Pflichtteil Höhe – Wie hoch ist der Pflichtteilsanspruch?

Kanzlei Balg und Willerscheid – Köln | Rechtsanwälte und Fachanwalt für Erbrecht

Die Frage, wie hoch der Pflichtteilsanspruch ausfällt, lässt sich allgemein wie folgt beantworten:

Der Pflichtteilsanspruch entspricht der Höhe nach immer der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Aus der Formulierung ergibt sich zweierlei. Pflichtteilsansprüche stehen grundsätzlich nur Personen zu, die dem Kreis der gesetzlichen Erben zuzurechnen sind. Dabei ist aber nicht jeder gesetzliche Erbe auch pflichtteilsberechtigt. Der Kreis der pflichtteilsberechtigten Erben beschränkt sich vielmehr auf die Abkömmlinge des Erblassers, auf dessen Ehepartner und auf die Eltern des Erblassers.
Zum Zweiten kann aus der Formulierung abgeleitet werden, dass es sich um einen Zahlungsanspruch handelt. Der Pflichtteilsberechtigte erhält also gegenüber den Erben einen Anspruch darauf, dass ihm in Höhe der Hälfte des Wertes seines gesetzlichen Erbteils ein Ausgleich gezahlt wird. An der eigentlichen Erbschaft hat der Pflichtteilsberechtigte somit keinen Anteil. Er wird folglich auch nicht Mitglied der Erbengemeinschaft, die bei mehreren Erben nach dem Tod des Erblassers entstehen kann.
Um die Höhe des Pflichtteils bestimmen zu können, muss im 1. Schritt ermittelt werden, wie hoch der gesetzliche Erbanteil des Betroffenen ist. Der gesetzliche Erbanteil ist immer davon abhängig, wie viele Personen im konkreten Erbfall Erben des Erblassers nach Maßgabe der gesetzlichen Erbfolge werden. An dieser Stelle können nicht alle möglichen Kombinationen von Ehepartnern, Kindern und/oder Eltern dargestellt werden.
Der Regelerbfall stellt sich aber wie folgt dar:
Der Erblasser hinterlässt einen Ehepartner und mehrere Abkömmlinge. Wurde die Ehe im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft geführt, wird der Ehepartner insgesamt zu 50 % Erbe des Erblassers. Hinterlässt der Erblasser neben dem Ehepartner zwei Abkömmlinge, so werden die Abkömmlinge zu je 25 % Erbe des Erblassers.
Wurde einer der Abkömmlinge vom Erblasser enterbt, so ergibt sich der Pflichtteilsanspruch dieses Abkömmlings der Höhe nach aus der Hälfte seines gesetzlichen Erbteils, d. h. er beläuft sich auf 12,5 % des Wertes des Nachlasses. Wurden beide Abkömmlinge enterbt, um den Ehepartner zum Alleinerben machen zu können, steht dieser Anspruch jedem der beiden Kinder gegenüber dem Erben zu.
Hinterließ der Erblasser 4 Kinder, so steht jedem dieser Kinder ein gesetzliche Erbteil von 12,5 % zu. Aus dieser Quote ergibt sich ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 6,25 % des Wertes des Nachlasses. Dieser scheint auf den ersten Blick wenig. Im Bezug auf Immobilienbesitz kann dieser Wertanteil aber in Euro erheblich sein.
Kurz: Die Höhe des Pflichtteils beträgt immer die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Wie hoch der gesetzliche Erbteil ist, ist wiederum davon abhängig, wie viele Personen nach Maßgabe der gesetzlichen Erbfolge Erben werden. Die gesetzliche Erbquote muss daher in jedem konkreten Erbfall individuell ermittelt werden.
Die konkrete Höhe des Anspruchs auf Zahlung zum Ausgleich des Pflichtteilsanspruches ist im Weiteren abhängig vom Wert des Nachlasses. Es liegt auf der Hand, dass ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 12,5 % des Nachlasswertes in absoluten Zahlen anders ausfällt, wenn der Nachlass insgesamt 100.000 € wert ist als wenn sich der Nachlasswert auf 2 Million € beläuft.
Damit der Pflichtteilsberechtigte den konkreten Zahlsanspruch, der sich aus seinen Pflichtteilsanspruch ableitet, ermitteln kann, steht dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber den Erben ein Anspruch auf Auskunft über die Zusammensetzung und Werthaltigkeit des Nachlasses zu.

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