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Notarielles Nachlassverzeichnis
Dem Pflichtteilsberechtigten steht dem Erben gegenüber ein Auskunftsanspruch hinsichtlich des Umfangs des Nachlasses zu, damit der Pflichtteilsberechtigte die Höhe seines Pflichtteilsanspruches berechnen kann.
Im Rahmen dieses Auskunftsanspruches ist der Erbe verpflichtet, dem Pflichtteilsberechtigten ein Nachlassverzeichnis zu erteilen.
Neben diesem Nachlassverzeichnis kann der Pflichtteilsberechtigte vom Erben ein notarielles Nachlassverzeichnis verlangen.
Inhaltlich entspricht das notarielle Nachlassverzeichnis dem einfachen Nachlassverzeichnis, welches der Erbe selbst erstellt. Zum Inhalt des Nachlassverzeichnisses wird daher an dieser Stelle auf die Darstellung des einfachen Nachlassverzeichnisses verwiesen.
Notarielles Nachlassverzeichnis | Umfang der Tätigkeit des Notars
Beim notariellen Nachlassverzeichnisses stellt sich die Frage, welche Tätigkeit der Notar, der vom Erben mit der Erstellung des Nachlassverzeichnisses beauftragt wird, entfalten muss.
Zum Umfang der Tätigkeit des Notars enthalten die gesetzlichen Vorschriften keine detaillierten Regelungen. Aus dem Gesetz und der einschlägigen Rechtsprechung ergibt sich lediglich, dass der Notar nur diejenigen Informationen und Angaben in das Nachlassverzeichnis aufnehmen darf, die er sich selbst verschafft hat, bzw. von denen er sich einen eigenen Eindruck verschaffen konnte.
So ist der Notar im Rahmen der Errichtung des notariellen Nachlassverzeichnisses grundsätzlich verpflichtet, ein Inventarverzeichnis zu erstellen. Das Inventarverzeichnis bezieht sich auf den Hausrat des Erblassers. Um das Inventarverzeichnis ordnungsgemäß erstellen zu können, muss sich der Notar selbst ein Bild vom Umfang und der Zusammensetzung des Hausrates des Erblassers verschaffen. Dies setzt zwingend einen Ortstermin in der vormaligen Wohnung bzw. dem vormaligen Wohnhaus des Erblassers voraus. Im Ortstermin muss der Notar sodann alle zum Hausrat gehörenden Gegenstände festhalten und später in das Inventarverzeichnis, d.h. letztlich in das notarielle Nachlassverzeichnis aufnehmen.
Notarielles Nachlassverzeichnis | Feststellungen des Notars
Hinsichtlich der übrigen Pflichten zur eigenständigen Informationsbeschaffung durch den Notar war der Umfang der vom Notar zu entfaltenden Tätigkeiten bisher unklar bzw. in der einschlägigen Fachliteratur umstritten. Mit Beschluss des OLG Koblenz vom 18.3.2014 wurde der Umfang der Tätigkeit des Notars im Rahmen der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses vom OLG Koblenz nunmehr konkretisiert. Die Verpflichtung des Notars im Rahmen der Errichtung des notariellen Nachlassverzeichnisses bezieht sich insbesondere auf folgende Tätigkeiten:
- Eigene Ermittlung von Grundbesitz
- Veranlassung der Einholung von Bewertungsgutachten durch den Auskunftsverpflichteten
- Überprüfung eingeholter Wertgutachten auf Plausibilität
- Einsichtnahme in die (vollständigen) Kontoauszüge, Sparbücher oder vergleichbare Bankunterlagen für einen 10-Jahres-Zeitraum
- Einholung einer Vollmacht des Auskunftsverpflichteten, bei Bankinstituten (einschließlich Sparkassen), die in der Nähe des letzten Wohnortes des Erblassers eine Zweigstelle unterhalten, anzufragen, ob im genannten 10-Jahres-Zeitraum eine Kundenverbindung zum Erblasser bestanden habe, nebst entsprechender Anfrage
- Zusammenstellung der einen bestimmten Betrag übersteigenden Verfügungen über die ermittelten Konten, soweit diesen Schenkungen oder sonstige Zuwendungen zugrunde liegen (könnten)
Welche Maßnahmen der Notar im konkreten Einzelfall zu ergreifen hat, muss der Notar nach pflichtgemäßen eigenem Ermessen entscheiden. Trotz dieses Ermessensspielraums gibt die Entscheidung des OLG Koblenz dem Pflichtteilsberechtigten einen Maßstab an die Hand, mit dessen Hilfe nachvollzogen werden kann, ob die Tätigkeit des Notars bei Errichtung des notariellen Nachlassverzeichnisses tatsächlich geeignet war, den Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten zu erfüllen.
Notarielles Nachlassverzeichnis | Zwangsvollstreckung gegen den Erben trotz Beauftragung eines Notars
Fraglich ist, wie hinsichtlich des Anspruchs auf Erteilung eines notariellen Nachlassverzeichnisses im Rahmen des Auskunftsanspruches Verfahren werden soll, wenn der Notar nach Beauftragung durch den Auskunftspflichtigen Erben nicht tätig wird. In diesen Fällen beziehen sich die Erben häufig auf die erfolgte Beauftragung und darauf, dass Sie über die Beauftragung hinaus nicht in der Lage sind, den Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten zu erfüllen. Dieses Argument wird häufig der Durchsetzung des Auskunftsanspruches durch Zwangsverstärkungsmaßnahmen entgegengehalten.
Auch diese Frage wurde vom OLG Koblenz geklärt. Kommt der Notar seiner Beauftragung nicht nach, d.h. beurkundete Notar zeitnah nicht das notarielle Nachlassverzeichnis, so ist der auskunftspflichtige Erbe verpflichtet, entweder Notarkammer im Rahmen einer Untätigkeitsbeschwerde anzurufen oder einen anderen Notar zu beauftragen. Unterlässt es der Erbe, in dieser Form den Notar zu Erfüllung seines Auftrages anzuhalten, kann der Pflichtteilsberechtigte den Erben gemäß § 888 ZPO auf Erteilung des notariellen Nachlassverzeichnisses durch Einleitung der Zwangsollstreckung in Anspruch nehmen. Die Einleitung der Zwangsollstreckung setzt selbstverständlich voraus, dass der Erbe hinsichtlich seiner Auskunftspflicht, d.h. der Erteilung des notariellen Nachlassverzeichnisses bereits verurteilt wurde.