Testamentsvollstreckung und Prozessführung

Die Prozessführung durch den Testamentsvollstrecker

Bei der Frage, welche Kompetenzen der Testamentsvollstrecker hat, wenn es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen über den Nachlass kommt, ist zwischen Prozessen für und gegen den Nachlass zu unterscheiden.

Prozesse von Gläubigern gegen den Testamentsvollstrecker

Wollen Nachlassgläubiger in einen Nachlass vollstrecken, der der Testamentsvollstreckung unterliegt, so kann nur der Testamentsvollstrecker auf Leistung verklagt werden, § 748 ZPO. Eine Klage gegen die Erben zur Durchsetzung einer Nachlassverbindlichkeit ist unzulässig.
Handelt es sich bei der Nachlassverbindlichkeit um einen Pflichtteilsanspruch, so liegt ein Sonderfall vor. In den Kompetenzbereich des Testamentsvollstreckers fällt nicht der Ausgleich von Pflichtteilsansprüchen. Eine Klage, mit der Pflichtteilsansprüche geltend gemacht werden, muss sich also gegen die Erben richten.
Diese können über den Nachlass aber nicht verfügen. Aus diesem Grunde muss der Pflichtteilsberechtigte im Rahmen der gleichen Klage auch den Testamentsvollstrecker mit dem Antrag verklagen, dass dieser verurteilt wird, hinsichtlich der streitgegenständlichen Pflichtteilsansprüche die Vollstreckung in den Nachlass zu dulden. Wird bei dieser Konstellation der Erbe zur Leistung des Pflichtteils verurteilt, muss der Testamentsvollstrecker es im Weiteren hinnehmen, dass der Gläubiger auf den Nachlass zugreifen kann, um seinen Pflichtteilsanspruch zu befriedigen.
Ein Gläubiger, der eine Forderung gegen einen Erben hat, die sich nicht auf eine Nachlassverbindlichkeit bezieht, kann diese Eigenforderung nur gegenüber dem Erben durch Klageerhebung geltend machen, der Schuldner des Gläubigers ist. Der Inhaber einer solchen Eigenforderung gegen einen Erben kann im Weiteren aber nicht aus einem Titel in den Nachlass vollstrecken, der Testamentsvollstreckung unterliegt, § 2214 BGB. Erstreckt sich die Testamentsvollstreckung auch auf die Erträge des Nachlasses, so unterliegen auch diese Erträge dem Vollstreckungsschutz des § 2214 BGB.
Der Eigengläubiger eines Erben kann daher den Nachlass während der Testamentsvollstreckung nicht in Anspruch nehmen. Dafür steht ihm die Möglichkeit offen, den Erbanteil des Erben zu pfänden, der die Eigenverbindlichkeit schuldet. Hierbei ist aber zu beachten, dass der Gläubiger durch die Pfändung des Erbanteils nicht mehr Rechte erlangt, als der von der Pfändung betroffene Erbe.
Ist somit vom Erblasser die Dauervollstreckung angeordnet, kann der Gläubiger die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft auch dann nicht betreiben, wenn er einen Erbanteil wirksam gepfändet hat. Vielmehr steht Ihnen diese Möglichkeit erst offen, wenn die Dauertestamentsvollstreckung beendet ist. Im Falle der Anordnung einer Dauertestamentsvollstreckung kann es daher ev. mehrere Jahrzehnte dauern, bis der Gläubiger seine Forderung durch die Pfändung des Erbanteils tatsächlich durchsetzen kann.

Prozesse des Testamentsvollstreckers für den Nachlass

Nur der Testamentsvollstrecker ist befugt, über Nachlassgegenstände zu verfügen, die der Testamentsvollstreckung unterliegen. Hieraus ergibt sich weiter, dass auch die Befugnis, Forderungen des Nachlasses durch Klageerhebung geltend zu machen, ausschließlich beim Testamentsvollstrecker liegt, § 2212 BGB.
Im Rahmen seiner Kompetenz, gemäß § 2212 BGB Forderungen des Nachlasses durch Klageerhebung geltend zu machen, wird der Testamentsvollstrecker aus eigenem Recht tätig. Im Klageverfahren werden die Erben somit nicht vom Testamentsvollstrecker vertreten. Die Erben können folglich vom Testamentsvollstrecker als Zeugen benannt werden, da sie nicht Partei des Prozesses sind.
Kann sich der Testamentsvollstrecker nicht dazu entschließen, hinsichtlich einer bestimmten Forderung Klage zu erheben, steht es ihm aber frei, einen Erben, der das Klageverfahren durchführen will, zur Klageerhebung zu bevollmächtigen.
Das Recht der Prozessführung des Testamentsvollstreckers im Rahmen der Nachlassverwaltung findet seine Grenze dort, wo sich die Verwaltungsbefugnis des Testament Vollstrecker nicht auf den betroffenen Nachlassgegenstand oder das betroffene Nachlassrecht erstreckt. In diesen Fällen liegt die Befugnis zur Prozessführung bei den Erben.

Prozesse für und gegen den Testamentsvollstrecker in seiner Funktion als Testamentsvollstrecker

Denkbar sind auch Prozesse gegen den Testamentsvollstrecker, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Verwaltung des Nachlasses stehen. Vielmehr werden bei solchen Prozessen Forderungen geltend gemacht, die sich aus der Amtsstellung des Testamentsvollstreckers ergeben.
Insbesondere handelt es sich um folgende Verfahren bzw. Streitgegenstände:

  1. Schadensersatzforderungen der Erben gegen den Testamentsvollstrecker.
  2. Klagen der Erben auf Herausgabe von Nachlassgegenständen gegen den Testamentsvollstrecker nach Beendigung der Testamentsvollstreckung.
  3. Prozesse über die Wirksamkeit der Anordnung der Testamentsvollstreckung als solcher.
  4. Streitigkeiten über die Vergütung des Testamentsvollstreckers.
  5. Verfahren auf Entlassung des Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht.

Wird in diesen Verfahren zu Lasten des Testamentsvollstreckers entschieden, so trägt der Testamentsvollstrecker die Verfahrenskosten. Da die Prozessführung aber im Zusammenhang mit der Amtsstellung als Testamentsvollstrecker steht, stellt sich die Frage, inwieweit der Testamentsvollstrecker in diesem Fall vom Nachlass die Übernahme der Verfahrenskosten verlangen kann.
Die Rechtsprechung differenziert hinsichtlich dieser Frage nach den unterschiedlichen Streitgegenständen.
Werden gegen den Testamentsvollstrecker Schadensersatzforderungen geltend gemacht und unterliegt der Testamentsvollstrecker, so steht ihm gegenüber dem Nachlass kein Kostenerstattungsanspruch zu.
Ging der Testamentsvollstrecker davon aus, dass die Prozessführung erforderlich war, um den letzten Willen des Erblassers durchzusetzen, steht ihm gegenüber dem Nachlass ein Kostenerstattungsanspruch zu.
Lässt sich der Testamentsvollstrecker auf Rechtsstreitigkeiten hinsichtlich seiner Amtsführung ein und kann er sich dabei auf eine noch vertretbare Rechtsauffassung stützen, so steht ihm ein Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Nachlass auch dann zu, wenn er im Prozess unterliegt.

Rolle des Testamentsvollstreckers im Nachlassinsolvenzverfahren

Erstreckt sich die Nachlassverwaltung durch den Testamentsvollstrecker auf den gesamten Nachlass, so ist der Testamentsvollstrecker im Falle der Überschuldung des Nachlasses befugt, das Nachlassinsolvenzverfahren zu beantragen.
Nicht abschließend entschieden ist von der Rechtsprechung dabei, ob der Testamentsvollstrecker entsprechend der Vorschrift des § 1980 BGB verpflichtet ist, im Falle der Überschuldung des Nachlasses einen Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens zu stellen.
Wird seitens des Testamentsvollstreckers die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens beantragt, so hat dies zur Folge, dass das zum Nachlass gehörende Vermögen in die sogenannte Insolvenzmasse fällt. Diese Insolvenzmasse unterliegt bis zum Ende des Nachlassinsolvenzverfahrens der Insolvenzverwaltung.