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Vortrag zur Testierfähigkeit bei Klage und Erbscheinsverfahren
Die Frage der Testierfähigkeit und Testierunfähigkeit spielt in unterschiedlichen gerichtlichen Verfahren eine Rolle. Hierbei ist in 1. Linie an das Erbscheinsverfahren beim Nachlassgericht zu denken und an die sogenannte Erbenfeststellungsklage vor den ordentlichen Zivilgerichten.
Das Erbscheinsverfahren und die Erbenfeststellungsklage unterliegen unterschiedlichen prozessrechtlichen Vorschriften. Aus diesem Grunde ist hinsichtlich der Anforderungen an den Vortrag zur Testierfähigkeit und Testierunfähigkeit zwischen dem Erbscheinsverfahren und den Verfahren vor der ordentlichen Gerichtsbarkeit (Erbenfeststellungsklage) genau zu unterscheiden.
Vortrag zur Testierfähigkeit in Verfahren vor dem Nachlassgericht
Im Erbscheinsverfahren gilt der Grundsatz der Amtsermittlung. Aufgrund dieses Grundsatzes muss derjenige, der sich auf die Testierfähigkeit bzw. Testierunfähigkeit des Erblassers beruft, lediglich die Umstände darlegen, die Zweifel an der Testierfähigkeit bzw. Testierunfähigkeit des Erblassers hervorrufen. Im Rahmen der Amtsermittlung wird das Nachlassgericht sodann die Frage der Testierunfähigkeit bzw. Testierfähigkeit des Erblassers durch eigene Ermittlungen aufklären. Hierbei kann das Nachlassgericht auf Zeugenvernehmungen, die Beschaffung ärztlicher Unterlagen, die Beiziehung einer eventuellen Betreuungsakte oder der Akten des Vormundschaftsgerichtes zurückgreifen. Darüber hinaus ist das Nachlassgericht befugt, die Frage der Testierfähigkeit bzw. Testierunfähigkeit durch die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens aufzuklären.
Beweisanträge, wie in einem Verfahren vor der ordentlichen Zivilgerichtsbarkeit, müssen grundsätzlich von den Verfahrensbeteiligten diesbezüglich nicht gestellt werden. Allerdings kann es sich empfehlen, auch das Verfahren vor dem Nachlassgericht grundsätzlich so zu führen, als würde es sich um ein streitiges Verfahren vor der Zivilgerichtsbarkeit handeln. Dies setzt allerdings zwingend voraus, dass der Betroffene sich nicht im Verfahren vor dem Nachlassgericht selbst vertritt, sondern anwaltliche Hilfe in Anspruch nimmt, da nur ein Rechtsanwalt über die notwendige Rechtskenntnis verfügt, die für die Führung eines entsprechenden Verfahrens notwendig ist.
Vortrag zur Testierfähigkeit in Verfahren vor der ordentlichen Zivilgerichtsbarkeit
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass sich die Anforderungen an den Vortrag zur Testierfähigkeit und Testierunfähigkeit in einem Verfahren vor der ordentlichen Zivilgerichtsbarkeit sich von denen im Erbscheinsverfahren vor dem Nachlassgericht erheblich unterscheiden.
In einem zivilrechtlichen Verfahren gilt der Grundsatz des sogenannten Strengbeweises. Alle Umstände, die für den Vortrag des Klägers oder des Beklagten sprechen, müssen vom Kläger oder Beklagten unter Beweis gestellt werden, wenn dieser Vortrag zwischen den Parteien streitig ist. Derjenige der mit der Beweislast belastet ist, muss mit Hilfe von Zeugen, Urkunden, Augenscheinsobjekten oder Sachverständigengutachten Beweis für seinen Sachvortrag führen. Ist ihm dies nicht möglich, so führt dies regelmäßig dazu, dass die beweisbelastete Partei beweisfällig bleibt und in der Folge den Prozess verliert.
Weiter geht das Zivilgericht nur den Beweisanträge nach, die von den Parteien gestellt werden. Eine Ermittelung des Sachverhaltes von Amts wegen kommt in einem Verfahren vor der ordentlichen Zivilgerichtsbarkeit somit nicht in Betracht. Der gesamte Streitstoff einschließlich der Beweisanträge muss von den Parteien selbst vollständig in das Verfahren eingeführt werden. Damit sind die Anforderungen an die Prozessführung in einem zivilgerichtlichen Verfahren wesentlich höher, als in einem Verfahren vor dem Nachlassgericht.