Pflichtteil berechnen Haus – Wie werden Immobilien beim Pflichtteil wertmäßig berücksichtigt?

Kanzlei Balg und Willerscheid – Köln | Rechtsanwälte und Fachanwalt für Erbrecht

Um Pflichtteilsansprüche wirksam geltend machen zu können, muss der Pflichtteilsberechtigte in der Lage sein, die Zusammensetzung des Nachlasses und den Wert des Nachlasses realistisch zu beurteilen. Um dies zu gewährleisten, sind die Erben verpflichtet, dem Pflichtteilsberechtigten Auskunft über die Zusammensetzung des Nachlasses und den Wert der zum Nachlass gehörenden Vermögenswerte zu erteilen.
Gehört zum Nachlass eine Immobilie, so stellt sich die Frage, wie der Wert dieser Immobilie im Rahmen der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen zu ermitteln ist.

Der Wertermittlungsanspruch des Pflichtteilsberechtigten

Auch hinsichtlich einer solchen Nachlassimmobilie hat der Pflichtteilsberechtigte gegenüber den Erben einen Anspruch darauf, dass der Wert seitens der Erben ermittelt wird. Wird dieser Wertermittlungsanspruch den Erben gegenüber geltend gemacht, müssen die Erben ein Sachverständigengutachten in Auftrag geben, um den Wert zum Stichtag (Todestag des Erblassers) zu ermitteln. Aus dem Sachverständigengutachten muss der gemeine Wert der Immobilie zum Stichtag, d. h. der Verkehrswert hervorgehen.
Der aus dem Sachverständigengutachten hervorgehende Verkehrswert ist der weiteren Berechnung der Pflichtteilsansprüche zu Grunde zu legen.

Der tatsächliche Verkaufspreis geht dem gutachtlich festgestellten Wert vor

Allerdings muss folgende Besonderheit beachtet werden. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes geht davon aus, dass der Verkaufserlös, der für eine Immobilie am Immobilienmarkt erzielt werden kann, dem tatsächlichen Verkehrswert der Immobilie entspricht.
Die Wertfeststellungen in Sachverständigengutachten weichen hinsichtlich des tatsächlichen Verkehrswertes einer Immobilie im Regelfall in Höhe von ca. 10-15 % ab. Der Bundesgerichtshof hat daher entschieden, dass der tatsächlich auf dem Immobilienmarkt erzielte Verkaufspreis für eine Immobilie der Berechnung der Pflichtteilsansprüche zu Grunde zu legen ist, wenn die Immobilie zeitnah zum Todesfall veräußert wird. Unter zeitnah versteht der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang einen Zeitraum von maximal 5 Jahren vor bzw. nach dem Erbfall.
Kommt es daher zum zeitnahen Verkauf der Nachlassimmobilie, so ist der Berechnung der Pflichtteilsansprüche nicht der Betrag zugrunde zu legen, der aus dem Sachverständigengutachten hervorgeht, sondern die Summe, die beim Verkauf der Immobilie vereinnahmt werden konnte.