichtteilsanspruch vollständig durchgesetzt werden kann.
Bei der Durchsetzung Ihrer Auskunfts- und Zahlungsansprüche hinsichtlich des Pflichtteils stehe ich Ihnen als Fachanwalt für Erbrecht jederzeit zur Verfügung. Angesichts des Zeitraums, den eine Stufenklage im gerichtlichen Verfahren in Anspruch nimmt, sollten Sie bezüglich der Geltendmachung Ihrer Pflichtteilsansprüche nicht zögern. Nehmen Sie daher kurzfristig zu meiner Kanzlei telefonischen Kontakt auf, um einen 1. Besprechungstermin, d.h. eine erbrechtliche Erstberatung zu vereinbaren.