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Zur Verpflichtung des Erben dem Notar bei Errichtung eines notariellen Nachlassverzeichnisses Kontoauszüge vorzulegen
Entscheidendes Gericht: BGH
Urteil/Beschluss vom: 20.05.2020
Aktenzeichen: IV ZR 193/19
(Nachlassverzeichnis Vorlage Kontoauszüge)
Kurze Zusammenfassung der Entscheidung:
Das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 20. Mai 2020 hat die Frage zum Gegenstand, ob der Pflichtteilsberechtigte gegenüber dem Erben einen vollstreckungsfähigen Anspruch darauf hat, dass dieser dem Notar die Kontoauszüge der Nachlasskonten im Rahmen der Errichtung eines notariellen Nachlassverzeichnisses zugänglich macht und hieran aktiv mitwirkt.
Im vorliegenden Fall gehörten zum Nachlass inländische Bankkonten und Konten bei Banken mit Sitz im Ausland. Der Erbe wurde von einem Pflichtteilsberechtigten auf Auskunft über den Nachlass in Form eines notariellen Nachlassverzeichnisses in Anspruch genommen. Der Erbe legte dem mit der Beurkundung beauftragten Notar die Kontoauszüge bezogen auf die von inländischen Banken geführten Konten vor. Er weigerte sich aber, dem Notar eine Vollmacht zu erteilen, mit deren Hilfe der Notar die Kontoauszüge bei den ausländischen Banken hätte einholen können.
Nach Beurkundung des notariellen Nachlassverzeichnisses machte der Pflichtteilsberechtigte ergänzende Auskunftsansprüche hinsichtlich der ausländischen Konten in Form der Vorlage von Kontoauszügen geltend. Der Erbe weigerte sich diese Auskunft zu erteilen. Der Pflichtteilsberechtigte beantragte daraufhin zur Durchsetzung seines Auskunftsanspruchs, der im Rahmen der von ihm erhobenen Stufenklage bereits tituliert war, die Einleitung der Zwangsvollstreckung. Hiergegen erhob der Erbe Vollstreckungsgegenklage. Letztinstanzlich wurde diese Vollstreckungsgegenklage vom Bundesgerichtshof abgewiesen.
Mit der Beurkundung des notariellen Nachlassverzeichnisses ist der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten grundsätzlich erfüllt. Soweit der Pflichtteilsberechtigte davon ausgeht, dass die erteilte Auskunft unvollständig ist, steht ihm gegenüber dem Erben ein Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zu, mit der der Erbe erklärt, dass er die erteilte Auskunft mit der notwendigen Sorgfalt erteilt hat. Weitergehende Auskunftsansprüche sollen dem Pflichtteilsberechtigten nach Ausfertigung und Beurkundung des notariellen Nachlassverzeichnisses gegenüber dem Erben nicht zustehen. Der Bundesgerichtshof stellt in seinem Urteil klar, dass es von diesem Grundsatz Ausnahmen gibt, damit der Pflichtteilsberechtigte seinen Auskunftsanspruch effektiv durchsetzen kann.
Der Bundesgerichtshof stellt fest, dass der Erbe verpflichtet ist, auch auf die Kenntnisse Dritter hinsichtlich des Nachlasses zurückzugreifen, um dem Pflichtteilsberechtigten eine umfassende Auskunft zu erteilen. Unterlässt der Erbe dies, obwohl es ihm möglich ist von diesen Dritten die fraglichen Auskünfte zu erhalten, verletzt er seine Auskunftspflicht gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten. In der Folge kann der Pflichtteilsberechtigte vom Erben auch nach Beurkundung des notariellen Nachlassverzeichnisses verlangen, dass dieses entsprechend ergänzt wird.
Da der Erbe im vorliegenden Fall, durch Erteilung einer entsprechenden Vollmacht, die Notar die Möglichkeit verschafft hätte, Zugriff auf die Kontoauszüge der im Ausland geführten Konten zu halten, verletzte er seine Mitwirkungspflicht bei der Errichtung des Nachlassverzeichnisses. Dem Pflichtteilsberechtigten stand daher gegenüber dem Erben ein Anspruch auf Ergänzung des Nachlassverzeichnisses zu. Dieser Anspruch kann im Wege der Zwangsvollstreckung gegen den Erben auch durchgesetzt werden. Die Vollstreckungsgegenklage war daher abzuweisen.
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Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 3. Juli 2019 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 2.000 € festgesetzt.
Von Rechts wegen.
Entscheidungsgründe:
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt im Wege der Vollstreckungsabwehrklage, die Zwangsvollstreckung aus dem Teil-Anerkenntnis- und Teilurteil des Amtsgerichts Bonn vom 23. November 2017 (Az. 105 C 6/17) für unzulässig zu erklären. Sie ist eine Tochter und die testamentarische Erbin der am 22. September 2010 verstorbenen Marianne G. (im Folgenden: Erblasserin). Die Beklagten sind die Töchter einer weiteren vorverstorbenen Tochter der Erblasserin. Sie nahmen die Klägerin in dem Verfahren Amtsgericht Bonn 105 C 6/17 im Wege der Stufenklage auf Zahlung des Pflichtteils in Anspruch. Durch Teil-Anerkenntnis- und Teilurteil des Amtsgerichts Bonn vom 23. November 2017 wurde die hiesige Klägerin verurteilt, gegenüber den Beklagten Auskunft gemäß § 2314 BGB über den Bestand des Nachlasses der Erblasserin durch Vorlage eines notariell aufgenommenen und vom Notar unterzeichneten ausführlichen, systematischen und vollständigen Verzeichnisses zu erteilen und die Beklagten (dortige Klägerinnen) bei der Aufnahme des Verzeichnisses zuzuziehen.
Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten bat den von der Klägerin beauftragten Notar mit Schreiben vom 22. April 2014 unter anderem darum, zur Klärung bestehender Bankguthaben auch eine Anfrage bei den Banken und der Sparkasse vorzunehmen, welche Filialen in Millstatt/Kärnten und Umgebung haben. Die Klägerin erteilte dem Notar zur Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses am 24. September 2015 eine Vollmacht, Kontenauskünfte zur Errichtung des Nachlassverzeichnisses bei deutschen Kreditinstituten zu beantragen. In der Folge legte die Klägerin ein notarielles Nachlassverzeichnis am 4. Mai 2018 vor. In dem Nachlassverzeichnis wies der Notar unter III (2) (b) darauf hin, dass er einen Kontendatenabruf für Konten in Österreich nicht habe vornehmen können. Die Klägerin habe die erforderliche Zustimmung zu einer derartigen Ermittlung nicht erteilt. Teil des Nachlassverzeichnisses ist unter anderem ein Protokoll der Erbantrittserklärung und Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung eines österreichischen Notars vom 4. Januar 2011. Unter den Aktiva von insgesamt 87.751,22 € ist dort ein Gemeinschaftskonto Nr. … bei der Raiffeisenbank Millstättersee in Höhe von 3.596,09 € aufgeführt mit der zusätzlichen Erklärung der Klägerin gegenüber dem österreichischen Notar, sonstiges Nachlassvermögen in Österreich sei nicht vorhanden. Bereits am 4. November 2010 hatte die Raiffeisenbank Millstättersee die jeweiligen Kontenstände dem österreichischen Notar mitgeteilt.
Die Klägerin meint, sie habe den titulierten Auskunftsanspruch durch die Vorlage des notariellen Verzeichnisses vom 4. Mai 2018 erfüllt.
Auf ihren Antrag hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr bisheriges Begehren weiter.
Gründe:
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagten hätten gegen die Klägerin weiterhin einen Anspruch auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses durch die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 1 und 3 BGB. Der titulierte Anspruch sei nicht durch Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses vom 4. Mai 2018 erfüllt und damit erloschen. Zwar könne aus sachlichen Gründen grundsätzlich keine Ergänzung oder Berichtigung des Nachlassverzeichnisses verlangt werden und der Pflichtteilsberechtigte sei auf den Weg der eidesstattlichen Versicherung zu verweisen. Von diesem Grundsatz gebe es aber unter anderem eine Ausnahme bei – hier vorliegender – offensichtlicher Unvollständigkeit des notariellen Nachlassverzeichnisses. Maßgebend hierfür seien der Kenntnisstand und die Erkenntnismöglichkeiten des Auskunftspflichtigen. Der Notar müsse den Bestand des Nachlasses selbst und eigenständig ermitteln und durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringen, dass er den Inhalt verantworte. Hier sei das Nachlassverzeichnis erkennbar unvollständig, weil die Klägerin dem Notar nicht die Zustimmung zur Einholung einer Auskunft bei der Raiffeisenbank Millstättersee erteilt und dadurch ihre Pflicht zur Mitwirkung an der Aufnahme des Nachlassverzeichnisses verletzt habe. Der Notar habe im Hinblick auf die Raiffeisenbank Millstättersee nicht die erforderlichen eigenständigen Ermittlungen durchführen können. Der Auskunftsanspruch sei auch nicht durch die am 4. Januar 2011 durch die Klägerin im Rahmen des österreichischen Verlassenschaftsverfahrens erstattete Vermögenserklärung erfüllt. Diese bleibe hinter den Voraussetzungen und Wirkungen eines notariellen Nachlassverzeichnisses im Sinne des § 2314 Abs. 1 Satz 1 und 3 BGB zurück. Inwieweit der österreichische Gerichtskommissär tatsächlich eine abschließende und vollständige Auskunft über alle Aktiva und Passiva der Erblasserin zum Todeszeitpunkt erbeten habe, sei für den mit der Erstellung des Nachlassverzeichnisses vom 4. Mai 2018 beauftragten Notar nicht nachvollziehbar gewesen. Selbst wenn dem deutschen Notar das Schreiben der Raiffeisenbank Millstättersee vorgelegen hätte, wäre ihm noch nicht der Umfang der angefragten Auskunft bekannt gewesen, insbesondere, ob eine Auskunft lediglich in Bezug auf diese Konten oder in Bezug auf die gesamte Geschäftsverbindung erbeten worden sei.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht entschieden, dass die Vollstreckungsabwehrklage der Klägerin gemäß § 767 Abs. 1 ZPO unbegründet ist. Der titulierte Anspruch der Beklagten auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 1 und 3 BGB ist nicht durch die Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses vom 4. Mai 2018 gemäß § 362 Abs. 1 BGB erfüllt worden.
a) § 2314 BGB soll es dem Pflichtteilsberechtigten ermöglichen, sich die notwendigen Kenntnisse zur Bemessung seines Pflichtteilsanspruchs zu verschaffen. Hierbei soll ein notarielles Nachlassverzeichnis eine größere Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft als das private Verzeichnis des Erben bieten. Dementsprechend muss der Notar den Bestand des Nachlasses selbst und eigenständig ermitteln und durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringen, dass er den Inhalt verantwortet. Der Notar ist in der Ausgestaltung des Verfahrens weitgehend frei. Er muss zunächst von den Angaben des Auskunftspflichtigen ausgehen. Allerdings darf er sich hierauf nicht beschränken und insbesondere nicht lediglich eine Plausibilitätsprüfung durchführen. Vielmehr muss er den Nachlassbestand selbst ermitteln und feststellen. Dabei hat er diejenigen Nachforschungen anzustellen, die ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2018 – I ZB 109/17, ZEV 2019, 81 Rn. 31 f.; OLG Koblenz ZEV 2014, 308 Rn. 20).
Die Verpflichtung des Erben zur Mitwirkung an der Aufnahme des notariellen Nachlassverzeichnisses richtet sich danach, in welchem Umfang diese Mitwirkung für die ordnungsgemäße Aufnahme des Verzeichnisses erforderlich ist. Maßgebend sind danach jeweils die Umstände des Einzelfalles (BGH, Beschluss vom 13. September 2018 – I ZB 109/17, ZEV 2019, 81 Rn. 30). Hierbei darf und muss der Notar das Wissen des Erben sowie das in seiner Person vorhandene Aufklärungspotential gegebenenfalls in der Weise nutzen, dass er den Erben auffordert, eigene Auskunftsansprüche gegenüber Geldinstituten bzw. sonstigen Dritten durchzusetzen. Die vom Erben geschuldete Kooperation kann insoweit auch in der Anweisung an Dritte bestehen, die benötigten Auskünfte unmittelbar gegenüber dem Notar zu erteilen (OLG Bamberg ZEV 2016, 580 Rn. 5).
Liegt – wie hier – ein notarielles Nachlassverzeichnis vor, so kann der Pflichtteilsberechtigte grundsätzlich nicht dessen Berichtigung oder Ergänzung verlangen. Vielmehr ist er in diesem Fall, soweit die Voraussetzungen des § 260 Abs. 2 BGB vorliegen, auf den Weg der eidesstattlichen Versicherung verwiesen (Senatsurteil vom 6. März 1952 – IV ZR 16/51, LM § 260 Nr. 1; Staudinger/Herzog, BGB, §§ 2303 bis 2345 (2015), § 2314 Rn. 84; MüKo-BGB/Lange, 8. Aufl. § 2314 Rn. 28; Bamberger/J. Mayer, BGB 3. Aufl. § 2314 Rn. 14; BeckOK-BGB/Müller-Engels, § 2314 Rn. 21 [Stand: 1. Februar 2020]). Von diesem Grundsatz sind allerdings verschiedene Ausnahmen anerkannt. So kann ein Anspruch auf Ergänzung bzw. Berichtigung eines Nachlassverzeichnisses bestehen, wenn in diesem eine unbestimmte Mehrheit von Nachlassgegenständen – etwa aufgrund eines Rechtsirrtums des Pflichtigen – nicht aufgeführt ist (Senatsurteil vom 6. März 1952 – IV ZR 16/51 aaO; OLG Düsseldorf ErbR 2019, 772, 773), wenn Angaben über den fiktiven Nachlass oder Schenkungen fehlen (OLG Oldenburg NJW-RR 1992, 777 [juris Rn. 31]), wenn die Auskunft zwar dem Wissensstand des Verpflichteten entspricht, dieser sich jedoch fremdes Wissen trotz Zumutbarkeit nicht verschafft hat (OLG Saarbrücken ZEV 2011, 373 Rn. 17) oder wenn sich ein Notar auf die Wiedergabe der Bekundungen des Erben ohne eigene Ermittlungstätigkeit beschränkt (OLG Koblenz ZEV 2018, 413 Rn. 18; vgl. ferner Staudinger/Herzog, BGB §§ 2303 bis 2345 (2015), § 2314 Rn. 85; MüKo-BGB/Lange, 8. Aufl. § 2314 Rn. 28; Bamberger/J. Mayer, BGB 3. Aufl. § 2314 Rn. 14; BeckOK-BGB/Müller-Engels, § 2314 Rn. 21 [Stand: 1. Februar 2020]).
b) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht hier ausgegangen und hat auf dieser Grundlage rechtsfehlerfrei angenommen, dass das notarielle Nachlassverzeichnis vom 4. Mai 2018 unvollständig ist, weil es keine umfassenden Angaben über die Geschäftsbeziehung der Erblasserin zu der Raiffeisenbank Millstättersee enthält. Die Klägerin hat ausweislich des notariellen Nachlassverzeichnisses einen Kontendatenabruf des Notars für Kontenverbindungen in Österreich nicht ermöglicht und keine entsprechende Zustimmungserklärung erteilt. Lediglich bezüglich der in Deutschland befindlichen Konten hat der Notar auf der Grundlage der ihm insoweit von der Klägerin erteilten Zustimmungserklärung die erforderlichen Auskünfte einholen können. Infolgedessen und mit Rücksicht auf den von ihm zu dem Kontendatenabruf bei österreichischen Banken aufgenommenen Hinweis kann hier davon ausgegangen werden, dass er – wie geboten – bei Vorliegen einer entsprechenden Zustimmungserklärung der Klägerin für die Konten in Österreich, hier insbesondere bei der Raiffeisenbank Millstättersee, ebenfalls Auskunft eingeholt hätte. Die Klägerin wäre aufgrund der sie gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB treffenden Verpflichtung gehalten gewesen, sich über ihr eigenes Wissen hinaus die zur Auskunftserteilung notwendigen Kenntnisse so weit wie möglich zu verschaffen und von Auskunftsrechten gegenüber Kreditinstituten Gebrauch zu machen (vgl. zu dieser Erkundigungspflicht BGH, Urteil vom 28. Februar 1989 – XI ZR 91/88, BGHZ 107, 104, 108 [juris Rn. 12]). Dies hat sie durch die Verweigerung des Kontendatenabrufs bei der Raiffeisenbank Millstättersee nicht getan, so dass insoweit eine teilweise Unvollständigkeit des notariellen Nachlassverzeichnisses vorliegt.
2. Entgegen der Auffassung der Revision beruht das Berufungsurteil auch nicht auf einer entscheidungserheblichen Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG.
a) Offen bleiben kann, ob – wie von der Revision geltend gemacht – dem von der Klägerin mit der Erstellung des Nachlassverzeichnisses vom 4. Mai 2018 beauftragten deutschen Notar das in dem Protokoll in Bezug genommene \”Schreiben vom 4.11.2010\” vorgelegen und ob sich die Anfrage des österreichischen Notars auf alle Kontoverbindungen der Erblasserin bei der Raiffeisenbank Millstättersee bezogen hat.
Die Anlage 4 zum Nachlassverzeichnis vom 4. Mai 2018, die das Protokoll der Erbantrittserklärung für das Vermögen in Österreich zum Gegenstand hat, enthält jedenfalls zunächst lediglich das Protokoll des österreichischen Notars, eine Amtsbestätigung in der Verlassenschaftssache, zwei Kostenrechnungen, den Einantwortungsbeschluss sowie eine Auskunft der Sparkasse K. bezüglich der Erbschaftssteuer. Demgegenüber ergibt sich aus dem notariellen Nachlassverzeichnis nebst Anlagen nicht, dass dem deutschen Notar auch das von der Klägerin mit Schriftsatz vom 17. Juni 2019 nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht überreichte Schreiben der Raiffeisenbank Millstättersee an den österreichischen Notar vom 4. November 2010 vorgelegen hat. Soweit das Berufungsgericht auf dieser Grundlage davon ausgegangen ist, es sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass dem von der Klägerin beauftragten deutschen Notar das \”Schreiben vom 4.11.2010\” vorgelegen habe, jedenfalls wäre ihm nicht der Umfang der angefragten Auskunft bekannt gewesen, beruht dies nicht auf einem Verstoß gegen den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG i.V.m. einer Verletzung der richterlichen Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO.
b) Insoweit fehlt es schon an der Entscheidungserheblichkeit dieses gerügten Gehörsverstoßes, weil die vom Erben abzugebende Vermögenserklärung nach § 170 des österreichischen Außerstreitgesetzes (AußStrG) in ihrer Funktion nicht einem notariellen Nachlassverzeichnis gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB entspricht. Das insoweit maßgebende österreichische Recht darf der Senat selbst ermitteln. Gemäß § 560 ZPO sind die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Inhalt ausländischen Rechts für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend; soweit aber das Berufungsgericht das ausländische Recht – wie hier jedenfalls teilweise – außer Betracht gelassen und es infolgedessen nicht gewürdigt hat, ist das Revisionsgericht nicht daran gehindert, es selbst zu ermitteln und seiner Entscheidung zu Grunde zu legen (Senatsbeschluss vom 3. Dezember 2014 – IV ZB 9/14, ZEV 2015, 163 Rn. 24).
Nach § 170 AußStrG hat der Erbe, wenn – wie hier – kein Inventar zu errichten ist, das Verlassenschaftsvermögen nach allen Bestandteilen wie in einem Inventar zu beschreiben und zu bewerten und die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erklärung durch seine oder seines Vertreters Unterschrift zu bekräftigen. Der Erklärende ist hierbei auf die strafrechtlichen Folgen einer wahrheitswidrigen Erklärung hinzuweisen. Diese Vermögenserklärung bleibt – wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausführt – hinter einem notariellen Nachlassverzeichnis gemäß § 2314 BGB zurück, da den Notar im Rahmen von § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB eine eigene Ermittlungspflicht trifft und er durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses zum Ausdruck bringt, dass er den Inhalt selbst verantwortet (BGH, Beschluss vom 13. September 2018 – I ZB 109/17, ZEV 2019, 81 Rn. 32). Demgegenüber handelt es sich bei der Vermögenserklärung gemäß § 170 AußStrG um eine reine Erklärung des Erben selbst, die vom Gericht nicht auf ihre Richtigkeit überprüft wird, nicht den Charakter einer öffentlichen Urkunde hat und deren Wirkungen allein auf das Verlassenschaftsverfahren beschränkt sind (vgl. Sailer in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB 2. Aufl. § 801 Rn. 2; Schwimann/Kodek, ABGB 4. Aufl. § 801 Rn. 4; Tades/Hopf/Kathrein/Stabentheiner, ABGB 37. Aufl. § 801 Anm. E1; Gruber/Kalss/Müller/Schauer, Erbrecht und Vermögensnachfolge § 12 Rn. 15 f.). Auch für die Berechnung der Pflichtteilsansprüche hat die Vermögenserklärung grundsätzlich keine Bedeutung (vgl. Ferrari in Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht S. 452 f.). Da der Erbe indessen gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB auch nach privatschriftlicher Auskunftserteilung berechtigt ist, die Vorlage eines notariellen Verzeichnisses zu verlangen, ohne dass hierfür besondere Voraussetzungen vorliegen müssen (vgl. Senatsurteil vom 31. Oktober 2018 – IV ZR 313/17, ZEV 2019, 85 Rn. 9), muss das auch im Verhältnis zur Vermögenserklärung nach § 170 AußStrG gelten. Diese stellt – auch wenn sie vor dem österreichischen Notar abzugeben ist – eine rein private Erklärung des Erben dar, die mit einem notariellen Nachlassverzeichnis gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht vergleichbar ist.
Hieran vermag auch die von der Revision herangezogene Vorschrift des § 38 des österreichischen Bankwesengesetzes (BWG) nichts zu ändern. Gemäß § 38 Abs. 1 BWG dürfen Kreditinstitute Geheimnisse, die ihnen anvertraut worden sind, nicht offenbaren oder verwerten. Nach § 38 Abs. 2 Nr. 3 BWG besteht die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses nicht im Falle des Todes des Kunden gegenüber dem Abhandlungsgericht und Gerichtskommissär. Selbst wenn hieraus folgen sollte, dass der österreichische Notar selbst die Raiffeisenbank Millstättersee angeschrieben und diese ihm geantwortet hat, vermag dies am Charakter der Verlassenschaftsverhandlung und der eigenen Vermögenserklärung der Klägerin gemäß § 170 Außerstreitgesetz nichts zu ändern. Ein Verstoß des Berufungsgerichts gegen die Pflicht des Tatrichters, ausländisches Recht gemäß § 293 ZPO zu ermitteln (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 30. April 1992 – IX ZR 233/90, BGHZ 118, 151, 162 – 164 [juris Rn. 25 – 29], liegt entgegen der Auffassung der Revision nicht vor.
Felsch Prof. Dr. Karczewski * Lehmann * Dr. Brockmöller * Dr. Bußmann
Vorinstanzen:
AG Bonn, Entscheidung vom 21.12.2018 – 105 C 51/18 –
LG Bonn, Entscheidung vom 03.07.2019 – 5 S 18/19 –