Urteil des LG Stuttgart vom 14.02.2024 - 7 O 191-23 | Pflichtteil Auskunft § 33 ErbStG | Rechtsanwalt für Erbrecht Detlev Balg - Köln

Urteil des LG Stuttgart vom 14.02.2024 – 7 O 191-23 | Pflichtteil Auskunft § 33 ErbStG | Rechtsanwalt für Erbrecht Detlev Balg – Köln

Urteil des LG Stuttgart vom 14.02.2024

Aktenzeichen: 7 O 191/23

Zusammenfassung des Sachverhaltes:

Die Klägerin ist pflichtteilsberechtigt nach dem im Jahr 2022 verstorbenen Erblasser. Sie macht gegen den Beklagten, der als Erbe eingesetzt wurde, im Wege einer Stufenklage ihren Auskunftsanspruch gemäß § 2314 BGB geltend. Der Erblasser hinterließ kein Testament, sodass sich die gesetzliche Erbfolge ergab. Die Klägerin war durch ihre familiäre Stellung berechtigt, den Pflichtteil einzufordern.

Nach dem Tod des Erblassers forderte die Klägerin den Beklagten auf, ihr ein vollständiges Nachlassverzeichnis vorzulegen. Sie begehrte eine detaillierte Aufstellung über den Bestand des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls. Da der Beklagte dieser Aufforderung nicht nachkam, leitete sie eine Stufenklage ein, um zunächst die vollständige Auskunft über den Nachlass zu erhalten und in einem weiteren Schritt ihre Ansprüche geltend zu machen.

Im Rahmen der Klage verlangte die Klägerin, dass der Beklagte sämtliche Vermögenswerte des Erblassers offenlegt, einschließlich digitaler Vermögenswerte, verjährter Forderungen sowie aller Kontobewegungen. Zudem beantragte sie Einsicht in mögliche Schenkungen des Erblassers innerhalb der letzten zehn Jahre vor seinem Tod. Sie wollte insbesondere klären, ob Schenkungen oder sonstige Vermögensübertragungen stattgefunden hatten, die ihren Pflichtteil beeinflussen könnten.

Darüber hinaus forderte sie Auskunft über Vollmachten, die der Erblasser zu Lebzeiten erteilt hatte. Dies betraf insbesondere Bankkonten, bei denen Dritte eine Verfügungsmacht besessen haben könnten. Zudem wollte sie wissen, ob und in welchem Umfang der Erblasser Eheverträge geschlossen hatte und ob es zu Vermögensübertragungen innerhalb der Familie gekommen war, die ausgleichspflichtig sein könnten.

Da der Beklagte keine ausreichenden Auskünfte erteilte, entschied das Landgericht Stuttgart über den Umfang der ihm obliegenden Auskunftspflicht.

(Pflichtteil Auskunft § 33 ErbStG)

Zusammenfassung der Entscheidungsgründe:

Das Landgericht Stuttgart stellte in seinem Urteil vom 14. Februar 2024 (Az. 7 O 191/23) fest, dass der Auskunftsanspruch eines Pflichtteilsberechtigten nach § 2314 Abs. 1 BGB auch die Verpflichtung des Erben umfassen kann, die an das Finanzamt übermittelte Erbschaftsteueranzeige gemäß § 33 ErbStG vorzulegen.

(Pflichtteil Auskunft § 33 ErbStG)

Tenor:

1. Der Beklagte Ziff. 1 wird im Wege der Stufenklage verurteilt, … der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Nachlaß des am … geborenen und am … verstorbenen … dessen letzter Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthaltsort … war, durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses, das folgende Punkte umfaßt:

1.1) alle beim Erbfall vorhandenen Sachen und Forderungen, einschließlich digitaler Positionen mit möglichem Wert und einschließlich bedingter, ungewisser oder unsicherer Rechte sowie verjährter Forderungen des Erblassers, solange der Schuldner dieser Forderung die Verjährungseinrede nicht erhebt und darüber hinaus auch eine anderweitige Realisierung der Forderung, etwa durch Aufrechnung, endgültig ausscheidet (Aktiva). Bei Kapitalvermögen ist die Mitteilung an die Erbschaftssteuerstelle gem. § 33 ErbStG vorzulegen,

1.2) alle beim Erbfall vorhandenen Nachlaßverbindlichkeiten (Erblasser- und Erbfallschulden),

1.3) alle möglicherweise ergänzungspflichtigen Zuwendungen einschließlich gemischter Schenkungen, die der Erblasser innerhalb von 10 Jahren vor dessen Todestag getätigt hat (BGB § 2325), also insbesondere Schenkungen, auch gemischte Schenkungen bzw. durch vorwegegenommene Erbfolge erfolgte Zuwendungen, Erlaß von Forderungen (§ 397 BGB), Pflicht- und Anstandsschenkungen Lebensversicherungen und sonstige Verträge zugunsten Dritter, und zwar unter Benennung des Zuwendungsvollzuges (Eigentumsübergang). Diese Angaben sind unabhängig von einer Frist zu erteilen, wenn der Erblasser sich Nutzungsrechte wie einen Nießbrauch oder ein Wohnungsrecht vorbehalten hat, den Gegenstand tatsächlich (weiter) genutzt hat, Widerrufs- oder Rückübertragungsrechte vereinbart hat oder diese Zuwendung einschließlich unbenannten Zuwendungen seinem seinerzeitigen Ehegatten gewährt hat und die Ehe zur Zeit des Erbfalls nicht schon mehr als 10 Jahre beendet war. Ebenfalls sind unabhängig von einer Frist sämtliche gem. BGB §§ 2050 ff ausgleichspflichtigen Zuwendungen anzugeben, Ausstattungen, Zuschüsse zur Verwendung als Einkünfte und zur Ausbildung und Zuwendungen mit der Bestimmung der Anordnung der Ausgleichung auf den Erbteil mitzuteilen.

1.4) alle Veräußerungen und deren Vertragsbedingungen, wenn Umstände die Annahme nahelegen, es könne sich zumindest teilweise um eine Schenkung handeln, – die Person des Zuwendungsempfängers und das der Verfügung zugrundeliegende Rechtsverhältnis (Valutaverhältnis), – sämtliche vom Erblasser geschlossenen Eheverträge – sämtliche Kontoverträge des Erblassers, sowie etwaige Berechtigungen des Ehepartners an Einzelkonten des Erblassers,

1.5) alle möglicherweise ausgleichungspflichtigen Zuwendungen, die der Erblasser zu Lebzeiten an Abkömmlinge getätigt hat,

1.6) alle möglicherweise ausgleichungspflichtigen Leistungen, die der Erblasser zu Lebzeiten von Abkömmlinge erhalten hat,

1.7) ob der Erblasser zur Zeit seines Todes verheiratet war und wenn ja, den Güterstand, in dem der Erblasser verheiratet war,

1.8) mitzuteilen ist, ob und ggf. wem der Erblasser Vollmacht erteilt hat, über sein Vermögen, insbesondere über seine Bankkonten, zu verfügen und ob in diesem Zusammenhang Forderungen des Nachlasses gegen Bevollmächtigte bestehen,

und bei dessen Erstellung die Klägerin anwesend ist, wobei sie sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen kann.

2) Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Das vollständige Urteil:

Da es sich um ein Versäumnisurteil handelt, entspricht der Tenor den Urteilsgründen

(Pflichtteil Auskunft § 33 ErbStG)