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Beschluss des OLG München vom 31.10.2014
Aktenzeichen: 34 Wx 293/14
Kurze Zusammenfassung der Entscheidung:
Der Erblasser errichtete kurz vor seinem Tod ein notarielles Testament. Der Notar hatte den Eindruck, dass der Erblasser in seiner Testierfähigkeit nicht eingeschränkt war. 14 Tage vor Errichtung des notariellen Testamentes beauftragte der Erblasser ein ärztliches Fachgutachten, aus dem sich ebenfalls die Testierfähigkeit des Erblassers ergab.
Der Erblasser war aufgrund eines Schlaganfalls gelähmt. Nach Errichtung des notariellen Testamentes musste die gesetzliche Betreuung des Erblassers angeordnet werden. Etwa fünf Monate nach dem Tod des Erblassers wurde ein weiteres fachärztliches Gutachten in Auftrag gegeben, um die Testierfähigkeit des Erblassers feststellen zu lassen. Dieses zweite Gutachten kam nicht zweifelsfrei zu dem Ergebnis, dass der Erblasser in seiner Testierfähigkeit bei Errichtung des notariellen Testamentes eingeschränkt war.
Dem Grundbuchamt wurde nach dem Tod des Erblassers das Eröffnungsprotokoll und das notarielle Testament des Erblassers vorgelegt. Angesichts der Tatsache, dass das nach dem Tod des Erblassers erstellte Gutachten dessen Testierfähigkeit nicht zweifelsfrei feststellte, verlangte das Grundbuchamt die Vorlage eines Erbscheins. Gegen diese Anordnung des Grundbuchamtes wandten sich die Erben. Das OLG München gab den Erben recht und wies das Grundbuchamt an, auf der Grundlage des Eröffnungsprotokolls und des notariellen Testamentes die notwendigen Eintragungen im Grundbuch zu Gunsten der Erben zu veranlassen.
Das OLG München kommt zu dem Ergebnis, dass bloße Zweifel an der Testierfähigkeit eines Erblassers nicht ausreichen, um dessen Testierfähigkeit infrage zu stellen. Da das zweite fachärztliche Gutachten nicht zweifelsfrei die Testierunfähigkeit des Erblassers feststellte, war dieses Gutachten nicht geeignet, die Testierfähigkeit des Erblassers infrage zu stellen. Insbesondere, da die Aussage des Notars und das vor dem Tod des Erblassers in Auftrag gegebene Gutachten die Testierfähigkeit des Erblassers eindeutig bekunden.
(Testierfähigkeit Zweifel Testierunfähigkeit)
Tenor:
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Augsburg – Grundbuchamt – vom 17. Juni 2014 aufgehoben.
Entscheidungsgründe:
I. In mehreren Grundbüchern ist der am 12.7.2013 verstorbene xxx als Eigentümer von Grundbesitz eingetragen. Im notariellen Testament des Erblassers vom 30.3.2009 ist festgestellt, dass xxx nach seinen Angaben aufgrund von Schlaganfällen gelähmt sei und seinen Namen nicht schreiben könne. Insoweit wurde ein Schreibzeuge, der beim Verlesen und bei Genehmigung der Niederschrift anwesend war, zugezogen. Weiter ist vermerkt, Herr xxx sei nach der aus der Verhandlung gewonnenen Überzeugung des Notars voll geschäfts- und testierfähig. Ein auf Ersuchen der Betreuerin erstelltes 13-seitiges Attest des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E. (“Gutachten“) vom 16.3.2009, das sich auf der Kenntnisnahme von Vorgutachten im Betreuungsverfahren, auf fremdanamnestische Angaben der Betreuerin und Lebensgefährtin, sowie auf eine persönliche Untersuchung des Probanden am 20.2.2009 stützt, kommt zu dem Ergebnis, dass die Frage nach der Testierfähigkeit in der Gesamtwertung zu bejahen sei.
In dem notariellen Testament vom 30.3.2009 wird die Beteiligte zu 1, die damalige Betreuerin und spätere Ehefrau des Testators, zur Alleinerbin eingesetzt mit der Auflage, eine selbständige oder unselbständige Stiftung zu errichten, deren Zweck die Förderung der Kinder- und Jugendhilfe sein solle. Nach Eröffnung der Verfügung von Todes wegen hat die Beteiligte am 4.5.2014 um Berichtigung der einschlägigen (fünf) Grundbücher nachgesucht. Das Grundbuchamt erließ zunächst am 14.5.2014 Zwischenverfügung zur Vorlage eines Erbennachweises und zur Überprüfung der bezeichneten Grundbuchblätter. Nach Beiziehung der beim selben Amtsgericht geführten Nachlass- und Betreuungsakten hat das Grundbuchamt mit weiterer Zwischenverfügung vom 17.6.2014 den fehlenden Nachweis der Erbfolge beanstandet und fristsetzend aufgegeben, einen Erbschein vorzulegen. Das fachärztliche Gutachten vom 16.3.2009 belege nicht automatisch auch eine Geschäfts- und Testierfähigkeit am 30.3.2009. Zudem habe der Verstorbene vom 27.8.2007 bis 11.10.2010 unter Betreuung gestanden. Nach einem im dortigen Verfahren erholten Gutachten zur Wirksamkeit einer ebenfalls am 30.3.2009 errichteten Vorsorgevollmacht sei eine uneingeschränkte Geschäftsfähigkeit aus medizinischer Sicht nicht gegeben.
Gegen die Zwischenverfügung wendet sich die Beteiligte mit ihrem Rechtsmittel vom 2.7.2014. Sie hält Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers für nicht berechtigt. Diese sei vielmehr durch das Gutachten vom 16.3.2009 ausreichend nachgewiesen. Zudem sei im Zusammenhang mit der Aufhebung der Betreuung die Geschäftsfähigkeit partiell bejaht worden und die Gutachterin hierbei wohl von der Testierfähigkeit des Erblassers ausgegangen.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen. Zum Erbfolgenachweis seien weitere Ermittlungen (wie Anhörung des Notars sowie weiterer Kontaktpersonen) notwendig, die das Grundbuchamt nicht anstellen dürfe. Der Inhalt der mehreren Gutachten weise nicht zweifelsfrei darauf hin, dass der Erblasser seinerzeit tatsächlich testierfähig gewesen sei.
II. Die Beschwerde gegen die nach § 18 Abs. 1 GBO ergangene Zwischenverfügung erweist sich als zulässig (§ 71 Abs. 1, § 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG; Demharter GBO 29. Aufl. § 71 Rn. 1) und im Ergebnis auch als begründet. Das Grundbuchamt kann den Nachweis zur Erbfolge nicht durch einen Erbschein (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GBO) verlangen. Das vorgelegte notarielle Testament (§ 2232 BGB) in Verbindung mit der Niederschrift über dessen Eröffnung (§ 348 FamFG) erbringt im gegebenen Fall nämlich bereits den Unrichtigkeitsnachweis (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 GBO), weil ernsthafte Zweifel bezüglich des von der Beteiligten behaupteten Erbrechts nicht bestehen (vgl. Schaub in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 35 Rn. 127). Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass das Nachlassgericht im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens durch Beweiserhebungen die Frage der Testierfähigkeit zweifelsfrei klären könnte.
1. Das Grundbuchamt hat zunächst die Formgültigkeit der öffentlichen Urkunde zu prüfen (Schaub in Bauer/von Oefele § 35 Rn. 141 mit 112). Diese bemisst sich nach dem Beurkundungsgesetz (siehe §§ 8 ff.). Namentlich ist die zwingende Beurkundungsvorschrift des § 25 BeurkG (Beteiligung von Schreibunfähigen) eingehalten, indem ein unbeteiligter Zeuge (§ 26 BeurkG) zum Verlesen und Genehmigen zugezogen war und dieser die Urkunde unterschrieben hat, ferner auch die Ordnungsvorschrift des § 28 BeurkG (MüKo/Hagena BGB 6. Aufl. § 28 BeurkG Rn. 24) über die Feststellung der erforderlichen Geschäftsfähigkeit. Insoweit bringt auch das Grundbuchamt keine Bedenken vor.
2. Liegt neben der Eröffnungsniederschrift eine Verfügung von Todes wegen in formgültiger öffentlicher Urkunde vor, reicht dies grundsätzlich für den Nachweis der Erbfolge aus (Demharter § 35 Rn. 31; Böhringer ZEV 2001, 387). Es steht auch bei schwieriger Rechtslage nicht im Belieben des Grundbuchamts, anstelle der öffentlichen Urkunde einen Erbschein zu verlangen (Böhringer a. a. O.). Keinen ausreichenden Grund bildet die generelle Gefahr, dass letztwillige Verfügungen, etwa wegen Testierunfähigkeit (vgl. § 2229 Abs. 4 BGB), nichtig sein können (vgl. OLG München JFG 22, 184/187). Auch reichen bloße Behauptungen, der Erblasser sei testierunfähig gewesen, dazu nicht aus (Meikel/Roth GBO 10. Aufl. § 35 Rn. Rn. 127; Hügel/Wilsch GBO 2. Aufl. § 35 Rn. 115). Betreuung als solche berührt die Testierfähigkeit nicht; auch für den Betreuten besteht die Vermutung der Testierfähigkeit (BayObLG NJW-RR 2005, 1025; OLG München – 31. Zivilsenat – NJW-RR 2008, 164). Es bedarf “wirklicher“ (OLG Hamm OLGZ 1969, 301), d. h. begründeter bzw. konkreter Zweifel (Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 788), etwa gestützt auf fachärztliche Gutachten oder Urteile (Hügel/Wilsch a. a. O.), die das Verlangen, einen Erbschein vorzulegen, rechtfertigen können. Einem herabgesetzten Maßstab, wonach nur dann ein Erbschein verlangt werden kann, wenn beim Grundbuchamt ein erstinstanzliches Urteil aktenkundig ist, das die Nichtigkeit des öffentlichen Testaments festgestellt hat (OLG Celle NJW 1961, 562; KEHE/Herrmann GBO 6. Aufl. § 35 Rn. 72), ist hingegen im Interesse der Verlässlichkeit durchgeführter Berichtigungen nicht zu folgen.
3. Nach diesen Grundsätzen ergibt sich für den Senat, der als neue Tatsacheninstanz (vgl. § 74 GBO) an die Stelle des Grundbuchamts tritt, folgendes Bild:
a) Nach dem aufgenommenen Vermerk (vgl. § 28 BeurkG) stand die uneingeschränkte Geschäfts- und Testierfähigkeit des Erblassers für den beurkundenden Notar außer Zweifel. Dies ist zwar nicht ausschlaggebend (BayObLG Rpfleger 1992, 152) und für das Grundbuchamt nicht bindend (BayObLGZ 1989, 111/113). Eine indizielle Wirkung ist der Feststellung jedoch nicht abzusprechen.
b) Zur Beurkundung lag das psychiatrische Gutachten des Facharztes Dr. xxx vom 16.3.2009 vor. Dieses bejaht entsprechend der Beauftragung gerade die Testierfähigkeit. Das Gutachten schließt ein ausgeprägtes dementielles Syndrom aus, bestätigt hingegen infolge einer durch Operationskomplikationen ausgelösten Hirnschädigung ein ausgeprägtes organisches Psychosyndrom, wobei die psychopathologischen Defizite allerdings rückläufig seien. Trotz der feststellbaren kognitiven Defizite habe der Proband eine Vorstellung vom Umfang des zu vererbenden Vermögens und sei in der Lage, ein Urteil über die Tragweite seiner Anordnung zu bilden.
Das Gutachten selbst wurde zwei Wochen vor dem Beurkundungstermin schriftlich erstellt, die persönliche Untersuchung hatte bereits am 20.2.2009 stattgefunden.
c) Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Testamentserrichtung ebenfalls am 30.3.2009 wurde auch eine Vorsorgevollmacht und vorsorgliche Betreuungsverfügung errichtet. Nach dem vom Betreuungsgericht zur Geschäftsfähigkeit in Auftrag gegebenen psychiatrischen (Zusatz-)Gutachten des Facharztes Dr. xxx am 27.5.2009 sind die Auswirkungen aller psychopathologischen Symptome derart schwerwiegend, dass eine uneingeschränkte Geschäftsfähigkeit aus medizinischer Sicht nicht bejaht wird. Nach Einholung des empfohlenen neuropsychologischen Zusatzgutachtens – Befunderhebung am 9.7.2009 – kommt der Sachverständige Dr. xx nach ambulanter Untersuchung am 21.8.2009 im abschließenden Gutachten vom 9.9.2009 auch in Auseinandersetzung mit dem Gutachten des Facharztes Dr. xxx vom 16.3.2009 zu folgendem zusammenfassenden Schluss:
In Anbetracht der Ergebnisse aus der Zusatzbegutachtung, weiterhin nachgewiesenen Affektstörungen, Dauer- und Aufmerksamkeitsstörungen, leichter Ablenkbarkeit, noch weiterhin vorhandener Suggestibilität könne eine Geschäftsfähigkeit für Geschäfte und Vollmachten nicht positiv beurteilt werden. Die Geistestätigkeit des Probanden sei aufgrund Vorliegens mehrerer psychopathologischer Defizite pathologisch verändert. Herr xxx sei daher grundsätzlich nicht in der Lage, sich bei seinen Entscheidungen von normalen Erwägungen leiten zu lassen. Seine Urteilsfähigkeit sei erheblich eingeschränkt. Der biografisch gewachsene Fundus an Erfahrungen, Überzeugungen und persönlichen Wertvorstellungen sei krankheitsbedingt erheblich verformt. In der Gesamtschau seien die Auswirkungen aller psychopathologischen Symptome derart schwerwiegend, dass eine uneingeschränkte Geschäftsfähigkeit nicht gegeben sei. Der Betroffene sei im Regelfall nicht in der Lage, das Für und Wider abzuwägen. Allerdings sei nicht auszuschließen, dass sich die Kognition weiterhin bessere.
Auf der Grundlage dieses Gutachtens und nach persönlicher Anhörung des Betroffenen am 5.10.2009 sah sich das Betreuungsgericht gehalten, trotz der am 30.3.2009 errichteten Vorsorgevollmacht mit Beschluss vom 6.10.2009 die bestehende Betreuung zu verlängern.
d) Das vom Betreuungsgericht schließlich erholte nervenärztliche Gutachten der Fachärztin Dr. xxx vom 21.9.2010 befasst sich wiederum mit den medizinischen Voraussetzungen der Geschäftsfähigkeit zur Erteilung einer Vorsorgevollmacht und beruht auf einer persönlichen Untersuchung des Betroffenen am 19.8.2010. Die Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, es liege kein völliger Ausschluss der freien Willensbestimmung vor, jedoch bestehe eine erhebliche Störanfälligkeit, wobei gesundheitliche oder äußere, situative Faktoren gewissermaßen jederzeit dazu führen könnten, dass die Einsicht in die getätigten Rechtsgeschäfte und die soziale Verantwortungsfähigkeit verloren gingen, was sich im Einzelnen prospektiv nicht feststellen lasse und zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen würde. Unter bestimmten Voraussetzungen könne – auch um den Besonderheiten seiner Persönlichkeit Rechnung zu tragen – beim Probanden davon ausgegangen werden, dass er seinen Willen partiell frei bestimmen könne. Das habe etwa in der Vergangenheit für die Errichtung seines Testaments gegolten, weil dessen Inhalt – soweit der Gutachterin bekannt – eine „vorgeformte“ Entscheidung darstelle, nämlich den Grundsätzen einer dem Schicksal dankbaren, bescheiden gebliebenen, sozial denkenden Persönlichkeit entsprechend.
Auf der Grundlage dieses Gutachtens wurde am 6.10.2010 neuerlich eine notarielle Vorsorgevollmacht erstellt und daraufhin am 11.10.2010 die gerichtliche Betreuung aufgehoben.
e) Trotz dieser nicht in jeder Hinsicht völlig deckungsgleichen medizinischen Erkenntnisse unterschiedlicher sachverständiger Personen liegen keine zureichenden Gründe für ernsthafte Zweifel an der Erbenstellung der Beteiligten vor, um nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 GBO die Vorlage eines Erbscheins verlangen zu können. Ausschließlich mit der Testierfähigkeit befasst sich nur das Gutachten des Facharztes Dr. xxx. Es bejaht diese, ohne dass dem die jeweiligen Ergebnisse der weiteren im Betreuungsverfahren erstellten Gutachten widersprächen. Vielmehr bewertet gerade auch die Sachverständige Dr. xxx die Errichtung des Testaments mit der vom Probanden ihr gegenüber angesprochenen Stiftungsauflage für Not leidende Kinder als Ausdruck einer „vorgeformten“, d .h. lange geplanten und in seiner Persönlichkeit wurzelnden Entscheidung. Insoweit ist zu beachten, dass das Gesetz nicht mit jeder – auch schwerwiegenden – geistigen Erkrankung des Testierenden dessen Testierunfähigkeit verbindet. Notwendig ist vielmehr, dass die krankhafte Störung gerade die Erwägungen und Willensentschlüsse bei Errichtung der letztwilligen Verfügung derart beeinträchtigt, dass sie davon beherrscht werden (Palandt/Weidlich BGB 73. Aufl. § 2229 Rn. 8). Ist dies nicht der Fall, so sind auch die krankhaften Vorstellungen und Empfindungen für die Gültigkeit der letztwilligen Verfügung nicht erheblich (BayObLG FamRZ 2002, 1066/1067; 2006, 68/69; OLG Celle FGPrax 2006, 268; Palandt/Weidlich a. a. O.). Hiervon ausgehend steht auch das abschließende psychiatrische Gutachten des Sachverständigen Dr. xxx nicht entgegen. Dieser hatte vielmehr die im Verhältnis zur Testierfähigkeit umfassendere Frage nach der Geschäftsfähigkeit zu beurteilen (siehe MüKo/Hagena § 2229 Rn. 2). Wenn der Gutachter dabei zu dem Ergebnis gelangt, die uneingeschränkte Geschäftsfähigkeit sei aus medizinischer Sicht beim Probanden nicht gegeben, schließt dies nicht aus, dass Testierfähigkeit im Sinne von § 2229 Abs. 4 BGB vorgelegen haben könnte.
Die Testierfähigkeit des Erblassers mag zwar – weiterhin – zweifelhaft sein. Indessen haben aber sämtliche mit dem Erblasser in der maßgeblichen Lebensphase befasste Sachverständige die Geschäfts- und/oder Testierfähigkeit nicht positiv ausgeschlossen, ein speziell mit der Frage der Testierfähigkeit befasster Sachverständiger hat sie sogar ausdrücklich bejaht, eine weitere Sachverständige ist – retrospektiv – von deren Vorliegen ausgegangen. Dass eine zusätzliche Beweiserhebung in einem Erbscheinsverfahren (vgl. OLG Köln Rpfleger 2000, 157; Demharter § 35 Rn. 39 m. w. N.) die endgültige und sichere Erkenntnis brächte, der Erblasser sei entgegen den genannten Feststellungen doch testierunfähig gewesen, ist nach menschlichem Ermessen nicht zu erwarten. Auch die nachlassgerichtliche Befragung von Kontaktpersonen verspricht insoweit keine weiter gehenden Aufschlüsse, zumal die jeweiligen ärztlichen Begutachtungen gerade neben eigenen Erhebungen auch auf Fremdbefunden beruhen. Ist aber der positive Nachweis fehlender Testierfähigkeit nicht zu erbringen, hat es nach den Regeln der Feststellungslast beim Regelfall, nämlich ihrem Vorliegen, zu verbleiben (Palandt/Weidlich § 2229 Rn. 11; Palandt/Ellenberger § 104 Rn. 8; aus der Rechtspr. OLG Frankfurt NJW-RR 1996, 1159; OLG München – 3. Zivilsenat – FGPrax 2009, 221/223 für Vorsorgevollmacht).
4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
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